Die Amerikanisierungsfalle: "Es wird nicht lange diskutiert."

13.03.2008
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Ulrike Reisach analysiert in ihrem Buch "Die Amerikanisierungsfalle. Kulturkampf in deutschen Unternehmen", Econ Verlag, Berlin 2007, die Unterschiede zwischen beiden Arbeitswelten. Im Gespräch erläutert sie ihre wichtigsten Thesen.

CW: Wo weichen deutsche und amerikanische Arbeitsweise voneinander ab?

REISACH: Das amerikanische Management-Denken bezieht sich stark auf aktuelle Projekte und will schnelle Erfolge. In Deutschland geht man die Dinge ganzheitlicher an und verfolgt eine mittel- und langfristige Strategie.

CW: Welche Mentalitätsunterschiede gibt es?

REISACH: Improvisationstalent und Optimismus sind die großen Stärken des US-amerikanischen Management-Modells. Wo Deutsche Probleme sehen, entdecken Amerikaner Chancen; sie zweifeln nicht im Geringsten daran, diese erfolgreich zu nutzen. In den USA werden schneller Entscheidungen getroffen, es wird nicht so lange diskutiert und nach Kompromissen gesucht. Scheitert eine Idee, zählt es als Lernprozess.

CW: Wie lässt sich das Beste aus beiden Welten verbinden?

Ulrike Reisach: das amerikanische Management will schnelle Erfolge.
Ulrike Reisach: das amerikanische Management will schnelle Erfolge.

REISACH: Die Internationalisierung zwingt alle dazu, die eigenen Stärken zu kennen und zu nutzen. Firmen müssen sich überlegen, was sie für Kunden und Mitarbeiter unverwechselbar macht. Hierzulande ist nicht alles schlecht, noch ist alles Gold, was aus den USA kommt. Zu großer Enthusiasmus ist genauso fehl am Platz wie überzogene Skepsis.

CW: Was können wir lernen?

REISACH: Im amerikanischen Ausbildungsmodell sind Methodenkenntnisse wichtiger als Inhalte. Absolventen von Business Schools springen von Projekt zu Projekt, kennen aber oft nicht die Zusammenhänge. Wenn Manager nur an der eigenen Karriere basteln, übernehmen sie kaum Verantwortung für die ihnen anvertrauten Mitarbeiter. Rasch wechselnde Führungskräfte demotivieren Mitarbeiter, die ihr Wissen und ihre Erfahrung um der Sache willen einbringen. Umgekehrt sollten deutsche Forscher und Manager weniger perfektionistisch sein. Von den USA können wir Spontaneität sowie Augenmaß für das Machbare lernen.

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