Guter Chef, böser Chef

Warum sich Freundlichkeit auszahlt

08.11.2007
Von Anja Dilk und Heike Littger
Widerliche Chefs sollen keine Konjunktur mehr haben. Nettigkeit alleine reicht zwar nicht. Aber sie lohnt sich.

Klaus schlägt gerne um sich. Manchmal kaum sichtbar. Manchmal mit aller Macht. Seit der gewandte, selbstsichere Aufsteiger die Karriereleiter emporstürmt, haben die Mitarbeiter nicht mehr viel zu lachen. Barsch watscht er Kollegen ab, höhnisch macht er sich über Mitarbeiter lustig, klaut Ideen und buckelt heuchlerisch nach oben. Schon bald stöhnen die Mitarbeiter unter dem neuen Chef. Die Stimmung im Team sinkt, Missgunst und Unsicherheit kommen auf.

Böser Chef, netter Chef

Thilo ist ein freundlicher Mensch. Interessiert nimmt er sich Zeit für seine Mitarbeiter. Fragt nach Familie und Urlaub, erkundigt sich, wenn die Sorgenfalten eines Kollegen tiefer werden. Eine gute Stimmung in der Abteilung ist ihm wichtig. Fairness und Respekt haben in seinem Joballtag einen hohen Stellenwert. Die Mitarbeiter fühlen sich anerkannt, sind motiviert, ziehen an einem Strang. Das zahlt sich aus, auch für ihn. Manchen Fehler sieht man ihm nach, weil er einfach nett zu Kunden und Mitarbeitern ist.

Stefan Einhorn: Die Kunst ein freundlicher Mensch zu sein, Verlag Hoffmann und Campe, 237 Seiten, 14,95 Euro.
Stefan Einhorn: Die Kunst ein freundlicher Mensch zu sein, Verlag Hoffmann und Campe, 237 Seiten, 14,95 Euro.

Es ist bezeichnend, wenn nach Jahren der Diskussion über das raue Klima in der Wirtschaftswelt und wortgewaltigen Publikationen über "Arschlöcher" (Stanford-Professor Robert I. Sutton) und "Menschenschinder" (Paul Babiak, Robert D. Hare) in den Chefetagen nun die Stimmung kippt. Es muss doch auch anders gehen. Freundlicher, respektvoller. Auch und gerade in der Arbeitswelt. Auch und gerade in den Chefetagen. Der Schwede Stefan Einhorn ist fest davon überzeugt. Er glaubt: Den netten Chefs gehört die Zukunft, das Modell des miesen Karrieristen ist vom Aussterben bedroht. Jüngst hat der Medizinprofessor am Stockholmer Karolinska-Institut dazu ein Buch auf den Markt gebracht, ein flammendes Plädoyer für eine Rückbesinnung auf mehr Freundlichkeit. Ein Plädoyer gegen die Klaus‚ und für die Thilos dieser Welt. In Schweden wurde "Die Kunst, ein freundlicher Mensch zu sein" zum Bestseller.

Freundlich. Lieb. Nett. Irgendwie klingt das immer noch unpassend in einer Diskussion über Führungskompetenz und berufliche Erfolgsfaktoren. Es klingt nach einfältigem Trottel oder dem naiven Mädchen von nebenan. Doch Stefan Einhorn will einen "Paradigmenwechsel in der Bewertung des freundlichen Menschen". Er versteht unter Freundlichkeit weit mehr als höfliches Geplänkel. Für ihn ist ein freundlicher Mensch jemand, "der ethisches Handeln verinnerlicht hat". Seine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitmenschen. Das ist nicht banal, sondern klug: "Was wir für andere tun, tun wir auch für uns selbst." Mit Kollegen, die aufmerksam und großzügig sind, arbeitet man gerne zusammen.