Mitunternehmer mit sicherem Gehalt

13.02.2007
Von Barbara Schieche
Das Münchner IT-Beratungs- und Softwarehaus Consol zahlt branchenübliche Gehälter plus Beteiligung an 50 Prozent des Unternehmensgewinns. Doch Geld allein ist es nicht, was die Mitarbeiter motiviert und langfristig an das Unternehmen bindet.

Consol-Mitarbeiter Marcel May darf sich freuen. Der Softwareentwickler hat im vergangenen Jahr zusätzlich zu seinem normalen Gehalt einen Bonus von 4200 Euro erhalten - so wie alle seine rund 150 Kollegen. Dazu gab es dann noch ein nettes Sümmchen oben drauf. Schließlich ist May seit fast sechs Jahren mit dabei. Zudem hat er nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass sein Kunde einen Folgeauftrag an Consol vergeben hat. Auch ein solcher Erfolg wird beim Münchner Mittelständler honoriert.

Hier lesen Sie ...

  • warum Consol seine Mitarbeiter am Gewinn beteiligt;

  • wie der Münchner Mittelständler seine Weiterbildung organisiert;

  • wieso die Sitzungen bei Consol nicht lange dauern.

Ulrich Schwanengel, Consol: „Mitbestimmung bedeutet auch mehr Kooperationsbereitschat und kostet Zeit.“
Ulrich Schwanengel, Consol: „Mitbestimmung bedeutet auch mehr Kooperationsbereitschat und kostet Zeit.“
Foto: Ulrich Schwanengel

Seit 1995 verteilt Firmengründer Ulrich Schwanengel rund die Hälfte seines Gewinns an seine Angestellten. Denn er weiß: "Damit bekomme ich mehr als das Doppelte an Leistung zurück." Das komplizierte Bonussystem hat der Mathematiker Schwanengel selbst ausgetüftelt: "Mein Ziel war es, ein Verteilungsmodell zu entwerfen, das gerecht ist. Denn nicht alle Mitarbeiter können etwas zur Akquise oder Kundenpflege beitragen. Deshalb habe ich vielfältige Kriterien eingeführt. Somit hat der Softwareentwickler die gleichen Chancen auf Pluspunkte wie der Vertriebler oder die Marketing-Frau."

Mitarbeiter bestimmen mit

Mitunternehmerschaft heißt bei Consol jedoch nicht nur Beteiligung am Unternehmensgewinn, sondern auch echte Mitbestimmung. Davor schrecken die meisten Arbeitgeber zurück. Denn wie soll das gehen, wenn einem die Mitarbeiter "reinreden"? Der Consol-Chef hat beste Erfahrungen damit gemacht, seine Mitarbeiter in strategische Entscheidungen zu involvieren. Diese werden bei Consol bei Bedarf in verschiedenen Gremien vorbereitet und dann in das rund 15-köpfige "Direktorium" eingebracht. Die Mitglieder dieses "Senats" sind aktiv an der Diskussion und dem Treffen von wichtigen Entscheidungen beteiligt. Mit anderen Worten: Jeder Mitarbeiter weiß, dass er sich mit seinem Anliegen an die Mitglieder des Direktoriums wenden kann und gehört wird. Freilich erfordert dieser Mitbestimmungsprozess von allen Beteiligten nicht nur eine hohe Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft, sondern kostet auch mehr Zeit, als wenn Entscheidungen einfach "ex cathedra" gefällt würden.

Der Aufwand lohnt sich. Denn die Entscheidungen nach einer solchen sind für die Mitarbeiter nachvollziehbar und glaubwürdig. Das schafft Vertrauen, und dies wiederum ist die Basis für überdurchschnittliche Leistungen, wie Schwanengel erläutert: "Nur wenn die Beschäftigten sich darauf verlassen können, dass das Unternehmen gut und richtig geführt wird, können sie sich voll und ganz auf ihre Aufgaben und ihre Kunden konzentrieren. Offenbar ist den meisten Chefs gar nicht bewusst, wie kräfte- und zeitraubend ein ständiges Spekulieren der Angestellten über die Entscheidungen des Managements ist."

„Viel Leistung = viel Geld = glückliche Mitarbeiter“ – in der Praxis stimmt diese Gleichung nicht.
„Viel Leistung = viel Geld = glückliche Mitarbeiter“ – in der Praxis stimmt diese Gleichung nicht.
Foto:

Dass Schwanengel seine Mitarbeiter hinter sich hat, wird im Arbeitsalltag deutlich: Die Beschäftigten zeigen hohes persönliches Engagement für "ihr" Unternehmen - sie machen sich Gedanken über Verbesserungen im Arbeitsprozess, ersinnen Modelle für mehr Kundenorientierung und entwickeln nicht zuletzt ein geschärftes Kostenbewusstsein. Schließlich wissen sie: Floriert das Untenehmen, klingelt auch bei ihnen die Kasse.

Geld allein ist es nicht

Fragt man einzelne Mitarbeiter, warum sie gerne bei Consol arbeiten, dann zeigt sich schnell, dass es nicht an erster Stelle das Geld ist, was die Angestellten an das Unternehmen bindet. Zum Beispiel erzählt Sven Scholz, der vor zwei Jahren zu Consol gewechselt ist, dass bei seinem früheren Arbeitgeber zwar das Geld gestimmt hat, er aber häufig Privattermine und Urlaube verschieben musste: "Irgendwann hat man überhaupt kein Privatleben mehr. Das kann man nicht jahrelang so machen." Und seine Kollegin Olga Mai, seit dreieinhalb Jahren als Controllerin bei Consol beschäftigt, weiß zu berichten: "Keine Frage, auch bei meinem früheren Arbeitgeber gab es gutes Geld für gute Leistung, ja die Geschäftsführung entfachte mit der Aussicht auf hohe Boni einen regelrechten Leistungswettbewerb. Wenn jedoch der Kollege so zum Konkurrenten wird, dann vergiftet das die Atmosphäre. Auf Dauer ist das nicht auszuhalten."

Andrea Stellwag, Consol: „Nichtwissen ist bei uns keine Schande. Man holt sich das nötige Wissen beim Kollegen.“
Andrea Stellwag, Consol: „Nichtwissen ist bei uns keine Schande. Man holt sich das nötige Wissen beim Kollegen.“
Foto: Andrea Stellwag

Die Geschäftsführerin für Personal und Finanzen Andrea Stellwag ist sich durchaus bewusst, dass nicht allein die Aussicht auf Gewinnbeteiligung die Mitarbeiter an das Unternehmen bindet: "Ein partnerschaftliches Miteinander wird bei uns großgeschrieben." Um ein enges Hand-in-Hand-Arbeiten der Kollegen zu befördern, wurde vor sechs Jahren die Consol-Akademie etabliert. Kollegen können über ein elektronisches Schwarzes Brett im Intranet eine interne Schulung zu einem Thema anbieten, in dem sie über Spezial-Know-how verfügen. Umgekehrt haben Mitarbeiter die Möglichkeit, die Kollegen um das Stopfen ihrer Wissenslücken zu bitten. Dazu wird zum Beispiel einfach die Frage "Kennt jemand ein Tool oder eine Möglichkeit, ein Schema Compare in Oracle zu machen?" an den internen Entwickler-Mail-Verteiler gesandt. "Nicht-Wissen ist bei uns keine Schande - im Gegenteil: Man nutzt den Informationsvorsprung der anderen, um sich selbst das notwendige Wissen komprimiert beim Kollegen zu holen", resümiert Stellwag.

Darüber hinaus gibt es noch andere Faktoren, die für eine ausgewogene Work-Life-Balance sorgen. Flexible Arbeitszeiten machen es beispielsweise möglich, dass Mütter wie Väter sich kurzfristig für ihre Kinder frei nehmen können. Oder die Kinder holen nach der Schule Papa oder Mama im Büro ab, was auch die fünf Unternehmens-Hunde freut. Und die Kleinsten nehmen auch schon einmal friedlich schlafend am Meeting teil. "Wenn dann meine fünf Monate alte Julia nach zwei Stunden zu schreien beginnt, dann dient das doch der Effizienz", schmunzelt Geschäftführerin Stellwag, "denn spätestens dann sollte man zum Punkt gekommen sein."

Das Consol-Modell

Consol zahlt branchenübliche Gehälter und schüttet darüber hinaus die Hälfte des jährlichen Firmengewinns an die Mitarbeiter aus. Der Gewinnanteil für die Mitarbeiter fließt in verschiedene Pools. Daraus werden die Anteile für die einzelnen Mitarbeiter geschöpft - gestaffelt nach Leistung, Qualifikation, Verantwortungsbereich und Dauer der Firmenzugehörigkeit. Mindestens gibt es jedoch für alle einen "Basisbetrag", der von der Wirtschaftslage des Unternehmens abhängt und lose an den Gesamtgewinn gekoppelt ist. 2005 erhielt somit jeder Angestellte mit mindestens einem Jahr Firmenzugehörigkeit 4000 Euro. 2006 lag der Basisbetrag bei 4200 Euro. Neue Mitarbeiter gehen auch nicht leer aus: Sie erhalten diese Leistung anteilig je nach den Monaten ihrer Firmenzugehörigkeit.