Der Bachelor: einst gewünscht, jetzt skeptisch beäugt

23.05.2006
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Endlich verlassen die Wunschkandidaten der Unternehmen die Hochschulen und starten ins Berufsleben: jung, gut ausgebildet und wissbegierig. Doch vielerorts empfangen IT-Firmen die Bachelor-Absolventen mit gewissen Vorbehalten.

Helmut Krcmar zählt zu den Pionieren des neuen universitären Ausbildungssystems. Als seine Kollegen an anderen Hochschulen noch Augen und Ohren vor der Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge verschlossen und eisern am Diplom festhielten, bot der Professor für Wirtschaftsinformatik an der Technischen Universität in München zum Wintersemester 2000/2001 einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftsinformatik an. Im vergangenen Wintersemester folgten die ersten 30 Master-Studenten. "Fast alle unsere Bachelor-Absolventen hatten von Anfang an vor, ihren Master ohne Unterbrechung anzuschließen", erklärt Krcmar. Diese Entscheidung wurde durch die schwierige Lage am IT-Arbeitsmarkt und die Unsicherheit rund um die Akzeptanz der Bachelor-Abschlüsse sicherlich beeinflusst, vermutet der Professor.

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  • wie IT-Unternehmen auf Bachelor-Absolventen reagieren;

  • warum viele Bachelor-Absolventen sich für ein Master-Studium entscheiden;

  • auf welche Einstiegsgehälter Bachelor-Absolventen hoffen können.

Skeptische IT-Firmen

Die neuen zweistufigen Studienabschlüsse sollen Absolventen und Unternehmen gleichermaßen Wettbewerbsvorteile bringen. Noch begegnen viele Firmen den jungen Akademikern mit Skepsis. Das Beratungsunternehmen Accenture befragte gemeinsam mit der Initiative D21 70 IT-Unternehmen in Deutschland nach ihren Erfahrungen mit den neuen Studienabschlüssen in den Fächern Informatik, Elektro- und Informationstechnik. Außerdem interessierte die Rechercheure, welche Qualifikationen die Arbeitgeber von den Hochschulabsolventen erwarten. 40 Prozent der befragten IT-Firmen setzen weiter auf das Diplom, für weitere 40 Prozent ist die Frage des Abschlusses irrelevant, nur elf Prozent achten auf den Bachelor- oder Master-Abschluss. Dies trifft vor allem für Firmen mit weniger als 200 Mitarbeitern zu.

Helmut Krcmar. TU München: "Jetzt entlassen wir Studenten früher und gut qualifiziert. Die Unternehmen müssen ihnen weniger zahlen. Das sind doch ideale Voraussetzungen."
Helmut Krcmar. TU München: "Jetzt entlassen wir Studenten früher und gut qualifiziert. Die Unternehmen müssen ihnen weniger zahlen. Das sind doch ideale Voraussetzungen."

Spätestens bis zum Jahr 2010 sollen alle Hochschulen in Deutschland und in anderen europäischen Ländern zum zweistufigen Bachelor-Master-Modell wechseln. Das erfolgreiche Diplomkonzept wird zum Auslaufmodell. Nach anfänglichem Zögern entschloss sich beispielsweise die TU München, zum Wintersemester 2005/06 das Diplom in Informatik abzuschaffen und durch neue Studiengänge zu ersetzen. "Der Bologna-Prozess ist nicht mehr umkehrbar", ist Krcmar überzeugt.