Notwendige Optimierungsmaßnahmen

Ohne Change-Management kein SCM-Erfolg

17.06.2007
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Um ihre Business-Ziele zu erreichen, hat die Achsenfertigung der MAN Nutzfahrzeuge ihre interne Lieferkette neu gestaltet.

Großes hat sich der Bereich Achsenfertigung der MAN Nutzfahrzeuge vorgenommen: Bis 2011 soll das Fertigungsvolumen um 50 Prozent steigen. Ein weiteres Ziel ist die Produktivitätssteigerung von sieben Prozent im Jahr. Zudem will das in München-Karlsfeld angesiedelte Kompetenzzentrum seine Fehlerquote pro Achse jedes Jahr um 20 Prozent senken. Last, but not least verfolgt es das Ziel einer "schlanken" Fabrik. Dazu gehören das "Pull"-Prinzip bei der Abarbeitung von Aufträgen sowie möglichst geringe Bestände und schnelle Durchläufe.

Weniger gebundenes Kapital

Kurze Durchlaufzeiten verringern die Bestände und damit das gebundene Kapital. Zudem machen sie Fehler im Produktionsprozess schneller sichtbar: "Bestände decken Fehler zu", konstatiert Robert Engelhorn, Spartenleiter der Achsenproduktion bei MAN Nutzfahrzeuge. Wer vor den Maschinen Vorräte anhäufe, sei nicht gezwungen, seinen Prozess zu verbessern.

Produktionschef Robert Engelhorn weiß um die Gefahren der Vorratshaltung: "Bestände decken Fehler zu."
Produktionschef Robert Engelhorn weiß um die Gefahren der Vorratshaltung: "Bestände decken Fehler zu."
Foto: Robert Engelhorn

Ohne eine moderne Fertigungssteuerung lassen sich derart sportliche Vorgaben nicht umsetzen. Bis 2005 verwaltete der MAN-Bereich seine Fertigungsaufträge mit einer selbst entwickelten IBM-Host-Software. Sie erzeugte die Aufträge, war aber nicht in der Lage, sie im Rahmen einer Arbeitsfolge terminlich einzusteuern. Ebenso fern lag ihr eine Kapazitätsbetrachtung der eingelasteten Aufträge.

Dieses Steuerungsvakuum räumte den Meistern die Möglichkeit ein, Aufträge zu "sammeln", anstatt sie zügig abzuarbeiten. An welchem Punkt der langen Prozessketten sich ein Auftrag aktuell befand und welche Maschinenkapazitäten gerade zur Verfügung standen, war nur mit hohem Aufwand zu ermitteln.

Die von den Achsenfertigern angestrebte rückstandsfreie Planung ließ sich auf diese Weise nicht bewerkstelligen. Die Folge waren niedrige Liefertreue, hohe Durchlaufzeiten und üppige Bestände.

Für das Erzeugen und Verwalten von Aufträgen sollte das alte System erhalten bleiben. Es bildet nach wie vor das Rückgrat der internen Lieferkette. Über dieses Gerüst sollte jedoch ein Frontend gelegt werden, das die Prozesstransparenz gewährleistete.

An dieses Softwarewerkzeug stellte MAN Nutzfahrzeuge eine Reihe konkreter Anforderungen:

  • Die Produktion hatte auf Tagesbasis rückstandsfrei planbar zu sein.

  • Meister und Mitarbeitern sollten vor Ort den jeweils aktuellen Status der Aufträge visualisieren können.

  • Notwendig war die Unterstützung sowohl für eine kurz- wie eine langfristige Kapazitätsplanung (mit Berücksichtigung von Arbeitszeitmodellen).

  • Neben der Push- musste auch eine Pull-Steuerung abbildbar sein – vor allem für "Starkläufer", also häufig benötigte Teile.

Zehn Jahre zuvor hatte MAN Nutzfahrzeuge schon einmal einen Vorstoß in dieser Richtung gewagt. Das damals aufgebaute Produktionssteuerungs-System krankte jedoch an "Übersteuerung". Es legte den Prozess zu stark fest und leistete damit dem berühmtberüchtigten "Domino"-Effekt Vorschub: Kleine Abweichungen vom Soll erzeugten automatisch eine Gegenreaktionen, die sich über den gesamten Prozess zu maßlosen Folgen aufschaukelten. Der Versuch musste folglich als Fehlschlag gewertet werden.

MAN TGM (könnte man beispielsweise zum Unternehmenskasten setzen)
MAN TGM (könnte man beispielsweise zum Unternehmenskasten setzen)
Foto: MAN

Diesmal sollte die Lösung den Meistern zwar eine gewisse Disziplin abverlangen, aber gleichzeitig mehr Entscheidungsfreiheit lassen. Aus Sicht von MAN Nutzfahrzeuge ließ sich diese Vorgabe am besten mit dem Tool "Way SCS" (Supply Chain Simulation) von Wassermann erfüllen. Ende 2004 fiel die Entscheidung, das Softwarewerkzeug einzuführen (siehe auch den Lösungsvergleich von Barc) .