Macht Outsourcing Itil überflüssig?

10.04.2008
Von Joachim Fremmer
Allein durch die Industrialisierung der IT gewinnt das Regelwerk bereits an Bedeutung.

Der Nachteil von Regeln und Standards ist zwangsläufig der, dass sie die Handlungsmöglichkeiten des Einzelnen beschränken. Allerdings ist es in der heutigen komplexen Welt kaum sinnvoll, für jeden Einzelfall zunächst eine gemeinsame Grundlage zu definieren. Hier dienen Standards dazu, einen verbindlichen Rahmen für alle Beteiligten zu schaffen, der eine schnelle Orientierung ermöglicht, etwaigen Missverständnissen beziehungsweise Aktionsrisiken entgegenwirkt und gleichzeitig klare Steuerungsmöglichkeiten schafft. Das gilt auch und besonders für das Regelwerk Itil (IT Infrastructure Library).

Für Anwenderunternehmen ist Itil weitgehend überflüssig geworden und nur noch für die IT-Provider von Bedeutung, so der Unternehmens- und IT-Berater Albert Karer in seinem Beitrag "Wohin steuert Itil?". Das Outsourcing habe die Unternehmen informationstechnisch recht blutarm gemacht, inzwischen würden sie IT-Services fast nur noch einkaufen, erläutert er. Zudem verberge sich hinter Itil ein vor allem durch die kommerziellen Interessen der IT-Anbieter getriebener Trend, der die Anwender zu völlig unnötigen Zertifizierungen treibe und in eine heillose Bürokratisierung des IT-Service münde. Das kann nicht unwidersprochen bleiben.

Die Itil- Kontroverse

Für die einen ist es die tollste Erfindung seit dem geschnittenen Brot, für die anderen der größte Schwindel seit Münchhausens Ritt auf der Kanonenkugel: An der IT Infrastructure Library (Itil) scheiden sich die Geister. Die Befürworter loben die Best-Practices-Sammlung als Mittel, um unternehmensübergreifende IT-Service-Management-Prozesse zu schaffen und die Kosten der Komplexität zu senken. Die Kritiker hingegen klagen über Bürokratisierungswut, Beraterprofit und Herstellerdominanz. Wie stehen Sie dazu? Diskutieren Sie mit unter www.computerwoche.de.

Nach wie vor ausgeprägte IT-Strukturen

Nehmen wir einmal an, IT-Services fänden tatsächlich nur noch auf dem Firmengelände von Dienstleistern statt. Das würde doch bedeuten, dass in den vergangenen Jahren Heerscharen von IT-Mitarbeitern von den Anwender- zu den Serviceunternehmen gewechselt wären. Dann hätte der Outsourcing- Markt nicht nur im hohen einstelligen Bereich, sondern um ein Mehrfaches dessen zulegen müssen. Die Vertriebler der Hardwarehersteller und Softwarehäuser bräuchten sich eigentlich nur noch um die Dienstleister zu kümmern, weil anderswo kein Geschäft mehr zu machen wäre.

Wie hoch ist aber beispielsweise die Quote der SAP-Anwender, die ihr ERP-System - mitsamt den verbundenen IT-Services - tatsächlich von einem Provider betreiben lassen? Nach eigener Beobachtung liegt sie unter 15 Prozent, und hinsichtlich anderer ERP-Hersteller sieht sie kaum anders aus.

Trotz teilweise gezielter Auslagerungen finden sich in den Anwenderunternehmen nach wie vor ausgeprägte IT-Strukturen - mit gestiegenen Anforderungen an das IT-Service-Management (ITSM). Hinzu kommt, dass die Anwender sich keineswegs ihrer ITSM-Aufgaben entledigen, wenn sie IT-Funktionen auslagern.