Doppelter Gewinn: Integration von CMMI und Itil

04.11.2007
Von Malte Foegen, Claudia Raak und Alfred Olbrich
Die Einbindung der IT Infrastructure Library (Itil) in das Capability Maturity Model Integration (CMMI) ermöglicht es, IT-Betrieb und IT-Entwicklung gemeinsam effektiver und effizienter zu gestalten.

Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die europäischen IT-Organisationen ihre Leistungsfähigkeit steigern. Hierfür haben sich in den vergangenen Jahren vor allem zwei Best-Practice-Modelle etabliert. Hinsichtlich der Verbesserung des IT-Betriebs ist die IT Infrastructure Library (Itil) des britischen Office of Government Commerce (OGC) mittlerweile State of the Art; für die Verbesserung der IT-Entwicklung gewinnt das vom Software Engineering Institute (SEI) der Carnegie Mellon University definierte Capability Maturity Model Integration (CMMI) ständig an Bedeutung. Beide Modelle sind eine systematische Aufbereitung bewährter Praktiken.

Das Wichtigste im Überblick

  • CMMI-Itil kombiniert bewährte Praktiken von Itil und CMMI. Es nutzt die Stärken beider Modelle für die Verbesserung von IT-Betriebsorganisationen.

  • Gemeinsam decken CMMI for Development (CMMI-Dev) und CMMI for IT Operations (CMMI-Itil) den gesamten Produktlebenszyklus ab.

  • Die Version 1.0 von CMMI-Itil integriert die Prozessgebiete der Itil-Bereiche Service Support und Service Delivery in die CMMI-Struktur und schafft so ein CMMI-Modell mit den bewährten Itil-Inhalten.

  • Die Architektur des CMMI-Frameworks ermöglicht es, CMMI um zusätzliche Anwendungsgebiete zu erweitern beziehungsweise andere Best-Practice-Modelle zu integrieren. Diese Eigenschaft wurde zur Integration von Itil in CMMI genutzt.

  • CMMI-Itil ermöglicht es, objektive Assessments nach dem bewährten "Scampi"-Verfahren vorzunehmen.

  • Zudem definiert CMMI-Itil Maturity- und Capability-Levels für die Itil-Prozessgebiete. So wird der Fortschritt in der Verbesserung messbar.

  • Entwickelt wurde CMMI-Itil mit der Autorisierung des Software Engineering Institute (SEI) und des Office of Government Commerce (OGC) durch die TechnischenUniversität (TU) Darmstadt und der Wibas IT Maturity Services GmbH.

  • Die aktuelle Version 1.0 ist bei beiden Institutionen verfügbar – zusammen mit Schulungen und Assessments.

Die beiden Modelle in aller Kürze

Gemeinsam decken CMMI for IT Operations (CMMI-Itil) und CMMI for Development (CMMI-Dev) den gesamten Produktlebenszyklus ab.
Gemeinsam decken CMMI for IT Operations (CMMI-Itil) und CMMI for Development (CMMI-Dev) den gesamten Produktlebenszyklus ab.
Foto: Wibas

Itil ist ein Referenzmodell, das die wichtigen Prozesse für das IT-Service-Management beschreibt. Das Modell umfasst eine Reihe von Büchern – genauer gesagt: fünf in der gerade veröffentlichten Version 3. Bewährt haben sich in den vergangenen Jahren vor allem die Bereiche Service Support und Service Delivery.

CMMI hat sich als De-facto-Standard für die Entwicklung von Systemen und Software durchgesetzt. Er besteht aus 22 Prozessgebieten, die alle wichtigen Elemente der Produktentwicklung widerspiegeln. Jedes von ihnen kann einen bestimmten Fähigkeitsgrad (Capability Level) erreichen. Die Entwicklungsorganisationen erlangen – darauf aufbauend – entsprechende Reifegrade (Maturity Levels). Daraus wird deutlich, wo Prozessverbesserungen am dringendsten notwendig sind. Damit ermöglichen die Maturity Levels eine Standortbestimmung. Nicht zuletzt sind sie auch eine anerkannte Auszeichnung in der Industrie. (Mehr zum Thema CMMI finden Sie auch unter: "Prozessgüte heißt Wettbewerbsvorteil".)

Kein neuer Standard

Obwohl viele Organisationen sowohl Itil als auch CMMI verwenden, gab es bislang keine Integration zwischen den beiden Modellen. Dabei müssen IT-Betrieb und IT-Entwicklung eigentlich Hand in Hand arbeiten. Deshalb war es folgerichtig, die benötigte Integration zu schaffen – in Gestalt von CMMI-Itil.

CMMI-Itil verbindet die beiden international anerkannten De-facto-Standards, indem es den Inhalt von Itil in die Struktur und Architektur von CMMI integriert. Das Besondere daran ist, dass die Itil-Inhalte unverändert übernommen wurden. Auf diese Weise musste kein neuer Standard geschaffen werden. Für den Anwender bedeutet das: Wenn er CMMI-Itil nutzt, dann nutzt er Itil.

Der Vorteil der Integration

Zudem werden die Stärken von CMMI in vollem Umfang für die Itil-Umsetzung nutzbar gemacht. Das heißt:

  • Ziele und Praktiken für die Itil-Prozessgebiete sind klar definiert.

  • Die Management-Aufgaben und Rahmenbedingungen für die Etablierung effektiver und effizienter Arbeitsabläufe werden adressiert.

  • Es existieren Praktiken zur kontinuierlichen Prozessverbesserung.

  • Darüber hinaus gibt es Praktiken zur Unterstützung der Arbeit (Messen und Analysieren, Qualitätssicherung etc.).

Die Kombination von Itil und CMMI ermöglicht es den IT-Betriebs- und -Entwicklungsorganisationen, sich gemeinsam zu verbessern – auf der Basis einer durchgängigen Sprache und mit einer einheitlichen Herangehensweise an die Prozessverbesserung. CMMI-Itil zeigt Schnittstellen zwischen IT-Betrieb und IT-Entwicklung auf und ermöglicht ein gegenseitiges Verständnis für die jeweiligen Tätigkeiten. Dadurch entsteht mehr Transparenz.

Last, but not least macht CMMI-Itil objektive Assessments nach dem bewährten und standardisierten "Scampi"-Verfahren möglich. So lassen sich Fortschritte in der Verbesserung aufzeigen und durch ein offizielles Assessment nach außen darstellen.

Der kombinierte Aufbau

Wie Itil und CMMI ist auch CMMI-Itil eine Zusammenstellung der bewährten Praktiken für einen effektiven und effizienten IT-Betrieb. Diese Praktiken sind in 26 Themen- oder Prozessgebiete zusammengefasst. Jedes Prozessgebiet definiert die Ziele, die mit der jeweiligen Arbeit (beispielsweise dem Incident-Management) erreichbar sind. Und zu jedem dieser Ziele werden für die Erfüllung hilfreiche Praktiken aufgeführt sowie durch die Itil-Texte erläutert.

Die Inhalte der beiden Itil-Bereiche Service Support und Service Delivery sind – zusammen mit den aus CMMI übernommenen Prozessgebieten – in vier Kategorien eingeteilt:

  • Projekt-Management,

  • Prozess-Management,

  • Service Support und

  • Service Delivery.

Die generischen Praktiken, die dazu dienen, die Arbeitsweisen nachhaltig zu etablieren und zu institutionalisieren, sind in CMMI-Itil ebenso dokumentiert wie die Praktiken, die die fachliche Arbeit beschreiben. Die generischen Praktiken stellen typischerweise Management-Aufgaben dar; sie gelten für alle Prozessgebiete. Diese Praktiken werden in sechs Stufen aufgeteilt. Sie heißen im Fachjargon "Capability Levels", auf deutsch: Fähigkeitsgrade. Mit ihrer Hilfe wird der Grad der Institutionalisierung und/oder Etablierung eines einzelnen Prozessgebiets beschrieben.

Die Capability Levels wurden aus CMMI unverändert in CMMI-Itil übernommen. Sie heißen:

  • 0. Incomplete,

  • 1. Performed,

  • 2. Managed,

  • 3. Defined,

  • 4. Quantitatively Managed und

  • 5. Optimizing.

Zur Verbesserung des IT-Betriebs definiert CMMI-Itil – ebenfalls analog zu CMMI – typische Entwicklungsstufen, die "Maturity Levels". Sie dienen dazu, die Prozessgebiete auf fünf Stufen zu sortieren, die jeweils für eines der typischen Entwicklungs-Plateaus in einer Organisation stehen:

  • 1. Initial,

  • 2. Managed,

  • 3. Defined,

  • 4. Quantitatively Managed und

  • 5. Optimizing.

Indem es die Prozessgebiete auf diese Weise einordnet, schlägt CMMI-Itil gleichzeitig eine Reihenfolge für die Verbesserung vor. Das erinnert nicht von ungefähr an CMMI für die IT-Entwicklung (CMMI-Dev). Allerdings gehören bei CMMI für den IT-Betrieb (CMMI-Itil) andere Prozessgebiete zu den jeweiligen Reifegraden.