IT-Abteilungen bremsen Unternehmenswachstum

25.09.2007
Einer Studie von A.T. Kearney zufolge klagen die europäischen Topmanager über mangelhafte Unterstützung der Unternehmensziele.

Sechs Prozent Umsatzwachstum pro Jahr gehen den Unternehmen verloren, weil ihre IT den Geschäftsanforderungen nicht im erforderlichen Maß entspricht. Allein in Deutschland ergibt sich daraus ein nicht erzielter Umsatz von 50 Milliarden Euro, so die Management-Beratung A.T. Kearney in einer aktuellen Studie.

A.T. Kearney befragte kürzlich 65 Topmanager aus den Bereichen Sales, Marketing und Unternehmensentwicklung. Was die Berater zu hören bekamen, dürfte bei vielen CIOs für rote Ohren sorgen. Die Führungsetagen beklagen sich in erster Linie über mangelnde Unterstützung der IT bei wachstumsrelevanten Unternehmensfunktionen wie Business Intelligence (BI) und Customer Relationship Management (CRM).

Schon im vergangenen Jahr hatte A.T. Kearney mit einer Studie zum Thema "Wachstumsblockaden in Unternehmen" belegt, dass viele Unternehmen ihre IT als Bremse für ihre Entwicklung empfinden. Mit der neuen Umfrage wollten die Berater ermitteln, wie die Topmanager den Wertbeitrag der IT für ihr Unternehmen einschätzen, welchen Einfluss die IT auf das Umsatzwachstum ausübt und wie Optimierungsansätze aussehen könnten, so Michael Römer, Principal bei A.T. Kearney und Leiter der Studie.

Inkonsistent, langsam, zu wenige transparent

Für jeden untersuchten Bereich gaben die Befragten auf einer Skala von eins bis zehn jeweils die Relevanz beziehungsweise die Auswirkungen der Unternehmens-IT an. Dabei stand die 1 für "geringe negative Auswirkungen", die 10 für "hohe negative Auswirkungen". Die Ergebnisse lesen sich folgendermaßen:

Vor allem im BI-Bereich werden Wachstumsinitiativen durch unzureichende IT-Unterstützung gehemmt (Durchschnittswert 5,6). Ähnliches gilt für Initiativen auf den Gebieten CRM (5,3), Pricing und Sales (4,4) sowie Product Lifecycle Management (4,1). Als die größten "Wachstumsblocker" erwiesen sich laut Römer inkonsistente Daten (7,2), zu lange Reaktionszeiten der IT (6,3) und fehlende Transparenz über den konkreten wirtschaftlichen Nutzen der IT (6,1).

Die IT-Abteilung trägt nicht allein die Schuld

"Die Gründe dafür liegen jedoch nicht allein in den IT-Abteilungen", räumt Marcus Eul, Partner bei A.T. Kearney und Experte für strategisches IT-Management, ein: "In den meisten Fällen sind die Anforderungen an die IT im Sinne der strategischen Unternehmensziele noch nicht ausreichend formuliert." Deshalb sei es auch nicht verwunderlich, dass 76 Prozent der befragten Unternehmen bei der Bewertung von IT-Projekten den Nutzen für das Unternehmen außer Acht lassen: "Am Ende eines IT-Projektes fragen sich die meisten zwar, ob das Projekt auch innerhalb des geplanten Zeit- und Budgetrahmens abgewickelt wurde, doch nur jedes vierte Unternehmen evaluiert den tatsächlichen Mehrwert seiner IT-Projekte." (Siehe auch: "IT sucht neue Rolle".)

Mehr als ein Drittel der Umfrageteilnehmer verwies darauf, dass die Unkenntnis des Mehrwerts aus einem IT-Projekt das Unternehmenswachstum behindere. "Nutzeneffekte können schon deswegen nicht identifiziert werden, weil sich die Parameter zur Messung des Projekterfolgs nicht am Umsatzwachstum orientieren", erläutert Eul. Darüber hinaus fehlten den Unternehmen die notwendigen Vergleichswerte, weil der Nutzenbeitrag der IT vor der Implementierung nicht gemessen werde.

Wachstumshebel? – Kostenfaktor!

Schuld am mangelnden Nutzenbeitrag der IT ist aus Sicht der A.T.-Kearney-Experten vor allem deren "klassische" Wahrnehmung als reiner Kostenfaktor (siehe auch: "Industrialisierung macht Komplexität beherrschbar"). Die IT sei vielfach noch weit davon entfernt, als ein Wachstumshebel angesehen zu werden, konstatieren die Berater. Nur 19 Prozent der befragten Unternehmen involvierten die IT bereits in die Strategiephase von Wachstumsprojekten. In den meisten Fällen (33 Prozent) würden die IT-Verantwortlichen erst dann hinzugezogen, wenn die Planungsphase bereits abgeschlossen sei, nicht selten (19 Prozent) sogar erst dann, wenn es "nur noch" um die Implementierung gehe.

Dazu Holger Röder, Partner bei A.T. Kearney und Koordinator des Strategic Information Technology Competence Team in Zentraleuropa: "Klare Defizite existieren bei der Festlegung der Verantwortlichkeit für das Design der Geschäftsprozesse." Einerseits beanspruche die Geschäftsseite für sich, ihre Prozesse zu definieren, andererseits ziehe sie sich im Laufe einer Spezifikation zurück und überlasse die detaillierte Ausgestaltung der IT: "Für die Analyse des Nutzenbeitrags fehlen damit die erforderlichen Spezifikation für einen gemeinsamen Business-Case zwischen Geschäft und IT." (Zum Thema siehe auch: "Funkstörung zwischen Business und IT".)

Wo die IT die Wachstumsziele stützen kann

A.T. Kearney befragte die Unternehmenslenker auch zu ihren künftigen IT-Investitionen. Nach Ansicht der Studienteilnehmer geht die Bedeutung von Data-Warehouse- und ERP-Systemen für das Unternehmensziels Wachstum zurück. Wichtiger würden Faktoren wie neue Verkaufskanäle und IT als Teil eines Produkt- oder Dienstleistungsangebots.

Vier Hebel hat die A.T.-Kearney-Studie identifiert, mit denen sich Wachstumspotenziale ausschöpfen lassen:

  • Zunächst einmal ist es wichtig, dass die IT ihren Nutzenbeitrag für das Unternehmen transparent macht.

  • Auf dieser Grundlage sollte eine gemeinsame Vision erarbeitet werden – hinsichtlich der Frage, wie die IT bei der Erreichung der Unternehmensziele am besten helfen kann.

  • Die Basis dafür ist ein nutzenorientiertes IT-Business-Modell.

  • Und schließlich geht es darum, innerhalb des Unternehmens eine stabile und zuverlässige Plattform mit nutzenorientierten Funktionen, beispielsweise CRM, bereitzustellen. (qua)