Engpass durch Beben

Elektronik droht teurer zu werden

15.03.2011
Die Katastrophe in Japan dürfte auch den deutschen Verbraucher treffen.

Experten warnen, dass über kurz oder lang wichtige elektronische Bauteile knapp werden. Die Preise steigen schon.

Der neue Riesen-Flachbildfernseher kostet derzeit schlappe 250 Euro, die digitale Spiegelreflexkamera wechselt für 300 Euro den Besitzer und das Mini-Notebook ist schon für 200 Euro zu haben. Mit diesem Schlaraffenland für Technik-Fans könnte es bald vorbei sein. Nachdem die Preise für Unterhaltungselektronik in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken sind, drohen nach der Katastrophe in Japan nun Aufschläge.

"Das Erbeben und der Tsunami in Japan können zu einem erheblichen Mangel an bestimmten elektronischen Bauteilen führen", stellten die Marktforscher von iSuppli fest und sie warnten: "Möglicherweise steigen die Preise für diese Geräte dramatisch." Für zwei Wochen reichten die Vorräte in den Lagern der Hersteller noch, dann werde es ernst. "Die Engpässe dürften Ende März oder Anfang April offensichtlich werden."

Zwar steht auf der überwiegenden Zahl der Elektronikgeräte mittlerweile "Made in China". Doch aus den japanischen Fabriken stammen oft wichtige Komponenten, ohne die die Chinesen nicht weiterarbeiten können. Nach den Daten der Marktforscher von iSuppli und TrendForce hat Japan einen Anteil an der gesamten Konsumelektronik von rund 17 Prozent. Jeder fünfte Chip auf der Welt stammt demnach aus Japan und jeder zehnte Flachbildschirm.

Besonders gut im Geschäft sind die Japaner bei sogenannten Flash-Chips zur Datenspeicherung. Ohne diese Bauteile spielt kein moderner MP3-Player, funktioniert kein Smartphone und wird auch jede Digitalkamera nutzlos. Flash bildet auch das Herz eines jeden USB-Sticks. Japan hat nach den Daten der Marktforscher einen Weltmarktanteil an diesen Speicherchips von 35 Prozent.

Die Preise für einzelne Bauteile sind bereits kräftig gestiegen, auch wenn es aktuell noch gar keine Knappheit gibt, wie iSuppli feststellte. "Das sind die psychologischen Auswirkungen der Katastrophe." Am Montag, als sich die Lage in Japan immer weiter zuspitzte, verteuerten sich die Flash-Chips nach Angaben der Marktbeobachter von DRAMeXchange um bis zu 18 Prozent und legten am Dienstag um weitere fünf Prozent zu.

Die Frage ist, wann die Hersteller ihre höheren Kosten an die Endkunden weitergeben. "Kurzfristig kann man Preiserhöhungen nicht ausschließen", sagte Alex Pols vom deutschen Branchenverband BITKOM am Dienstag. Lieferprobleme seien jedoch noch nicht bekannt. Diesen Eindruck bestätigt der größte deutsche Handelskonzern Metro, zu dem die Media Märkte und Saturn-Geschäfte gehören. "Bisher ist die Ware angekommen", sagte ein Sprecher.

Die drohenden Engpässe überraschen auch auf den ersten Blick, denn die Katastrophenregion im Nordosten Japans ist kein Industriezentrum. Entsprechend gering sind die direkten Schäden an den Werken, die zumeist weiter südlich stehen. Doch die Fabriken brauchen Strom - und der ist in Japan angesichts der katastrophalen Schäden und Notabschaltungen in den Atomkraftwerken landesweit knapp. Der Elektronikriese Toshiba kündigte bereits an, nur noch die nötigsten Systeme zu betreiben.

Konkurrenten anderswo auf der Welt können die erwarteten Ausfälle in Japan nur teils ausgleichen. Entweder ihre Fabriken produzieren bereits am Anschlag oder das Bauteil ist zu speziell. Schlimmstenfalls könnte der Rohstoff der Branche knapp werden: Aus Japan stammt nach Angaben des Marktforschers iSuppli rund 60 Prozent des weltweit verwendeten Siliziums. Und ohne dieses Halbmetall läuft rein gar nichts in der Elektronikindustrie. (dpa/tc)