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SAP und Microsoft koppeln Office mit ERP

26.04.2005

KOPENHAGEN (COMPUTERWOCHE) - SAP und Microsoft wollen gemeinsam eine Software entwickeln, um die eigenen Produkte enger miteinander zu verzahnen. Das Gemeinschaftsprojekt, Codename "Mendocino", hat zum Ziel, Office-Programme aus Redmond mit den Business-Applikationen der Walldorfer zu verknüpfen. Das Produkt soll im vierten Quartal dieses Jahres auf den Markt kommen und von beiden Partnern vertrieben werden. Über die Preise liegen bislang keine Informationen vor. Die Ankündigung steht in Zusammenhang mit einer Software-Allianz, die

beide Unternehmen nach den abgebrochenen Fusionsverhandlungen im vergangenen Jahr vereinbart hatten.

Wie eine solche Integration aussehen kann, zeigten beide Firmen während der derzeit stattfindenden SAP-Konferenz "Sapphire 2005" in

Kopenhagen. In der Demo wurde vorgeführt, wie in Outlook ein Urlaubsantrag gestellt wird, der die entsprechenden Daten aus einer über Web-Services angebundenen Mysap-Applikation bezieht. Ein anderes Beispiel war eine E-Mail-Warnung über den niedrigen Lagerbestand eines Artikels. Mit Hilfe einer Schaltfläche in der E-Mail, die SAP-Funktionen anbietet, lässt sich eine Bestellmaske aufrufen, um eine Bestellanforderung zu erzeugen.

Microsoft hat eine enge Kopplung mit den Office-Produkten bereits für die eigenen ERP-Systeme vollzogen. Nun passt man diese Technik an SAPs "Mysap"-Lösung an. Es stellt sich jedoch die Frage, welche Rolle künftig SAPs eigene Frontend-Angebote wie das "Enterprise Portal" sowie Collaboration- und

Knowledge-Management-Funktionen spielen, wenn nun Microsofts Office für die SAP-Kunden sichtbarer wird.

"Die Kunden verlangen, dass die großen Softwarehersteller zusammenarbeiten, um die Komplexität der IT zu verringern", erläuterte SAP-Vorstand Shai Agassi die Kooperation. Weltweit würden rund 60 Millionen Menschen parallel mit Microsoft- und SAP-Programmen arbeiten. Spekulationen, mit der engeren Zusammenarbeit sei auch ein Merger beider Unternehmen wieder im Rahmen des Möglichen, wischte Agassi beiseite. "Es gibt keine Gespräche über dieses Thema." Beide Softwarehersteller hatten im vergangenen Jahr über eine Fusion verhandelt, die Gespräche aber erfolglos abgebrochen. Einzelheiten darüber waren während des Kartellverfahrens im Zuge der feindlichen Übernahme von Peoplesoft durch Oracle ans Licht gekommen.

Der Aufwand für die Kunden, beide Softwarewelten miteinander zu synchronisieren, sei künftig geringer, ergänzt Jeffrey Raikes, Microsofts Group Vice President Information Worker und damit verantwortlich für die Office-Produkte. Die Kooperation beider Firmen löse das Problem vieler Anwender, deren Desktop- und Enterprise-Software nicht miteinander verbunden war. Gleichwohl seien

Informationen aus beiden Umgebungen für die tägliche Arbeit erforderlich. Zudem sorge Mendocino für eine Konsistenz der Daten in

Office- und Mysap-Systemen. Integrationsaufgaben, die früher mit teuren Dienstleistungen erkauft werden mussten, würden bald von Haus aus in die Produkte integriert, stichelt der Microsoft-Manager in Richtung IBM, deren Haupteinnahmequelle auf der Global-Service-Sparte beruht.

Die Kooperation von SAP mit Microsoft ist jedoch weder neu noch exklusiv. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Partner vereinbart, die Interoperabilität von SAPs "Netweaver"- und Microsofts .NET-Plattform sicherzustellen. Damit entspannte sich das Verhältnis zwischen den beiden Firmen, das sich nach dem Kauf von Great Plains und Navision durch Microsoft und den damit verbundenen Ambitionen der Redmonder im Bereich Business Applikationen deutlich abgekühlt hatte. Genauso muss SAP jedoch auf die Offenheit gegenüber IBMs "Websphere"-Architektur achten. Ferner arbeitet der Softwareanbieter aus dem Badischen in Sachen Branchenlösungen eng mit Big Blue zusammen.

Neben der Integration in die Microsoft-Welt fordern SAP-Kunden auch immer stärker Schnittstellen zu der Open-Source-Bürosoftware "Open Office". So fordert beispielsweise die Stadtverwaltung in München, die derzeit rund 14.000 Rechner auf Linux umstellt eine Anbindung von Open Office an die SAP-Lösungen. Eine Kundenlösung sei in Sicht, hieß es aus dem Umfeld der Münchner IT-Verantwortlichen. Jedoch ziere sich SAP ein wenig, offenbar um die engen Beziehungen zu Microsoft nicht zu belasten. (fn/ba)