Tipps zur Vertragsgestaltung für Freiberufler

04.04.2007
Von Benno Grunewald
Was ist der Unterschied zwischen einem Dienstleistungs- und einem Werkvertrag? Was ist bei den Vertragspflichten, der Haftung, Wettbewerbsverboten und der Rentenversicherungspflicht für Selbständige zu beachten? Rechtsanwalt Benno Grunewald klärt auf.

1. Dienstvertrag oder Werkvertrag?

Der Dienstvertrag wird in Paragraf 611 BGB definiert: "Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein".

Benno Grunewald

Foto: Benno Grunewald

Im März hielt Benno Grunewald, Rechtsanwalt aus Bremen und Justiziar des Berufsverbandes Selbständige in der Informatik (BVSI) e.V. einen Vortrag zum Thema "Vertragsgestaltung für IT-Freiberufler" in Darmstadt. Der Jurist widmete sich dabei auch den verwandten Themen wie Wettbewerbsverboten, Haftung und Freiberuflichkeit versus Gewerblichkeit. Auf besonderes Interesse der Teilnehmer stieß das Thema Rentenversicherungspflicht und Möglichkeiten, diese zu vermeiden. In diesem Zusammenhang hatte es einige Tage zuvor für IT-Freiberufler günstige Entscheidungen gegeben, auf die Grunewald aktuell eingehen konnte.

Die wichtigsten Punkte und Ratschläge stellte Grunewald hier für unsere Leser zusammen.

Eine Definition des Werkvertrags findet sich in Paragraf 631 BGB: "Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein".

Die beiden entscheidenden Unterschiede zwischen den Vertragsarten sind somit die Erfolgsbezogenheit des Werkvertrags sowie die genaue Definition des Arbeitsergebnisses. Welche Art von Vertrag vorliegt, ist in der Regel eine Frage der Auslegung. Hierfür besagt Paragraf 133 BGB: "Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften".

Somit kommt es nicht auf Begriffe allein an. Nicht jeder Vertrag, der den Titel "Werkvertrag" trägt, ist auch einer.

Vielmehr kommen anderen Fragen Bedeutung zu: "Was haben die Parteien vereinbart?"; "Warum wurden die Vereinbarungen geschlossen?" und "Wie wurde der Vertrag gelebt?"

2. Freiberuflichkeit/Gewerblichkeit

Steuerrechtlich gilt der Grundsatz: Jeder Freiberufler ist Selbständiger, aber nicht jeder Selbständige ist Freiberufler.

Die Vorteile eines Selbständigen, der vom Finanzamt als Freiberufler eingestuft ist, sind

  • Keine Gewerbesteuer

  • Keine Bilanzierungs-/Buchführungspflicht

  • Kein IHK-Beitrag

Die Frage, ob ein Selbständiger als gewerblich oder als freiberuflich gilt, ist gesetzlich in Paragraf 18 EStG (Einkommensteuergesetz) geregelt. Hier werden so genannte Katalogberufe aufgezählt, die als freiberuflich gelten. Weiterhin werden bestimmte Tätigkeiten genannt. Die Auslegung dieser gesetzlichen Bestimmungen erfolgt durch die Finanzgerichte und den BFH (Bundesfinanzhof).

Für den Bereich der IT hat der BFH mit seinem Urteil vom 04. Mai 2004 beispielsweise entschieden: "Ein selbständiger Diplom-Informatiker, dessen Ausbildung der Berufsausbildung der Ingenieure vergleichbar ist, übt seit Anfang der 90er-Jahre eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit im Sinne des Paragrafen 18 Absatz 1 Nr. 1 EStG auch dann aus, wenn er (vorwiegend) Anwendersoftware entwickelt. Die gegenteilige Rechtsprechung des BFH ist insoweit durch die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse überholt".

Und das Niedersächsische Finanzgericht ergänzt mit seinem Urteil vom 13. Dezember 2005: "Die Auffassung des BFH, nach der Ingenieure wegen ihres breiteren und tieferen Grundlagenwissens in der Lage seien, Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen als ein Techniker, mag seinerzeit zugetroffen haben, ist heute allerdings überholt.

Und in einem neueren Urteil hat der BFH entschieden, dass auch die Beratung freiberuflich sein kann (BFH Urteil vom 09. Februar 2006, Az. IV R 27/05, BFH/NV 2006, 1270) und dabei unter anderem ausgeführt: "Ein konstruierendes Element ist zur Bejahung einer ingenieurähnlichen Tätigkeit nicht erforderlich. Für eine ingenieurähnliche Tätigkeit reicht es vielmehr aus, dass sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen zumindest auf einen der Kernbereiche einer vergleichbaren Ingenieurtätigkeit erstreckt. Die Ingenieurtätigkeit umfasst auch die beratende Tätigkeit. Der beratenden Tätigkeit ist ein konstruierendes Element nicht von Natur aus wesenseigen".

Daher meine Empfehlung:

  1. Legen Sie Einspruch gegen Gewerbesteuermessbescheide des Finanzamts ein. Frist: Innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids.

  2. Beantragen Sie die Aussetzung der Vollziehung.

  3. Ziehen Sie für die Begründung des Einspruchs einen in der Sache versierten Steuerberater oder Rechtsanwalt hinzu.

3. Umsatzsteuer

Probleme mit der Umsatzsteuer kann es geben, wenn der Auftraggeber des Freiberuflers seinen Sitz im Ausland hat und daher keine Umsatzsteuer berechnet haben möchte und der Endkunde seinen Sitz im Inland hat. Insbesondere im Rahmen einer Betriebsprüfung kann das Finanzamt dann nachträglich eventuell die Umsatzsteuer vom Freiberufler verlangen.

Ob eine Leistung umsatzsteuerpflichtig ist, wird in den Paragrafen 3a und 3 b UStG (Umsatzsteuergesetz) geregelt. Danach wird eine Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Ist der Empfänger ein Unternehmer, so wird die Leistung dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt.

Dies bedeutet, dass es darauf ankommt, für wen der Freiberufler seine Leistung erbringt: für seinen ausländischen Vertragspartner (dann umsatzsteuerfrei) oder für den inländischen Endkunden (dann umsatzsteuerpflichtig). Dabei kommt den vertraglichen Vereinbarungen immense Bedeutung zu.

Meine Empfehlungen hierzu lauten: Sammeln Sie möglichst folgende Informationen und Unterlagen:

  • Verträge

  • Referenzen

  • Arbeitsunterlagen (Dokumentation)

  • Geschäftsunterlagen des Auftraggebers/Vermittlers

  • Handelsregisterauszug

  • Wirtschaftsauskünfte

  • Inserate des Auftraggebers/Vermittlers

  • Adressen von anderen Freiberuflern

4. Scheinselbständigkeit/ Rentenversicherungspflicht

4.1 Kleine Geschichte der Scheinselbständigkeit

Vor dem 01. Januar 1999 galt:

  • Keine konkreten gesetzlichen Kriterien

  • Volle Beweislast bei der BfA

Vom 01. Januar 1999 bis 31. Dezember 2002 galt:

  • Fünf gesetzliche Kriterien

  • Umgekehrte Beweislast zu Gunsten der BfA

Ab dem 01. Januar 2003 gilt:

  • Gesetzeslage wie vor dem 01. Januar 1999

Ab 01. Oktober 2005 heißt die BfA (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) nunmehr DRB (Deutsche Rentenversicherung Bund).

4.2 Rentenversicherungspflicht

Für Selbständige gelten nach wie vor zwei Kriterien:

  • im wesentlichen und auf Dauer nur ein Auftraggeber und

  • keine eigenen Mitarbeiter (über 400,00 Euro Monatsverdienst)

Die Auslegung der Begriffe "im wesentlichen" und "auf Dauer" ist äußerst strittig. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat hierzu eine sehr eigene Ansicht, die von Gerichten des Öfteren korrigiert wurde. So haben zum Beispiel die Sozialgerichte Aachen, Itzehoe und München fast einmütig unter anderem entschieden: "Die Regelung des Paragrafen 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI würde auf den Kopf gestellt, wenn gerade dann, wenn der Betroffene einen besonders lukrativen und umfangreichen Auftrag erhält, er der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt, während er in Zeiten, in denen er mehrere kleine Aufträge, die sich nebeneinander erledigen lassen, bearbeitet, er dieser Versicherungspflicht nicht unterliegt".

Meine Empfehlungen hierzu lauten:

  • keine unbefristeten Verträge

  • keine vertragliche Verpflichtung des Freiberuflers, Leistung persönlich zu erbringen

  • keine Einschränkung des Einsatzes eigener Mitarbeiter des Freiberuflers

  • Widerspruch gegen Bescheide der DRB einlegen

  • Hinzuziehung eines in der Sache versierten Rechtsanwalts

5. Wettbewerbsverbote

Die meisten Verträge von Freiberuflern, die über Agenturen und nicht direkt für den Endkunden tätig sind, beinhalten Wettbewerbsverbote. Diese werden manchmal auch anders bezeichnet wie beispielsweise als Kundenschutzklausel, Loyalitätsvereinbarung, Geheimhaltungsgebot oder Treupflicht.

Will der Freiberufler dann nach Abschluss des Projektes direkt für den Endkunden arbeiten, stellt sich die Frage, inwieweit das Wettbewerbsverbot wirksam ist. Die Rechtsprechung hat dazu drei Kriterien entwickelt. Danach ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot dann unwirksam, wenn

  • keine Karenzentschädigung vereinbart wurde

  • nur für einen Auftraggeber gearbeitet wurde

  • die Vertragsdauer länger als ein Jahr war.

6. Fazit

Wie gesehen, stecken die rechtlichen bzw. steuerlichen Probleme für Freiberufler häufig im Detail. Hinzu kommt, dass es zwischen den einzelnen Bereichen Vertrag, Steuer und Rentenversicherung zahlreiche Beziehungen gibt, die sich unterschiedlich auswirken können, wie zum Beispiel eine langjährige Vertragdauer mit einem Auftraggeber, die eher ungünstig in Bezug auf die Rentenversicherungspflicht aber eher günstig in Bezug auf die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots.

Für Freiberufler ist daher eine umfassende, um nicht zu sagen ganzheitliche Beratung wichtig, die alle Aspekte mit einbezieht und abwägt. Nur so lassen sich die vielfältigen, häufig unterschätzten Risiken erkennen, angemessen bewerten und reduzieren bzw. vermeiden.