Projektarbeit: Wer profitiert von wem?

27.11.2007
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.
Externe IT-Profis arbeiten zunehmend Seite an Seite mit internen Mitarbeitern. CIOs halten gemischte Teams mittlerweile für produktiver als komplette Mannschaften aus dem eigenen Haus.

In der IT gehören Freiberufler schon längst zum beruflichen Alltag. Laut einer Studie des Personaldienstleisters Hays setzt bereits jedes dritte Unternehmen in Deutschland über zehn Prozent Externe ein – Tendenz steigend. Eine Vorreiterrolle spielen Unternehmen aus der IT-, Automobil- und Maschinenbau-Branche. Hier helfen Freelancer, Engpässe zu überwinden, und stellen ihr Spezialwissen, wo immer es benötigt wird, zur Verfügung. Doch nicht nur die Zahl der Externen ist gestiegen, auch ihr Image hat sich verbessert. Während sich IT-Chefs noch vor einigen Jahren zurückhielten, wenn es um Hilfe von außen ging, setzen sie mittlerweile bei personellen Engpässen verstärkt auf Freiberufler. CIO Egmont Foth von den Fischerwerken Artur Fischer GmbH & Co. KG in Waldachtal ist einer von ihnen: "Wir brauchen externe Unterstützung, weil meine Mitarbeiter es alleine nicht schaffen."

Wie diese Unterstützung in der Praxis aussieht, zeigt ein weiteres Ergebnis der Hays-Befragung, an der sich 489 Manager quer durch alle Branchen in Deutschland beteiligten: Fast zwei Drittel der Befragten halten gemischte Teams aus externen und internen Kräften für produktiver als Arbeitsgruppen, die ausschließlich mit eigenen Leuten besetzt sind. "Verblüffend ist, als wie überlegen die befragten Führungskräfte gemischte Teams mittlerweile einschätzen", meint Jutta Rump, Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Leiterin des Instituts für Beschäftigung und Employability der Fachhochschule Ludwigshafen, die die Hays-Studie wissenschaftlich begleitet hat. So attestieren 64 Prozent der Führungskräfte den gemischten Teams, dass sie Zeitvorgaben genauso oder sogar gewissenhafter einhalten. Mehr als die Hälfte der befragten Manager erklärt, die durcheinandergewürfelten Gruppen erreichten ihre Projektziele besser. Auch die Bereitschaft zum Wissensaustausch wird positiv beurteilt. Rund 67 Prozent der Studienteilnehmer glauben, dass Mixed Teams eher tragfähige Alternativen entwickeln als eine interne Mannschaft, die seit Jahren zusammenarbeitet. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen, dass die lange vorherrschenden Vorurteile gegenüber externen Arbeitskräften offenbar immer geringer werden.

Dirk Hahn, Hays: Interne Mitarbeiter sind auf das Know-how der Externen angewiesen.
Dirk Hahn, Hays: Interne Mitarbeiter sind auf das Know-how der Externen angewiesen.

"Das liegt vor allem an den guten Erfahrungen, die die Unternehmen mit Externen machen", glaubt Hays-Manager Dirk Hahn. Ein entscheidender Punkt für die positive Beurteilung ist seines Erachtens die Know-how-Weitergabe der Freelancer an die internen Leute. Schließlich könnten die Unternehmen nicht für jede neue Technologie und jedes Nischengebiet eigene Spezialisten einstellen. "Sie sind auf das Wissen von externen Mitarbeitern angewiesen und nutzen es ad hoc für das jeweilige Projekt", so Hahn. Darüber hinaus würden Berater oftmals auf Probleme hinweisen, die die internen IT-Profis möglicherweise nicht bedacht hätten.

Verkrustete Strukturen aufbrechen

Laut Studie sind gemischte Teams besonders in Betrieben mit hohem Innovationsdruck geschätzt. Neben den Unternehmen aus der Chemie- und Pharmabranche sowie aus dem Handel-, Konsumgüter- und Versorgungssektor ist dies auch in der Informations- und Telekommunikationsbranche der Fall. Die Erfahrung, dass freiberufliche Berater helfen können, verkrustete Strukturen aufzubrechen, könnte ein weiterer Grund sein, dass in der Hays-Studie so viele Entscheider in Großunternehmen gemischte Mannschaften für produktiver halten. Der Münchner Wirtschaftspsychologe Dieter Frey bestätigt dies: "Qualifizierte Freelancer werden auch deshalb gerne in Teams eingesetzt, weil sie die Gruppendynamik im Unternehmen positiv beeinflussen." Allerdings seien Personalagenturen gut beraten, ihre Freiberufler vor dem Einsatz in einem Projekt gründlich zu briefen. Schließlich würden in den Unternehmen alle möglichen Konflikte und unterschiedliche Mitarbeitertypen auf sie warten.

Zu den Befürwortern gemischter Teams gehört auch Ulrich Vollert, IT-Hauptabteilungsleiter bei der kaufmännischen Krankenkasse KKH. Er bestätigt nicht nur die höhere Produktivität solcher Gruppen, sondern zeigt sich sogar überzeugt, dass Unterstützung durch Externe bei gravierenden Erneuerungen Voraussetzung ist. Als die KKH vor zwei Jahren entschied, die eigenen Entwickler in Java-Technologie zu qualifizieren, sei früh klar gewesen, dass neue Projekte mit gemischten Teams betrieben werden würden. Vollert: "Die externen Profis brachten jede Menge Erfahrung aus anderen Unternehmen mit und gaben diese an die internen Kollegen weiter. Wichtig waren auch die neuen Sichtweisen. Damit halfen die Externen den internen Mitarbeitern, neue Wege zu betreten."

Vom Know-how der Externen profitieren

In den letzten 18 Monaten hat die KKH viele neue Anwendungsprodukte fertig gestellt. Dies war in der Kürze der Zeit nur mit Hilfe von gemischten Teams möglich. Die Alternative wäre gewesen, sich die kurzfristig benötigten Anwendungen extern entwickeln zu lassen und dann zu pflegen und weiterzuentwickeln durch eigene Leute. "Wir haben uns bewusst dagegen entschieden. Die eigenen Mitarbeiter konnten mit dem gewählten Coaching-Ansatz sehr schnell auch schwierige Aufgaben übernehmen und vom Know-how der Externen profitieren", kommentiert Vollert.

Der KKH-Manager räumt ein, dass zu Beginn eines Projekts zwischen den internen und externen IT-Profis durchaus gewisse Berührungsängste auftreten. Solche Unsicherheiten waren aber seiner Meinung nach eher auf den Erneuerungsprozess zurückzuführen. Vollert: "Es ist wichtig, frühzeitig den Austausch oder Abbau von Externen zu planen. Denn die Zielsetzung bei unserem Ansatz besteht ja darin, dass die eigenen Mitarbeiter nach Projektende eigenständig agieren können."

Ebenfalls gute Erfahrungen macht Rudolf Schwarz, CIO und Leiter IT-Services beim Migros Genossenschafts-Bund in Zürich, mit dem Einsatz von IT-Freelancern. Allerdings müssen seiner Meinung nach bestimmte Bedingungen erfüllt sein. So sei es für den Erfolg entscheidend, dass sowohl der Projektleiter als auch der Teilprojektleiter zur internen Mannschaft gehöre. Der Schweizer IT-Verantwortliche: "Wenn Externe als Entscheidungsträger fungieren, besteht die Gefahr, dass die Projekte länger als geplant dauern."

Klar definierte Verträge mit Freiberuflern

Migros legt Wert darauf, die Verträge klar zu definieren. Dazu gehöre unter anderem, den Funktionsumfang der Mitarbeit genau zu bestimmen und das Projekt zeitlich zu limitieren. Der CIO: "Darüber hinaus nehmen wir uns das Recht heraus, das letzte Urteil über den empfohlenen Freelancer zu fällen. Sollten während der Projektphase Probleme auftreten, wechseln wir den Externen aus." Für das Unternehmen sei es schon immer wichtig gewesen, in der Projektphase externes Know-how ins Unternehmen zu holen und die Betriebsphase mit den eigenen Leuten zu bestreiten. Schwarz: "Wir arbeiten sowohl im SAP- als auch im Web-Umfeld mit einer ganzen Reihe von Freiberuflern zusammen. Bislang haben sich die Mixed Teams bewährt."

Egmont Foth, Fischerwerke: Wir brauchen externe Unterstützung, weil meine Mitarbeiter es alleine nicht schaffen.
Egmont Foth, Fischerwerke: Wir brauchen externe Unterstützung, weil meine Mitarbeiter es alleine nicht schaffen.

Dass IT-Chefs die Zusammenarbeit mit Freelancern schätzen, erlebt Rainer Hummel in seiner täglichen Arbeit. Der freiberufliche Hightech-Profi, der sicherheitskritische Software entwickelt, nennt Gründe: "Ein Projekt mit internen Mitarbeitern optimal zu besetzen ist nur in den seltensten Fällen möglich. Darüber hinaus kommt den Externen als Know-how-Trägern eine entscheidende Rolle zu." Hummel sieht noch einen großen Vorteil. Freelancer seien weniger an den strategischen Unternehmenszielen des Kunden interessiert. Dementsprechend betrachten sie die Aufgaben aus technischer Sicht und nehmen keinerlei Rücksicht auf firmenpolitische Ziele und Restriktionen. Zum Beispiel komme es immer wieder vor, dass eine Technik die seit Jahrzehnten im Unternehmen eingesetzt werde, ohne dass noch jemand wisse, warum. Der Sicherheitsexperte: "Externe handeln hier oftmals als Tabubrecher und werden als solche und vor allem als Antreiber sehr geschätzt."

*Ina Hönicke arbeitet als freiberufliche Journalistin in München.