IT-Kompass 2016 - Teil 2

Zwischen Kostendruck und Innovation

10.03.2016
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Deutsche Unternehmen arbeiten hart daran, die Kosten des IT-Betriebs zu senken und gleichzeitig Innovationen zu ermöglichen. Im Kontext der digitalen Transformation wird dieser Spagat noch anspruchsvoller.

Das wichtigste Infrastrukturthema für deutsche IT-Verantwortliche ist die Reduzierung der operativen Betriebskosten. Das ist ein Ergebnis der Anwenderstudie IT-Kompass 2016, die die COMPUTERWOCHE gemeinsam mit dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC organisierte. Befragt wurden Business- und IT-Entscheider aus 364 deutschen Unternehmen (siehe Steckbrief unten). "Der IT-Betrieb verschlingt Jahr für Jahr 60 bis 80 Prozent der IT-Budgets. Das ist eindeutig zu hoch", kommentiert Matthias Zacher, Senior Consultant bei IDC, die Entwicklung.

Die Bedeutung des zweitwichtigsten Themas "Server-Konsolidierung / Virtualisierung" nimmt in diesem Kontext leicht ab, was daran liegen dürfte, das viele Projekte bereits abgeschlossen wurden. Mehr Nennungen als im Vorjahr gab es aber für die Netzwerk-Virtualisierung. Weniger dringlich erscheint den Umfrageteilnehmern die Virtualisierung von Storage-Ressourcen. Zacher sieht das kritisch: "Die Unternehmen sollten hier nicht nachlässig werden, denn das Thema bietet nach wie vor ein hohes Potenzial."

Server-Konsolidierung und -Virtualisierung gehört noch immer zu den wichtigsten Infrastruktur-Themen.
Server-Konsolidierung und -Virtualisierung gehört noch immer zu den wichtigsten Infrastruktur-Themen.
Foto: IDC

An dritter Stelle steht für die Entscheider die Standardisierung der Infrastruktur. Häufig geht es dabei etwa um die Ausstattung von Racks mit standardisierten Komponenten. Viele RZ-Leiter setzen auf mehr als einen Hersteller, um beispielsweise größere Ausfälle bei einer schadhaften Charge zu vermeiden. "Standardisierung wird auch in Zukunft ein probates Mittel bleiben, um die Beschaffung zu vereinfachen und manuelle Aufwände zu verringern", erwartet IDC-Experte Zacher. Mithilfe von Automatisierung ließen sich auch im Infrastrukturbereich noch große Effizienzpotenziale heben.

(siehe auch IT-Kompass 2016 Teil 1: "Digitalisierung bringt die IT in Zugzwang")

Die wichtigsten Softwarethemen: Konsolidierung und Integration

Die Angaben zu den wichtigsten Softwarethemen passen zu den Kostenaspekten im Bereich Infrastruktur. Konsolidierung (von 44 Prozent genannt) und die Integration von Anwendungen (34 Prozent) stehen hier auf der Liste ganz oben. die Senkung der Wartungskosten für Applikationen nennen 29 Prozent der Teilnehmer.

Das Thema Big Data und Analytics legt im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent zu. "Analytics durchdringt immer stärker alle IT- und Fachbereiche", beobachtet Zacher. Neben der Analyse von Geschäftszahlen zählten Qualitätsmanagement in der Produktion, Security-Analytics und die Messung der IT-Effizienz zu den wichtigen Anwendungsfeldern.

Auch bei den Softwarethemen geht es in vielen Fällen um einen kosteneffizienteren Betrieb.
Auch bei den Softwarethemen geht es in vielen Fällen um einen kosteneffizienteren Betrieb.
Foto: IDC

Im Bereich IT-Services haben vor allem zwei Themen an Relevanz gewonnen: die Erhöhung des IT-Service-Level der eigenen IT (von 52 Prozent genannt) und ITIL / IT-Service-Management (32 Prozent). Daraus lässt sich ableiten, dass es den IT-Abteilungen offenbar noch immer nicht gelingt, die eigenen Ziele sowie die Anforderungen der Fachabteilungen zu erfüllen. Zacher drückt es so aus: "Die Qualität der Operations muss weiter verbessert werden."

Cloud-Szenarien: Platform-as-a-Service legt zu

Wie bereits im vergangenen Jahr steht beim Thema Outsourcing das Auslagern der Infrastruktur, also von Servern oder ganzen Rechenzentren, an erster Stelle. An Bedeutung zugenommen hat das Application Hosting, wobei hier die Grenzen zu Software as a- Service (SaaS) fließend verlaufen. Dementsprechend liegen SaaS-Dienste bei der Frage nach den geplanten Cloud-Nutzungsszenarien eindeutig vorne.

Noch immer geben 59 Prozent der Befragten an, gar keine Cloud-Services nutzen zu wollen. Allerdings ist die Zahl der Verweigerer in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Bewegung scheint es auch beim Thema Platform as a Service (PaaS) zu geben, das bisher regelmäßig schwach ausgeprägt war. Nach Einschätzung von Zacher lag dies vor allem an der mangelnden Reife der Angebote: "Diese Situation hat sich nun gewandelt, da Unternehmen den Wert von Plattformen und Middleware-Services für eine flexible und dynamische Bereitstellung von IT-Ressourcen erkannt haben."

Weil viele Angebote heute aus deutschen Rechenzentren kämen, habe sich die generelle Akzeptanz von Public-Cloud-Lösungen erhöht, urteilt der Analyst. Mit den lokalen Angeboten kleiner und mittelständischer ISVs und Service-Provider (Stichwort "German Cloud") sowie den RZ-Aktivitäten der großen IT-Anbieter sei Deutschland als Cloud-Standort gestärkt worden.

SaaS und Platform-as-a-Service-Modelle gewinnen an Bedeutung.
SaaS und Platform-as-a-Service-Modelle gewinnen an Bedeutung.
Foto: IDC

IT-Budgets: Ausblick leicht positiv

Dass die meisten Unternehmen weiter mit hohen IT-Betriebskosten kämpfen, zeigt auch ein Blick auf die Budgetstrukturen. So ist der Anteil des IT-Budgets für operative Tätigkeiten im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig von 64 auf 62 Prozent gesunken. Zugleich stieg der Anteil für Innovationen oder spezifische Projekte mit Fachabteilungen leicht von 36 auf 38 Prozent.

Dessen ungeachtet sind die Erwartungen zur Budgetentwicklung für das laufende Jahr weiterhin überwiegend positiv. Ein Drittel der befragten IT-Entscheider geht davon aus, dass die IT-Budgets im Jahr 2016 steigen, mit einer Senkung rechnen nur 17 Prozent. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer erwartet keine Veränderungen.

Studiensteckbrief IT-Kompass 2016

  • Für den IT-Kompass 2016 befragten IDC und die Computerwoche im November und Dezember 2015 IT- und Business-Entscheider aus 364 deutschen Unternehmen. Der Anteil der Business-Entscheider lag bei 41 Prozent.

  • Um zu einem unverzerrten Bild zu kommen, wurde die IT-Branche aus der Auswertung genommen. Ansonsten deckt die Stichprobe im Wesentlichen alle Branchen der deutschen Wirtschaft ab.

  • Der Bereich Industrie / verarbeitendes Gewerbe ist mit 25 Prozent der befragten Unternehmen am stärksten vertreten. Mit 10 Prozent folgt die die öffentliche Verwaltung inklusive Sozialversicherung und Dienstleistungen für Unternehmen. Die Banken- und Versicherungsbranche ist mit 9 Prozent der drittgrößte Industriezweig. Alle übrigen Branchen bewegen sich zwischen 2 und 7 Prozent. 18 Prozent der befragten Unternehmen haben sich "sonstigen" Branchen zugeordnet.

  • Den kompletten Berichtsband zur Studie mit allen Daten, Grafiken und Analysen können Sie über den Online-Shop der Computerwoche beziehen. (wh)