Zweiter Mann nach Palmer geht Nach einem Jahr: IBM-Veteran Edward Lucente verlaesst Digital

06.05.1994

FRAMINGHAM (IDG) - Das wirtschaftliche Desaster der Digital Equipment Corp. fuehrte zu einem Wechsel in der Fuehrungsspitze. Der erst vor einem Jahr angeheuerte Ex-IBMer Edward Lucente, zweiter Mann hinter Robert Palmer, musste seinen Hut nehmen. Als Nachfolger wurde Enrico Pesatori benannt, der bisher dem PC-Business vorstand.

Die zahlreichen Umorganisationen bei der Digital Equipment Corp. (DEC) haben noch nicht zum gewuenschten Erfolg gefuehrt. So hat sich der Verlust im dritten Quartal des laufenden Geschaeftsjahres um mehr als 150 Millionen auf 183,306 Millionen Dollar erhoeht (siehe CW Nr. 16 vom 22. April 1994, Seite 4). Zwei Wochen nach Veroeffentlichung der Quartalsergebnisse muss DECs zweiter Mann, Edward Lucente, das Unternehmen verlassen.

Lucente, der als Vice-President fuer Vertrieb und Marketing zustaendig war, kam erst vor knapp einem Jahr zu Digital. Der frisch gekuerte DEC-Chef Palmer hatte sich um die Besetzung dieser Stelle gekuemmert und sich fuer Lucente entschieden, der vor seinem kurzen Zwischenstopp bei Northern Telecom 31 Jahre im Dienste der IBM stand. Vor allem seine Vertriebserfahrung sollte DEC weiterhelfen, denn hier sah Palmer einen der schwerwiegendsten Schwachpunkte.

Unter Erfolgsdruck: Lucente-Freund Damiani

So erhielten beispielsweise die Vertriebsmitarbeiter ein festes Gehalt ohne Erfolgsprovision. Dies aenderte sich unter Lucente. Der Schuss ging fuer DEC allerdings nach hinten los. Denn um moeglichst viel Umsatz zu machen und damit an ihren Bonus zu kommen, gewaehrten die Verkaeufer so hohe Rabatte, dass die Profitabilitaet oft nicht mehr gewaehrleistet war, berichtet das "Wall Street Journal". Es geht davon aus, dass die Luft fuer alte Weggefaehrten von Lucente duenner werden koennte. Zu ihnen gehoere der Europa-Chef Vincenzo Damiani, ebenfalls ein IBM-Veteran, bei dessen Rekrutierung im letzten Jahr Lucente aktiv mitwirkte.

An die Stelle von Lucente tritt der bisherige Vice-President der PC-Division, Enrico Pesatori, der zwei Jahre CEO von Zenith war und zuvor 21 Jahre fuer Olivetti gearbeitet hatte. Die Befoerderung des 54jaehrigen begruendet Palmer mit dessen Erfolg im PC-Business. Analysten begruessten seine Entscheidung: "Im Gegensatz zu den meisten DEC-Fuehrungskraeften weiss Pesatori mit kleinen Margen umzugehen und hat Erfahrung, wie man einen konkurrenzfaehigen Bereich aufbaut", erklaert Chris Christiansen von IDC.

Andere widerum bewerten den neuerlichen Personalwechsel eher kritisch. "Solange keine laengerfristige Strategie vorhanden ist, nuetzt es wenig, Fuehrungskraefte auszutauschen. Bei DEC vermisse ich eine gewisse Kontinuitaet", meint Robert Cloninger, DV-Manager bei OK-Industries in Fort Smith.

Pesatori moechte zuerst die Vertriebswege unter die Lupe nehmen. Dabei hat er fuer die Alpha-Workstations vor allem den indirekten Vertriebskanal im Auge. Bevor DEC aber wieder erfolgreich wirtschaften koenne, muessten Verkauf und Marketing effektiver arbeiten. Der neue Sales- und Marketing-Chef gibt zu, dass in diesen Bereichen ein "Downsizing" erforderlich sei. Allerdings werde er alle Abteilungen auf moegliche Personalreduzierung ueberpruefen. Erst vor zwei Wochen hat DEC bekanntgegeben, dass 7000 Stellen gestrichen werden sollen. Das miserable Quartalsergebnis hat die Position von Palmer, der erst seit 18 Monaten DEC vorsteht, nicht gefestigt, sondern liess Spekulationen aufkommen, wie lange er noch Zeit hat, DECs Probleme zu loesen. Insidern zufolge soll ihm der Board of Directors noch eine Gnadenfrist bis zum Ende des naechsten Quartals gewaehrt haben.