Bluetooth-Produktangebot steigt dank fallender Preise für Funkchips

Zweiter Anlauf für Kabelkiller

11.01.2002
SAN FRANCISCO (CW) - Bluetooth kommt! Nach überzogenen Anfangserwartungen und einigen Verzögerungen sind nun immer mehr Produkte verfügbar, die die Kurzstreckenfunktechnik beherrschen. 2002 könnte den Durchbruch bringen.

Es wird höchste Zeit für Bluetooth. Die Kurzstreckenfunktechnik hat bereits für viel Furore gesorgt, verfügbare Produkte haben jedoch lange auf sich warten lassen. "Die Hersteller haben gleich zu Beginn eine sehr große Erwartungshaltung erzeugt", kritisiert Sylvio Jelovcich, Senior Director 3Com Product Marketing. Als Folge davon hätten sich viele Anwender mehr von Bluetooth versprochen, als die Technik letztendlich leisten könne. So sei vielerorts schon von einem Ersatz für Funk-LANs die Rede gewesen, was aber nicht der Zweck von Bluetooth sei.

Umfangreiches ProduktangebotJaap Haartsen, Cheftechnologe für Technology Licensing bei Ericsson, ist hingegen der Meinung, dass der Hype um die Funktechnik durchaus berechtigt und notwendig war, um den Markt für Bluetooth zu forcieren und die Standardisierung voranzutreiben.

Jetzt scheint das Verfahren die schwierige Anfangsphase endlich hinter sich zu lassen. Die Hersteller bieten inzwischen eine breite Palette an Lösungen, die von Kopfhörern, PC-Cards, Druckermodulen, Handys bis hin zu digitalen Videokameras reicht. Und dabei handelt es sich nicht mehr um Prototypen, sondern um marktreife Produkte.

Wenn 2002 das Jahr des Durchbruchs für Bluetooth wird, dann liegt das nicht zuletzt daran, dass die Chips endlich deutlich billiger geworden sind. Bewegten sich die Durchschnittspreise im letzten Jahr noch zwischen 20 und 30 Dollar, so haben sie sich inzwischen auf einem Niveau von etwa zehn Dollar eingependelt. Und die Zeichen stehen gut, dass der ursprünglich von der Bluetooth Special Interest Group (SIG) angepeilte Wert von fünf Dollar pro Chip demnächst Realität wird.

Mehrere Anbieter, darunter die Halbleiter-Divisionen von Motorola, Texas Instruments und Spirea, haben bereits Lösungen in diesem Preisbereich angekündigt. Ericsson präsentierte unlängst erste Prototypen eines hochintegrierten Bluetooth-Moduls, das mit der Hälfte der bislang benötigten Komponenten auskommt und dementsprechend billiger zu fertigen sein wird. Gerhard Heider, General Manager des Geschäftsbereichs Connectivity bei Philips Semiconductors, geht davon aus, dass die Chiphersteller die angepeilte Fünf-Dollar-Schwelle gegen Ende 2002 oder spätestens Anfang 2003 durchbrechen werden.

Hinzu kommt, dass sich nun auch Microsoft dazu durchgerungen hat, Bluetooth in einem für Mitte 2002 anstehenden Update seines Betriebssystems "XP" zu unterstützen (siehe "Windows XP lernt USB 2.0 kennen" auf dieser Seite).

Kritiker bemängeln jedoch, im Hinblick auf die Interoperabilität gebe es noch immer ungeklärte Fragen. Chris Kozup, Analyst bei International Data Corp. (IDC), sieht die große Zahl der in der SIG vertretenen Hersteller als mögliche Quelle für Schwierigkeiten bei der Interoperabilität: "Jeder Anbieter geht das Thema Bluetooth aus einer etwas anderen Richtung an, da sind Probleme programmiert", ist er sich sicher. Auch die von der SIG vorgeschriebenen Interoperabilitätstests stellen aus seiner Sicht keine Garantie für das reibungslose Zusammenspiel dar.

Inkompatibilitäten möglichDie Prüfungen laufen weltweit unter Regie von Bluetooth Qualification Boards (BQBs) ab. Philips-Mann Heider ist aber überzeugt, dass diese Tests ausreichen, um die in den verschiedenen Bluetooth-Profilen definierten, allgemeinen Funktionen für Bluetooth-Geräte sicherzustellen.

Allerdings seien nicht alle Profile komplett spezifiziert, was Ursache für gewisse Inkompatibilitäten sein könne. "Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es sich bei Bluetooth um eine junge Technologie handelt. Da kann es vom Start weg keine 100 Prozent Interoperabilität geben." Ken Dulaney, Analyst bei Gartner Inc. ist da anderer Meinung. Er glaubt, dass ein weit reichendes, reibungsloses Zusammenspiel gerade jetzt eine wichtige Rolle spielt. Er verlangt daher ein rigoroseres Prüfverfahren, ähnlich dem, das die Wireless Ethernet Compatibility Alliance (Weca) für Funk-LANs nach dem IEEE-Standard 802.11b vorschreibt.

Die möglichen Störungen zwischen diesen beiden Technologien bilden in den Augen einiger Anwender ebenfalls ein Hindernis für den Einsatz von Bluetooth. Eine Lösung des Problems hat der Anbieter Bandspeed Inc. auf der Bluetooth-Entwicklerkonferenz in San Francisco vorgestellt. Ein spezieller Chip soll in der Lage sein, Störungen zwischen den beiden Funktechniken zu erkennen und die Bluetooth-Signale über ein unbenutztes Frequenzband zu lenken. Auch Störungen durch Mikrowellenherde oder schnurlose Telefone seien so zu vermeiden.

Die Analysten von Cahners In-Stat Group sehen die Zukunft der Funktechnik nach wie vor rosig. Bereits 2001 wurden Angaben der Marktforscher zufolge 13 Millionen Bluetooth-Chipsätze ausgeliefert, mehr als entsprechende Komponenten für Funk-LANs. Die Module finden sich vor allem in Handys und Laptops, werden zunehmend aber auch in PDAs integriert.

ProduktoffensiveVon 3Com sind mehrere Bluetooth-Geräte zu haben. Der Hersteller präsentierte jetzt neue Adapterkarten für Notebooks und USB-Module. Die PC-Karte verfügt über eine ausfaltbare "Xjack"-Antenne. Sie soll es Anwendern ermöglichen, dass sie die Bluetooth-Karte auch beim Transport im Laptop stecken lassen können.

Das USB-Modul eignet sich für den Anschluss am USB-Port eines PCs oder Servers. Beide Produkte kosten rund 166 Euro, im Preis enthalten ist die Software "Bluetooth Connection Manager". Sie bietet eine Discover-Funktion, über die in unmittelbarer Nähe befindliche Bluetooth-Geräte erkannt und angezeigt werden. Mit diesen können dann in Chat-Manier Textnachrichten ausgetauscht werden, außerdem lassen sich Dateien per Drag and Drop unkompliziert verschicken.

Drahtlos zum DruckerFür Januar hat 3Com ein Bluetooth-Zusatzmodul für Drucker angekündigt. Es wird in den Parallel-Port eines beliebigen Druckers gesteckt und ermöglicht es dann anderen, ebenfalls mit der Funktechnik ausgestatten Geräten, Dokumente drahtlos zur Ausgabe auf den Printer zu schicken. (ave)

Die TechnikBluetooth benutzt das lizenzfreie Industrial-Science-Medical-(ISM-)Band mit 2,4 Gigahertz. Fester Bestandteil des Verfahrens sind Verschlüsselungs- und Authentifizierungsmechanismen. Zusammen mit dem zugrunde liegenden Frequenzsprungverfahren (pro Sekunde wird nach einem Schema, das vor der Übertragung ausgehandelt wird, bis zu 1600-mal die Frequenz gewechselt) soll dies für ausreichend Sicherheit und Abhörschutz sorgen. Momentan erlaubt Bluetooth wahlweise asynchronen Datenverkehr mit 721 Kbit/s und 57,6 Kbit/s oder synchronen Betrieb mit 432,6 Kbit/s pro Kanal. Außerdem stehen pro Einheit bis zu drei Sprachkanäle à 64 Kbit/s zur Verfügung.