Zweierlei Dumping

17.06.1988

Wirklich treuherzig, das Statement der EG-Kommission, verbreitet vom Nachrichtendienst VWD: "... die Brüsseler Behörde habe auf niederländische Dumping-Beschwerden beim Computer-Leasing gegen IBM zwar kein formelles Verfahren eröffnet. Sie sei den Vorwürfen aber nachgegangen. . . bestehe kein Anlaß zu der Annahme, daß sich der Konzern an die vor zwei Jahren mit der Kommission getroffenen Vereinbarungen nicht halte. Was folgt, bezieht sich indes, wie unschwer zu erkennen ist, auf die berühmte Abmachung von 1984, in der Big Blue die Offenlegung der Schnittstellen zusagte.

Wer hat da gepennt? Nur die Redaktion der Vereinigten Wirtschaftsdienste? Oder kam der Schmarrn, wenn auch in direkter Rede, wörtlich so von der EG?

Letzterer Eindruck drängt sich leider auf, wenn man die (englische) Original-EG-Mitteilung zu einem ganz anderen Dumping-Verfahren liest, zu dem gegen die Nippon Inc. wg. Matrixprintern nämlich. Da ist die Rede von so seltsamen Firmen wie "Ollivetti", "Phillips Kommunikations", "Mannesman Tally" und "Honeywell Information System", die um Schutz vor der arbeitsplatzvernichtenden Importschwemme billiger Japan-Drucker nachgesucht hätten. Dez Dumping-Spitzenreiter, Fujitsu, verkaufe seine Printer in Japan um bis zu 86 (!) Prozent teurer als in Europa.

Man kann es den hiesigen Vertriebshelfern der "Nippon Inc." kaum verdenken, wenn sie sich zu Unrecht attackiert fühlen, drangt sich doch der Verdacht auf, die Kommission verwende auf die Erhebung der Marktdaten genausoviel Akribie wie auf die Erstellung von Presseerklärungen. Den Japanern muß es wohl so vorkommen, als versuche hier eine Behörde, unter Zuhilfenahme konstruierter Belege ausländische Wettbewerber aus dem Markt zu drängen, indem sie sie zu unmäßigen Preiserhöhungen zwingt (um mehr als ein Drittel). Müssen sich die Anbieter aus dem Land der aufgehenden Sonne nicht erst recht vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn die EG-Kommission der IBM einen Bonus einräumt und einfach unterstellt, sie werde sich schon an die Abmachungen halten (obwohl es Hinweise genug gibt auf einen unfeinen Umgang mit den Leasinggesellschaften)?

Natürlich wollen wir hier nicht auf die Tränendrüse drücken. Die Japaner sind selber Protektionisten genug daß man es ihnen gönnen mag wenn ihnen auch einmal jemand Steine in den Weg legt. Aber wenn man es nicht emotional sieht, sondern kaufmännisch, muß man sich auf die Seite Nippons schlagen: Ohne die Konkurrenz aus dem pazifischen Raum wären viele Geräte sehr viel teurer.

Überhaupt: Was soll das scheinheilige Argument mit den europäischen Arbeitsplätzen, solange einheimische Hersteller unbehelligt ihre "Made-in-Japan"-Ware unter eigenem Logo (und unter dem künstlich erhöhten Preis der Epsons, NECs und Citizens) verkaufen dürfen? Die Euro-Multis sind nämlich von den Strafgebühren nicht betroffen. Von wegen gleiches Recht für alle!

Aber siehe da: Während Deutsche, Italiener, und Holländer unter Berufung auf kaufmännische Sachzwänge die Produktion nach Asien verlagern, bauen die Japaner neue Fabriken in Schottland und Wales. Preistrage: Wessen Produkte sind wohl billiger?