Berliner Kartellamt machte schlechte Erfahrung mit EDV-Dokumentation:

Zuviel Kosten für zuwenig Akten

09.05.1975

BERLIN - Bei der Ermittlung gegen Kartellsünder hat die EDV bisher wenig geholfen - aber wenigstens den Druck der schätzungsweise 500 bis 1000 Bußgeldbescheide in der bisher größten Kartellrechtssache hofft man, dem Computer übertragen zu können. Dr. Hinsken, beim Bundeskartellamt in Berlin Berichterstatter für das Seit 1973 gegen 168 Baufirmen laufende Verfahren wegen Preisabsprachen: "Das war unglücklicherweise meine Idee, die Datenverarbeitung als Dokumentationssystem für die Aktenverwaltung einzusetzen. Es haben sich zwar wichtige Erfahrungen ergeben, die man auswerten müßte - aber wer macht sich schon gern drei Monate zusätzlicher Arbeit?" Hinsken meint heute, daß es mit einigen guten Kanzleikräften schneller geht

Vor zwei Jahren hatten in einer Großaktion mehrere hundert Beamte bei 168 Baufirmen und 4 Verbänden die Büros durchsucht. Gefunden hat man Unterlagen zu etwa 7000 Verdachtsfallen. Beschuldigt werden die Firmen beziehungsweise deren Mitarbeiter, durch unzulässige Absprachen bei öffentlichen Ausschreibungen die Preise hochgehalten zu haben.

Computer als Detektiv

Angesichts des Aktenberges versuchte man den Einsatz der EDV: Informationen der Akten über Firmen, Beschuldigte und Objekte wurde in Zusammenarbeit mit den Rechenzentren des Bundeswirtschaftsministeriums und des Berliner Senats erfaßt. Die laufende Aktualisierung der Daten aufgrund der Ermittlungsergebnisse erwies sich jedoch schon als schwierig und zeitraubend, erst recht deren Verarbeitung. Hinsken: "Nach eineinhalb Jahren bin ich sehr skeptisch. Ein EDV-Dokumentationssystem erfordert so hohe Investitionen, daß mir die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht mehr gewahrt scheint." py