Zusammenarbeit zwischen DV und Fachabteilung sichert Softwarequalität

19.11.1982

Qualitätsaspekte gewinnen bei der Softwareerstellung durch die DV-Fachabteilung immer größere Bedeutung. Nicht nur die Überprüfung der Programme auf sachlogische Korrektheit, sondern auch auf Bedienerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit stehen im Mittelpunkt der Bemühungen um bessere Software. Wie die Anwendererfahrungen zeigen, beginnt die Ausformulierung der Qualitätskriterien bereits bei der Konzeptionierung der Projekte. Eine enge Zusammenarbeit mit der auftraggebenden Fachabteilung steht dabei als Garant für ein gutes Gelingen des Vorhabens. Aber auch im eigentlichen Entwicklungsprozeß ist auf die Sicherung der Qualität Rücksicht zu nehmen. Fehler sind aber trotz bester Vorkehrungen nicht völlig auszumerzen, da der Faktor Mensch letztlich unberechenbar bleibt.

Helmut Carle

Leiter EDV, Fischer-Werke, Tumlingen

Zur Realisierung eines neuen Gebietes über Datenverarbeitung wird in unserem Unternehmen wie folgt verfahren:

- Für das neue Gebiet wird ein Projekt eröffnet.

- Es wird ein Projektteam gebildet, das sich aus Mitarbeitern der Fachabteilungen, der Organisation und der EDV zusammensetzt.

- Dieses Projektteam analysiert den Ist-Zustand und erarbeitet gemeinsam ein Soll-Konzept. Es werden die von den einzelnen Teammitarbeitern zu erbringenden Aktivitäten terminlich festgelegt.

- Das Soll-Konzept wird von der Organisation und der EDV überarbeitet und in einen EDV-lauffähigen Zustand umgesetzt. Das ganze wird mit dem Team abgestimmt.

- Die Organisation erstellt hiervon die Aufgabenstellungen (Pflichtenheft), welche mit den entsprechenden Programmierern abgesprochen werden.

- Von den Programmierern werden die Programme erstellt. Wenn diese Programme fehlerfrei compiliert sind, erfolgen die ersten Einzeltests. Die Testdaten hierfür werden zum Teil von der Organisation geliefert, zum Teil aus Originaldaten von den Programmierern erstellt.

- Wenn die Einzeltests soweit zufriedenstellend verlaufen sind, wird ein zusammenhängender Großtest angesetzt. Dieser wird auf jeden Fall mit Originaldaten durchgeführt, wenn möglich erfolgen ein oder mehrere Parallelläufe. Diese Großtests werden von Organisation und den Fachabteilungen genauestens kontrolliert. Fehler werden korrigiert.

- Nach Freigabe des Programmkomplexes wird zum entsprechenden, wenn möglich dem festgelegten Termin, das Projekt für den echten Einsatz an die EDV übergeben.

- Grundsätzlich wird für ein Projekt eine sogenannte Projektdokumentation erstellt, die aus Pflichtheft basierend auf ET, Ablaufdiagrammen, Umwandlungslisten, Testauswertungen, Platten/Bandbelegung und Operatoranweisungen besteht.

Friedhelm Schulte

Leiter DV, R & G Schmöle Metallwerke, Menden

DV ist Dienstleistung und keine Hexenküche, die ihre Vorstellungen den Fachabteilungen als ihre Leistungen zur Unterstützung der jeweiligen Aufgaben anbietet. Isoliertes Handeln und Aufzwingen von Verfahren haben keine Chance mehr und führen häufig zu inkompatiblen Insellösungen, weil sich die Fachbereiche eigenständig machen und die gemeinsamen Ziele in den Hintergrund rücken. Moderne DV heißt nicht nur Dialogverarbeitung, sondern vorweg bereits Dialog mit den späteren Benutzern. Die mit DV zu lösenden Probleme müssen gemeinsam verwirklicht werden.

Der Fachbereich vermittelt und erklärt das bestehende Verfahren der DV, das heißt also zunächst Zuhören lernen. Dabei ergeben sich bereits Fragen und Vorstellungen für die Verwirklichung. Anschließend erarbeitet die DV ein entsprechendes Konzept und regt die Fachabteilung zu weiteren Informationen an, auch zwischen eventuellen Gesprächsterminen. Bevor die Anwendung in die praktische Verwirklichung geht, wird über die erarbeitete Form oder das Konzept der Realisierung mit der Fachabteilung diskutiert Alle späteren Benutzer sind anwesend und können ihre Vorstellung äußern, denn sie müssen sich mit ihrem System später identifizieren und in der Praxis ein optimales System erreichen können. Es wird außerdem ein Team aus Fachabteilungen und DV gebildet, das permanent Kontakt halt und koordiniert. Beispielsweise werden die Bildschirmmasken feldweise diskutiert und am Bildschirm testhalber vorab zur Verfügung gestellt, ehe die Programmierung beginnt.

Es ergeben sich nicht selten noch Änderungen, nachdem die Tätigkeit mit Bildschirm vorab simuliert wird, weil sich mit dieser praxisnahen Arbeit bessere Vorstellungen für den Benutzer verbinden lassen, zumal wenn der Fachbereich erstmals einsteigt. In Zwischenstufen trifft man sich mit dem gesamten Fachbereich wieder und stellt die Ergebnisse vor, so daß bis zum endgültigen Start alle ihren Beitrag aus ihren Erfahrungen bereitstellen (Druckbilder, Testfälle). Natürlich muß es hier und da auch zu Kompromissen kommen, weil auf fachspezifischen Notwendigkeiten und auf DV-Gesichtspunkten die beste Lösung gefunden werden soll und die angrenzenden Bereiche auch berücksichtigt werden müssen.

Dieser Weg scheint vielleicht aufwendig. Wir haben aus Erfahrungen gelernt und diese Form gewählt. Dadurch gibt es bei der Einführung und in der Praxis nur geringfügige Änderungswünsche und fast uneingeschränkte Aktzeptanz. Die Mitarbeiter sollten es als ihr System bezeichnen und den Eindruck haben, die Einrichtung steht ihnen allein zur Verfügung. Dadurch ergibt sich die Gewähr, daß ein System angenommen wird und vom Fachbereich eine ständige Zusammenarbeit zur Verbesserung und permanenten Pflege die Folge ist. Eine wesentliche Voraussetzung dafür, daß das Werk durch DV auch Interesse bei anderen Abteilungen weckt und verlangt und gefordert wird. Die Vorbehalte bauen sich ab.

Der durch Überzeugung realisierte Lösungsweg läßt die Fachbereiche selbst für Datenverarbeitung werben, die Fachgrenzen verflüssigen sich. Vielleicht auch eine Voraussetzung und ein Weg, das Interesse in den Fachbereichen so zu verstärken, daß Anwendungsgeneratoren für den Endbenutzer eingesetzt werden können. Sicher keine neue Theorie, aber praktisch vielleicht noch zu wenig beachtet.

Klaus-Merten Teuscher

Leiter EDV, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden (Siemens 7.75517.551/7.531)

Die Erfahrungen des Statistischen Bundesamtes der elektronischen Datenverarbeitung reichen bis ins Jahr 1956 zurück. Heute sind im Bereich der Anwendungsprogrammierung 55 Programmierer tätig. Das Programmarchiv des Amtes enthält momentan rund 1500 im Produktionsstadium befindliche Programme, von denen ein großer Teil infolge laufenden Wechsels der Anforderungen einem ständigen Änderungsprozeß unterliegt. Etwa 35 Prozent der Programmierkapazität wird für den Programmpflegedienst eingesetzt.

In diesem Umfeld gilt der Sicherstellung der Qualität der Programme höchste Bedeutung. Daß Qualitätssicherung nicht nur der Intuition des einzelnen Programmierers überlassen werden kann, sondern spezielle Maßnahmen administrativer Art erfordert, wurde schon in der Anfangszeit des EDV-Einsatzes im Statistischen Bundesamt erkannt. Entsprechende Methoden mußten damals - in Ermangelung allgemeingültiger Verfahren - selbst entwickelt werden, sie sind - nach mehrfacher Weiterentwicklung, Ergänzung und Anpassung an geänderte "Umweltbedingungen" - noch heute im Einsatz.

Um die wichtigsten Maßnahmen zu nennen:

- Standardisierte Vorgaben der Fachbereiche für die Programmierung (sogenannte "Regeln zur einheitlichen Spezifikation von Plausibilitätskontrollen und von statistischen Tabellen"),

- Vorschriften über den Einzeltest der erstellten Programme,

- Regeln über den Systemtest, dabei Einbindung des Fachbereichs, der unter anderem Testmaterial vorgibt und die Richtigkeit der Ergebnisse prüft und bescheinigt,

- Vorschriften zur Dokumentation der Verfahren und Programme (manueller und maschineller Datenflußplan, Programmvorgaben, Programmablaufplan, Satzaufbauten, Testmaterial und -ergebnisse, Steuerinformationen),

- Separation der fertigen Programme und deren Dokumentation von der Programmentwicklungsgruppe (erneuter Zugriff nur über speziellen schriftlichen Auftrag),

- Trennung von Programmentwicklung und Produktion,

- Institutionalisierter Fehlermeldedienst.

Folgende Erfahrungen wurden in unserem Hause gemacht:

Insbesondere die Vorschriften über die standardisierten Programmvorgaben durch die Fachbereiche haben sehr zur Versachlichung des Verhältnisses zwischen EDV und den Fachbereichen beigetragen.

Mißverständnisse wurden minimiert, was zu einer substanziellen Steigerung der Softwarequalität führte.

Die Menge der Vorschriften fordert natürlich in der Erstellungsphase der Programme ihren Preis, jedoch kommt die ausführliche Dokumentation dem Änderungsdienst zugute, so daß ein Teil des organisatorischen Mehraufwandes wieder eingespart werden kann.

Fehler in der Software sind aber trotz bester organisatorischer Vorkehrungen nicht völlig auszumerzen, da der Faktor Mensch letztlich unberechenbar bleibt.