Frauen in der IT

Zurückhaltung hilft nicht weiter

26.01.2012
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Berufstätige Frauen halten sich gern im Hintergrund und machen aus ihrer Abneigung gegen starke Hierarchien kein Hehl. Doch wer in der IT die Karriereleiter hinaufklettern will, muss seine Ambitionen kennen und zeigen.
Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
Foto: Diana Kosaric/Fotolia.de

Wenn heute IT-Firmen Personalagenturen beauftragen, geeignete Bewerber zu finden, dann wünschen sich viele Auftraggeber auch Frauen auf der Kandidatenliste. Altruistische Ambitionen treiben die Firmen keineswegs, sondern wirtschaftliche Interessen. Arbeitgeber versprechen sich mehr Effizienz ihrer Fachkräfteteams, höhere Kundenzufriedenheit und ein besseres Betriebsklima. Aber auch aus Imagegründen und um das eigene Ansehen in der öffentlichen Quotendiskussion zu steigern, wollen sie mehr Frauen einstellen.

Immerhin löste die freiwillige Frauenquote der Deutschen Telekom ziemlich viel Wirbel aus und sorgte für Bewegung im Markt. Es wurde diskutiert, lamentiert und vereinzelt auch gehandelt. "Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert", beobachtet Ralica Yancheva von Conargus in München. Die Beraterin sucht für IT-Unternehmen Mitarbeiter für Fach- und Führungspositionen und weiß um die Probleme: "Es gibt oftmals nicht genügend qualifizierte Frauen, egal für welche IT-Position wir suchen."

Wie HP den Frauenanteil steigert

Mancher Konzern geht deshalb dazu über, in den eigenen Reihen nach talentierten Frauen Ausschau zu halten und diese zu fördern. Hewlett Packard leistet sich seit September 2011 eine Diversity Managerin. "Wir haben klare Ziele und wollen, dass jeder Geschäftsbereich seine Verantwortung wahrnimmt", erklärt Eva Faenger. In Deutschland beschäftigt HP rund 10.000 Mitarbeiter, 30 Prozent der Belegschaft sind Frauen. Je nach Geschäftsbereich variiert der Anteil an weiblichen Führungskräften zwischen zehn und 30 Prozent, Ziel sind durchschnittlich 25 Prozent. "Besonders im technisch geprägten Umfeld wie Service und Outsourcing gibt es besonderen Handlungsbedarf", stellt Faenger fest.

Gerade in den aus ihrer Sicht typisch weiblichen Eigenschaften wie Zurückhaltung, Geduld und eine gewisse Leidensfähigkeit sieht die Managerin ein Handicap auf dem Weg nach oben: "Vielen Frauen fällt es schwer, Dinge einzufordern." Auch Hierarchiedenken spiele für viele eine untergeordnete Rolle. "Männer haben klare Karriereziele und machen das auch deutlich", weiß Faenger.

Seit sieben Jahren engagiert sich HP mit einem unternehmensübergreifenden Mentorenprogramm speziell für Frauen, inzwischen gibt es ein weiteres, firmenübergreifendes Netzwerk in der Region Stuttgart. Doch Förderprogramme alleine reichen nicht aus, das ist auch der Diversity-Managerin klar. "Wir haben viele weibliche Talente in der Firma, die wir noch nicht kennen. Deshalb haben wir eine bereichsübergreifende Datenbank aufgebaut", berichtet Faenger. Zeigt das in der Datenbank hinterlegte Profil und die bisherige Berufserfahrung die Zutaten für eine Management-Karriere, möchte HP mit diesen Frauen ins Gespräch kommen: "Wir wollen diese Talente an die Hand nehmen und mit Coachings und Trainings unterstützen, ihre Karriere gezielt anzugehen." Allerdings werde niemand zu seinem Glück gezwungen.

Im 13-köpfigen Topmanagement-Team von Microsoft Deutschland sind schon heute sechs Frauen vertreten, Personalchefin Brigitte Hirl-Höfer gehört ebenfalls der Geschäftsleitung an. "Es ist uns wichtig, Führungspositionen auch mit Frauen zu besetzen", lautet ihr Credo und ergänzt: "Um in einem Führungsgremium Einfluss zu nehmen, reicht es nicht, wenn dort nur eine Frau sitzt." Ihrer Erfahrung nach sollten es mindestens drei sein. Doch auf das Thema Frauenförderung möchte sich Hirl-Höfer keineswegs festlegen. Die HR-Direktorin setzt auf Vielfalt und Chancengleichheit für Männer und Frauen gleichermaßen: "Wir bieten allen an, Beruf und Familie zu vereinbaren." Hier sieht die Managerin auch die Geschäftsleitung in einer Vorbildfunktion: "Wir sind nur glaubwürdig, wenn wir dieses Modell selbst vorleben."

Keine Besprechung nach 16 Uhr

Familienfreundlichkeit wird auch bei Projektron groß geschrieben. Vor elf Jahren in Berlin gegründet, beschäftigt die Firma 60 Mitarbeiter an sieben Standorten in Deutschland und der Schweiz. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt die gleichnamige Projekt-Management-Software. Anscheinend zieht das junge Unternehmen Frauen besonders an, denn rund 45 Prozent der Belegschaft sind weiblich, fünf der neun Führungskräfte ebenfalls. Neben flexiblen Arbeitszeitmodellen finden grundsätzlich keine Besprechungen nach 16 Uhr statt. Die Mitarbeiter können auch während des Tages Familienaufgaben erledigen. So bringt etwa Patricia Rezic, die die Bereiche Controlling und Personal verantwortet, ihr Kind am frühen Nachmittag problemlos zum Kroatisch-Unterricht.

"Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 32 Jahren; viele haben Kinder", erzählt Rezic. 42 Prozent der Belegschaft arbeitet Teilzeit, und zwar genauso viele Männer wie Frauen. "Wir sprechen schon vor der Geburt des Kindes mit den Kollegen, wie sie sich anschließend den Wiedereinstieg vorstellen", sagt Claudia Kedor, Leiterin Marketing. Auch während der Elternzeit bleiben die Mitarbeiter mit den Kollegen in Kontakt und zu den Firmenveranstaltungen bringen die meisten ihre Kinder mit. Wird das Kind eines Mitarbeiters krank, gewährt das Unternehmen bis zu fünf bezahlte Arbeitstage, ohne dass der umständliche Weg mit Attest für die Krankenkasse gewählt werden muss. Auch die Arbeitszeitkonten ermöglichen es, hin und wieder einen Tag Freizeitausgleich zu nehmen.