Zurück zur Basis

29.10.1982

Ruckartig angestiegen ist in den letzten Wochen die Zahl der Managerwechsel bei bundesdeutschen Filialen US-amerikanischer Computerhersteller - eine Folge der veränderten Datenverarbeitungsgewohnheiten vieler Anwender: weniger Neubestellungen, weniger Upgrades und mehr Tuning. Galt die EDV bisher als derjenige Bereich, der seine Investitionsvorhaben bei der Unternehmensleitung am leichtesten durchbekam, stehen auch die Rationalisierer heute unter Kostendruck.

Die baisseartige Entwicklung auf dem hiesigen Computermarkt muß den Oberen der US-Firmen wohl erst klargemacht werden. Den deutschen Statthaltern von Wang, Tandem und Prime, um nur die akuten Fälle zu nennen, ist dieses Kunststück offensichtlich nicht gelungen. Auch wenn's gut geht, neigen US-Executives ja eher zu Übertreibung als zu Understatement.

Bei einigen anderen DV-Anbietern mit US-Basis wird die "Deutsche Krankheit" nicht so deutlich, in Form von Führungskrisen, sichtbar. Die Goldgräberzeiten sind aber auch für Sperry Univac, Burroughs, NCR, Amdahl und NAS vorbei. So verzeichnete die Sperry Corp. im zweiten Quartal 1982/83 einen Ertragseinbruch. Von der Sperry Univac Deutschland weiß man, daß die Kleincomputergeschäfte nicht laufen und sich im Jumbomarkt dunkle Wolken über den Sulzbachern zusammenziehen. Bei den Serie1100-Kunden, die bisher allein das Geld brachten, steht der renommierte Alt-Mainframer gegen die IBM- und Siemens-Phalanx mit dem Rücken zur Wand. Keiner der Großen kann es sich derzeit erlauben, Großkunden an den Wettbewerb zu verlieren. Parkschutz ist das Gebot der Stunde. Von der Branchen-Malaise bleiben nicht einmal die Minicomputerbauer verschont. Data General, Texas Instruments und Perkin-Elmer bieten nicht gerade ein Bild der Stärke. Selbst Minileader Digital Equipment tut sich dem Vernehmen nach schwer zwischen Flensburg und Kiefersfelden.

Ein Wort zu dem "Franko-Amerikaner" Honeywell Bull: Die Franzosen, deren Produkte "drüben" nie so recht ankamen, fahren Verluste ein, die "echten" Honeyweller bewegen Identitätsprobleme. Fragezeichen also hinter den Kontroll- und Regeltechnikern. Präsident Spencer war nie ein Mann, der sich für kommerzielle Rechner erwärmen konnte. Man sucht wohl nur nach einer passenden Gelegenheit, mit Anstand aus der Sache herauszukommen.

Und was ist mit den Japanern? Bei allem Respekt vor den Hardwareleistungen: Die Söhne Nippons wissen nicht, wie sie ihre Maschinen auf dem europäischen Markt absetzen sollen. Die OEM-Abkommen mit Siemens, BASF und Olivetti sind gewiß ernstzunehmende Ansätze, in fremden Regionen Fuß zu fassen. Aber ob es den Japanern tatsächlich gelingt, einen Direktvertrieb in der Bundesrepublik aufzuziehen, wie das von Branchenkundigen vermutet wird, darf aus guten Gründen bezweifelt werden. Es ist kein Geheimnis, daß die Siemens-Datenverarbeiter enorme Probleme hatten - und noch haben -, das Betriebssystem BS3000, eine japanische Entwicklung, in den Griff zu bekommen und einzudeutschen, was für die Anwenderdokumentation unerläßlich ist.

Ist denn gar nichts mehr an seinem Platz im Herstellergefüge? Die IBM, aber wer zweifelte daran? Big Blue tut das einzig Richtige, geht zurück zur Basis. Der Kunde bekommt alles aus einer Hand. Organisationsberatung wird großgeschrieben. Selbstverständlich wird akquiriert. Nur nicht so aufdringlich. Das war schon vor zwanzig Jahren so. Dahin müssen auch die anderen Hersteller zurückfinden, wenn sie überleben wollen.