Dezentrale Auftragserfassung mit tragbaren Terminals:

Zur Fehlerfreiheit ist es ein weiter Weg

02.09.1983

Eine dezentrale Auftragserfassung mit mobilen programmierbaren Terminals realisierte die Heyde & Partner GmbH. Bad Nauheim, für ein Markenartikelunternehmen im Non-food-Bereich. Dabei zeigte sich, daß die Kommunikation zwischen Terminal und Host eine Reihe von Schwierigkeiten bereitete. Dr. Otto Hannibal-Friedrich* beschreibt die Anwendung.

Ziel des Projekts war zum einen eine Rationalisierung des Warenflusses durch Auflösung der über Deutschland verteilten Warendepots und direkter, kurzfristiger Belieferung vom Zentrallager, zum anderen die Verbesserung des Informationsstandes der Vertreter bezüglich Lieferbereitschaft bei der Erfassung der Aufträge beim Kunden.

Die bisherige Formularerfassung mit Postversand an das jeweilige Warendepot sollte abgelöst werden. Wichtig war die Integration dieses Teilprojekts in das neue, integrierte Materialflußsystem des Unternehmens mit Online-Funktionen zur Auftragsabwicklung, lager- und Fertigungssteuerung, Fakturierung, Dispostion, Bestellverwaltung und Basisdatenpflege.

Die Realisierung erfolgte auf der einen Seite mit mobilen Terminals zur eigentlichen Erfassung und Anzeige, die mittels Opto-Kopplung an einen in einen Aktenkoffer integrierten Drucker und Zweiweg-Akustikkoppler anschließbar sind. Zum Empfang der Daten diente eine IBM 4341/Modell 2 mit dem Betriebssystem DOS/VSE und CICS als TP-Monitor. Zwischengeschaltet auf der empfangenden Seite ist ein Receiver, welcher die Daten im Transparent-Mode mit IBM-3780-Protokoll an den Hauptrechner weiter gibt.

Die tragbaren Terminals verfügen über eine 32stellige Flüssigkristall (LCD-)Anzeige und eine alphanumerische Tastatur mit 28 doppelt belegten, programmierbaren Tasten. Eine Reihe von Funktionstasten ermöglichen eine Optimierung des Programmablaufs. Neben dem Mikroprozessor enthält das Terminal einen Speicher von 32 KB, welcher zu etwas mehr als der Hälfte von den Programmen genutzt wird. Eine Backup-Batterie zusätzlich zum eigentlichen Batteriesatz verhindert den Daten- und Programmverlust bei Batteriewechsel.

Relativ komplexe Erfassung

Neben den Programmen zum Senden der Daten und Ausdrucken auf dem kleinen Nadeldrucker ist der wesentliche Teil des Programmpakets im Terminal die relativ komplexe Auftragserfassung. Wesentlich dabei ist die Möglichkeit zur direkten Kommunikation

mit dem Zentralrechner:

Die Auftragsdaten werden nach vollständiger Erfassung mit gewissen, ohne Stammdateien durchführbaren Prüfungen in den Zentralrechner übertragen, dort direkt geprüft und im Fehlerfall mit entsprechendem Fehlersode versehen zurückübertragen. Außerdem kann auch bei Fehlerfreiheit über ein Kennzeichen die Rückübertragung angefordert werden.

Damit stehen dem Vertreter direkt ermittelte Liefertermine, Preise und Zahlungskonditionen zur Verfügung, welche wiederum als Protokoll für den Kunden ausgedruckt werden können.

Neben den Aufträgen hat der Vertreter jederzeit die Möglichkeit aktuelle Verkaufsinformationen aus dem Zentralrechner abzurufen. Zum einen kann er Kurzinformationen (Termine, Bestellnummern oder Mengen) über alle für einen Kunden anstehenden Aufträge abrufen, zum anderen ist es möglich, eine Liste der schwer lieferbaren Teile (Unterschreitung eines Mindestbestandes) mit der noch verfügbaren Restmenge und dem Termin des geplanten Fertigungszuganges abzurufen. Die Aussagefähigkeit der Vertreter in bezug auf das bei diesem Unternehmen besonders kritische Problem der Lieferbereitschaft wird dadurch wesentlich erhöht.

Bei der Auftragserfassung wird der Vertreter mittels Masken durch den Dialog geführt. Die zu erfassenden Daten wurden in vier Gruppen aufgeteilt: kundenspezifische Daten (Auftragskopf), Versandanschrift, Zusatztexte (Kommentare) und Auftragspositionen. Beim Design des Dialogs kam es wesentlich darauf an, die Eingabefelder nach ihrer Priorität anzuordnen, um unnötige Dialogschritte zu vermeiden.

Eingabe nur bei Abweichung

Mittels Funktionstasten können einzelne Felder und, nach Beendigung der Pflichteingabe, der Rest einer Gruppe übersprungen werden. Alle Werte, welche nicht explizit ausgegeben werden, ermittelt der Zentralrechner aus den Stammdaten (beispielsweise Versandort und Versandanschrift), so daß nur bei Abweichungen Eingaben erforderlich sind. Als Besonderheit können bei der Positionserfassung die Daten von einer vorhergehenden Position kopiert werden. Dies führt bei der Struktur der angebotenen Sortimente und dem Kaufverhalten gewisser Zielgruppen (zum Beispiel Kaufhäuser) zu einer wesentlichen Reduzierung des Eingabeaufwandes.

Pufferdatei protokolliert fehlerhafte Aufträge

Blätterfunktionen ermöglichen dem Vertreter Jederzeit auch bei der Erfassung eine Kontrolle und Korrektur der bereits erfaßten Daten und (bei eingebenen Preisen) eine Aussage über den kumulierten Warenwert. Eine Unterbrechung der Erfassung zur Anzeige der schwer lieferbaren Artikel, der anstehenden Aufträge oder zum Ausdruck der Daten ist ebenfalls möglich.

Für das Konzept des Datenempfangs im Zentralrechner war das wichtigste Kriterium die Vermeidung von Datenverlusten. Deshalb besitzt der Datenempfänger neben der Möglichkeit, die Daten direkt in den Zentralrechner weiterzuleiten, auch eine Diskettenstation zur Zwischenspeicherung bei Ausfall der Zentraleinheit. Eine Kommunikation mit dem Terminal ist dabei nicht möglich.

Wird allerdings bei der späteren Weiterverarbeitung der Daten ohne Kontakt zum Terminal die Notwendigkeit einer Rückübertragung festgestellt, so werden diese Daten in einer Pufferdatei zwischengespeichert und dem Terminal beim nächsten Kontakt automatisch nach Empfang der Aufträge zur Verfügung gestellt In dieser Pufferdatei werden auch alle fehlerhaften Aufträge bis zu ihrer endgültigen Korrektur protokolliert, so daß auch bei einem Verlust im Terminal der Datenerhalt gesichert ist.

Zusätzlich bestehen im Zentralrechner Online-Transaktionen und Auswerteprogramme zur Kontrolle und Pflege dieser Datei. Unter anderem können damit die fehlerhaften Aufträge der Vertreter in der Zentrale direkt am Bildschirm korrigiert und zur Weiterverarbeitung freigegeben werden. Wichtig ist auch, daß in dieser Datei die Informationen über schwer lieferbare Teile sendefertig vorliegen, um bei einer Anfrage den zeitaufwendigen Ablauf eines Auswerteprogramms zu vermeiden.

Vorteilhaft bei der Realisierung hat sich die Aufteilung der Programme in systemnahe Empfangsroutinen und davon unabhängige Unterprogramme zur eigentlichen Verarbeitung der Daten erwiesen. Dadurch ist eine identische Verarbeitung der Daten in den unterschiedlichen Empfangssituationen gewährleistet.

Die fehlerfrei übernommenen Aufträge werden direkt in die Auftragsdateien der bereits laufenden Online-Auftragsabwicklung übernommen. Die dabei ermittelte Lagerverfügbarkeit zusammen mit dem gewünschten Liefertermin entscheiden über direkte Lagerbuchungen und das Schreiben von Kommissionierbelegen. Damit wird der übermittelte Auftrag wie ein in der Zentrale online erfaßter Auftrag weiterbehandelt.

Da die Vertreter die Möglichkeit haben, in den erfaßten Aufträgen die über Stammdateien festgelegten Preise und Zahlungskonditionen zu ändern, werden die erfaßten Preise und Konditionen gegen die automatisch ermittelten geprüft und bei Abweichung der Auftrag gekennzeichnet und unter gewissen Kriterien für die weitere Auslieferung vorläufig gesperrt. Eine Kontrollmöglichkeit und Freigabe durch den zentralen Verkauf beziehungsweise die Buchhaltung ist damit gegeben.

Aufwand unterschätzt

Während die Programmierung der Terminals sowie der Anwendungen auf dem Host-Rechner nahezu problemlos abliefen, bereitete die Implementierung der Kommunikation zwischen Terminal und Host eine Reihe von Schwierigkeiten. Die Einhaltung der Übertragungsprotokolle, das Verhalten des Systems bei Leitungszusammenbruch und Restart, die Wahrung der Datenintegrität und die Verfolgung aller Datenoperationen bis zur endgültigen, fehlerfreien Bearbeitung eines Auftrages stellen einen Aufwand dar, der im allgemeinen unterschätzt wird.

* Dr. Otto Hannibal-Friedrich, ist Projektleiter für die Realisierung von Anwendungssystemen mit verteilter Verarbeitung bei Heyde & Partner, Bad Nauheim