Zunehmende Aufgabenintegration bereitet manchem Sorgen Macht die Intel-CPU Hersteller von PC-Komponenten arbeitslos?

10.11.1995

MUENCHEN (CW) - Die Intel Corp. hat ihre naechste Prozessorgeneration vorgestellt, den Pentium Pro. HP, SNI und Intergraph zeigten anlaesslich der Intel-Pressekonferenz erste Rechner. Compaq praesentierte eine Technologiestudie seiner fuer Anfang naechsten Jahres angekuendigten Rechner. Intels neuer Prozessor zeichnet sich neben einer hoeheren Leistungsfaehigkeit vor allem durch die Integration bislang externer Funktionen aus.

Der Pentium Pro sei etwa um den Faktor zwei schneller als der momentan leistungsstaerkste Pentium-Chip, verkuendete Hans Geyer, Intels Vice-President Sales und General Manager Europe. Noch in diesem Jahr will der Prozessorhersteller drei Chipvarianten vertreiben: In Mengen verfuegbar seien intern mit 150 und mit 180 Megahertz getaktete Chips. Ab dem zweiten Quartal 1996 koenne die 200-Megahertz-Version flaechendeckend angeboten werden.

Diese drei Prozessoren besitzen einen 256 KB grossen Sekundaer- Cache, der - charakteristisch fuer den Pentium Pro - mit der eigentlichen CPU auf ein und demselben Modul, aber auf einem eigenen Dye aufgebracht wurde. Im ersten beziehungsweise zweiten Vierteljahr 1996 schiebt Intel dann mit 166 und 200 Megahertz getaktete Modifikationen nach, die einen doppelt so grossen Sekundaer-Cache-Speicher besitzen.

Wie Intel-Geschaeftsfuehrer Guide de Frenes sagte, werde die auf den Pentium Pro folgende naechste Prozessorgeneration bis Ende dieses Jahrzehnts auf sich warten lassen. Hierbei handelt es sich um die gemeinsam mit HP entwickelten "P7"-CPUs in 64-Bit-Technologie.

Zusammen mit der ehedem P6 genannten CPU hob Intel auch einen PCI- Chipsatz aus der Taufe, der in zwei Varianten fuer Server und fuer Tisch-PCs ausgelegt ist.

Der Pentium Pro weist Eigenschaften auf, die fuer Anbieter von PC- Subkomponenten nicht besonders erfreulich sein duerften. Verstaerkt widmet sich Intel naemlich dem Thema Integration. Von der Pentium- Variante "P55C" entliehen, die erst noch vorgestellt wird, sind beispielsweise Multimedia-typische Algorithmen. Hierzu gehoeren etwa bereits in die CPU integrierte Befehle zur Komprimierung und Dekomprimierung von Daten nach dem MPEG-Standard.

Im Pentium Pro steckt die Logik fuer SMP-Systeme

Je haeufiger Applikationen mit aufwendigen Video- oder Audiosequenzen bestueckt sind, desto wichtiger wird die Faehigkeit, solche Massendaten schnell auf leicht verdauliche Groessenordnungen eindampfen zu koennen. Heutige Spitzenprozessoren seien so leistungsfaehig, sagte Geyer, dass man diese Aufgaben nicht mehr Spezialchips ueberlassen muesse.

Was logisch klingt, kaschiert allerdings eine Tatsache: Intel- Prozessoren erledigen immer mehr Aufgaben, die bislang von externen Komponenten uebernommen wurden. Dies duerfte ueber kurz oder lang vor allem den Produzenten von Multimedia-, Audio-, Video- und Kommunikationskarten zum Verhaengnis werden. Doch auch Telefon- und Telekonferenz-Funktionen - letztere ein besonderes Steckenpferd von Intel-Chef Andy Grove - verleibt der Chipgigant seinen Prozessoren per Software ein.

Rechnerhersteller wird diese Entwicklung ebenfalls nicht gerade euphorisch stimmen. Liefert Intel mit der CPU praktisch ein komplettes System im System, bleibt Hardware-Anbietern nicht mehr viel Raum, an ihrem PC-Design zu feilen. Mit sogenannten Value- add-Komponenten wie Sound- oder Faxkarten schufen sie zumindest ansatzweise noch Differenzierungsmerkmale fuer ihre Rechner.

In Zukunft, so glauben viele Marktbeobachter, diktiert nur noch Intel, welche Innereien sich - da zunehmend im Systemprozessor integriert - in einem PC befinden.

Das zeigt auch die Konstruktion des Pentium Pro. Auf diesem baute Intel die gesamte Logik ein, die fuer ein SMP-System (SMP = Symmetric Multiprocessing) noetig ist: die Multiprocessing-Logik, Sekundaer-Cache- und Bus-Controller, den Cache-Speicher selbst sowie den proprietaeren SMP-System-Bus. Auf dieser Basis lassen sich Rechner mit bis zu vier CPUs entwerfen, typischerweise also Abteilungs-Server unter NT oder einem Unix-Derivat. Einem Marktsegment mithin, dass sich zunehmender Resonanz bei Anwendern erfreut.

Zwar wiegelt Intel-Manager Geyer ab: So sei etwa auch das Geschaeft mit kompletten Systemplatinen nur "Peanuts", generiere kein Volumen. Allein das Beispiel der PCI-Chipsets zeigt aber, dass Intel sehr wohl in der Lage ist, selbstentwickelte, leistungssteigernde Komponenten als Standard am Markt zu etablieren.

Mit der zunehmenden Verdichtung von Aufgaben auf der Zentral-CPU duerfte sich der Quasi-Monopolist am Prozessormarkt eine beruhigende Altersversorgung zusammenstellen.