MWC

Zukunft der Mobilfunk-Welt nimmt in Barcelona Gestalt an

19.02.2009
Etwas Großes ist im Gange in der Mobilfunk-Branche. Es dürfte noch einige Jahre dauern, bis der Wandel im Alltag der Menschen ankommen ist, doch die Konturen der Zukunft zeichneten sich auf dem Mobile World Congress in Barcelona bereits ab.

Allgegenwärtige ultra-schnelle drahtlose Datennetze, Handys als Multifunktions-Zentralen für alles, unzählige Geräte, die über Funk miteinander kommunizieren, neue Dienstleistungen und Angebote.

Für die Mobilfunk-Branche ist dagegen bereits jetzt klar, dass die neuen unsichtbaren Daten-Pipelines ihre bisherigen Geschäftsmodelle komplett umschmeißen. "Die Frage ist, wer womit in Zukunft Geld verdienen wird", brachte es in Barcelona der Chef des australischen Mobilfunk-Anbieters Telstra, Sol Trujillo, auf den Punkt.

Denn die Netzbetreiber müssen aufpassen, dass ihnen angesichts des explodierenden Datenverkehrs die Kosten nicht über den Kopf wachsen. "Die Kosten für die Unterstützung mobiler Breitbanddienste steigen mindestens genauso schnell wie die Umsätze", warnt der Kommunikationsexperte der Strategieberatung Accenture, Jin Lee. T-Mobile-Chef Hamid Akhavan räumte in Barcelona ein: "Wir werden uns über die Kostenstrukturen sicher Gedanken machen müssen."

Ein LTE-Testfahrzeug (von T-Mobile)
Ein LTE-Testfahrzeug (von T-Mobile)
Foto: Telekom AG

Die Hoffnung für die Branche ist der neue Übertragungsstandard LTE (Long Term Evolution), der auf dem heutigen UMTS aufsetzt und Übertragungsgeschwindigkeiten von mehr als 100 Megabit pro Sekunde ermöglichen soll - wesentlich mehr als die schnellsten DSL-Leitungen heute bieten. Vor allem aber: LTE soll die künftigen riesigen Datenmengen auch besser als heutige Netze umschlagen (ist aber dafür auch nicht Voice-tauglich, Ausnahme VoIP natürlich). Erste Netze sollen im kommenden Jahr starten, bis 2013 soll sich die neue Netzgeneration ausgebreitet haben.

Auch die Vision der Branche für das Handy der Zukunft ist in diesem Jahr ausgereift: Ein Mini-Computer, der mit verschiedensten Programmen und Diensten bestückt werden kann. Unter anderem die beiden Schwergewichte Nokia und Microsoft sprangen in Barcelona auf den Zug auf und kündigten eigene Software-Marktplätze an. Damit kann der US-Computerkonzern Apple sich endgültig ins Stammbuch schreiben, die Mobilfunk-Industrie revolutioniert zu haben: Nicht nur die Software-Plattformen erinnern stark an den "App Store" des Mac-Herstellers, auch viele neue Touchscreen-Handys wirken wie Verwandte seines iPhone-Handys.

Derzeit irgendwie das Maß aller Dinge: Apple und sein iPhone
Derzeit irgendwie das Maß aller Dinge: Apple und sein iPhone
Foto: Apple

Trotz Apples Vorreiterrolle wird der spät aufgewachte Handy-Branchenprimus Nokia als ein Favorit gehandelt, der mit hohen Marktanteilen immerhin einen Großteil der potenziellen Kunden erreicht. So will der Anbieter von Internet-Telefonie Skype in Zukunft mit den Finnen zusammenarbeiten. Und Marktforscher sagen eine große Zukunft voraus: Bis 2014 werden 50 Prozent aller Mobilfunk-Kunden regelmäßig Instant Messaging auf ihrem Handy nutzen, prognostizieren die Forscher von Gartner. Auch für soziale Netzwerke wie MySpace und Facebook werden große Erfolgschancen auf dem Handy versprochen. Im Jahr 2012 sollen 600 Millionen Menschen die Online-Netzwerke von ihren Mobiltelefonen aus ansteuern - im Vergleich zu nur 14 Millionen vor zwei Jahren.

Anwendungen für mobiles Internet schießen mit den neuen Plattformen wie Pilze aus dem Boden. Damit entsteht in der Mobilfunk-Branche eine weitere Kraft: Die Software-Entwickler. Der aktuelle Wettbewerb der verschiedenen Plattformen könnte dabei mit der Zeit an Bedeutung verlieren: "Das Internet wird die Plattform sein", prognostizierte in Barcelona Googles Vice President Vic Gundotra.

Für die bisherigen Platzhirsche sind die bunten Anwendungen auf jeden Fall eine Herausforderung: Denn die Betreiber können bislang allenfalls einen Teil der durch die schöne neue Handy-Welt generierten Umsätze abgreifen, eigene Plattformen sind - bislang zumindest - nicht geplant. Nach Meinung von Experten müssen die Mobilfunk-Anbieter aufpassen, dass sie nicht zur bloßen Datenröhre für Apple, Nokia, Google und Co. werden. (dpa/tc)