Hasta la vista, Homo sapiens

Zukunft der Arbeit

14.03.2016
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Glaubenskriege

Genau hier gehen die Glaubenskriege los. Volle Fahrt aufgenommen hatte die Diskussion 2013 mit der Studie "The Future of Employment" von Michael Osborne und Carl Frey. Das Bild, das die beiden in Oxford tätigen Wissenschaftler zeichneten, war einigermaßen düster: Sie hatten, bezogen auf die USA, 702 Berufsfelder untersucht und sich gefragt, wie gefährdet diese durch den Einsatz automatisierter Systeme, Roboter etc. sein würden. Nach Osborne und Frey werden 47 Prozent der amerikanischen Arbeitsplätze in den kommenden 20 Jahren verschwinden.

Als wäre das nicht schon schwarz genug gemalt, prognostizierten die Wissenschaftler, dass, anders als bei den bisherigen Entwicklungsschüben, dieses Mal nicht nur Geringqualifizierte um ihre Jobs fürchten müssen. Tatsächlich könne sich kaum mehr eine Berufsgruppe sicher fühlen.

Deutschland, du hast es nicht besser

Natürlich kam hierzulande die Frage auf, ob ein ähnlicher Arbeitsplatzabbau auch in Deutschland zu befürchten sei. Diese Frage bejahte eine Gruppe von Wissenschaftlern um den Ökonomen Holger Bonin vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. Ihre Untersuchung besagt, dass 42 Prozent der Beschäftigten in Deutschland einer Arbeit nachgehen, die sich mit großer Wahrscheinlichkeit im Zeitrahmen von 20 Jahren digitalisieren oder automatisieren lässt.

Aufsehen erregte auch eine Untersuchung, die anlässlich des World Economic Forum (WEF) von Davos 2016 publiziert wurde. Darin heißt es, dass durch die Digitalisierung und den Einsatz von Robotern bis zum Jahr 2020 sieben Millionen Arbeitsplätze weltweit überflüssig werden. Dem ständen lediglich zwei Millionen neu geschaffene Jobs gegenüber. Im Saldo fallen nach dieser Berechnung fünf Millionen Arbeitsplätze in den Industrieländern weg. Die Untersuchung basiert auf der Befragung von Topmanagern in den 350 größten Unternehmen der Welt.

Auch die WEF-Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass es nicht nur die Arbeiter in Fabriken sind, die von dem Aderlass betroffen sein werden. Treffen werde es auch "Weiße-Kragen"-Jobs.

Auf der Sonnenseite: MINT

Wenig überraschend stehen laut WEF-Untersuchung vor allem die Spezialisten aus den MINT-Berufen auf der Sonnenseite. Hierunter fallen Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker. Vor allem aus diesem Kreis rekrutieren sich die zwei Millionen entstehenden Jobs. Insgesamt aber "gibt es mehr Branchen, die Arbeitsplätze verlieren, als Branchen, die Arbeitsplätze schaffen", warnt der Harvard-Ökonom Lawrence Summers.

Entscheidungen müssen jetzt her

2014 hatten Erik Brynjolf­sson und sein Kollege Andrew McAfee vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in ihrem Buch "The Second Machine Age" festgestellt: "Es kommt eine Zeit, in der das, was war, nicht länger ein verlässlicher Leitfaden ist für das, was kommt." Die beiden halten sowohl die Gefahr einer Massenarbeitslosigkeit als auch die Schaffung zahlreicher neuer Jobs für möglich. Wie am Ende das Pendel ausschlagen wird, hängt demnach maßgeblich davon ab, ob Politiker, Unternehmer und Arbeitnehmer jetzt die richtungsweisenden Entscheidungen treffen.