Schwacher Aktienkurs verhinderte jedoch großen CRM-Deal

Zukäufe bringen die Plaut-Gruppe im E-Business voran

02.03.2001
MÜNCHEN - An der IT-Beratungsfront brodelt es. Der Absturz zahlreicher Dotcoms, aber auch jede Menge gescheiterter E-Business-Projekte haben etablierte Consultants und Internet-Agenturen gleichermaßen in die Kritik gebracht. Bei der Beratungsgruppe Plaut bleibt man indes gelassen. Die Münchner sehen sich bei der nötigen Zusammenführung neuer und alter IT-Prozesse an vorderster Front. Von Beate Kneuse*

Katzenjammer hat sich in Deutschland breit gemacht. Der Internet-Hype ist wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen, jetzt lecken alle Betroffenen erst einmal ihre Wunden. Zu viele Startups gingen zuletzt pleite, zu viele E-Projekte in etablierten Unternehmen wurden aus Kostengründen abgebrochen oder - falls schon angelaufen - wieder beendet, weil ihr Erfolg ausblieb oder sie sich im Betrieb als zu komplex erwiesen haben. Horst Ziegler, designiertes Vorstandsmitglied der Plaut AG, hält das Ausmaß der eingesetzten Ernüchterung zwar für übertrieben, letztlich aber sei sie auch ein Segen für die Branche: "Dadurch kommen wir langsam auf den Boden der Tatsachen zurück, und die klassische Betriebswirtschaft, die in der E-Business-Euphorie zuletzt oft unterging, rückt wieder in den Vordergrund."

Für die Internet-Startups heißt das Zauberwort somit vorerst nicht mehr "Speed", sondern "Profit". Old-Economy-Unternehmen wiederum haben begriffen, dass sie E-Business-Projekte auf Effektivität und Wirtschaftlichkeit hin überprüfen müssen, bevor sie in Angriff genommen werden. "Im Gegensatz zu den letzten Jahren setzt heute kein etabliertes Unternehmen mehr solche Projekte auf, nur um im Trend zu sein", konstatiert Plaut-Vorstandschef Erich Lebeiner. Im Mittelpunkt stehe die sinnvolle Strategie und der Return on Investment. Bei der Realisierung wiederum liegr das Hauptaugenmerk auf der Integration der neuen mit den alten Prozessen - eine Herausforderung nicht nur für die Anwender, sondern auch für die klassischen IT-Consultants und die noch jungen Internet-Agenturen. Plaut-Manager Ziegler: "Im Rahmen des Internet-Hype wurde viel zu sehr auf die neuen Prozesse geschaut, weil viele dem Irrglauben aufsaßen, mit der Web-Technik laufe der Rest automatisch. Tatsächlich aber gilt es, die von den Startups gepuschten neuen Technologien mit den betriebswirtschaftlichen und logistischen Prozessen der Old Economy zusammenzubringen."

Hier wittern die Münchner Consultants Morgenluft. "Wir sind im ERP-Umfeld groß geworden. Wer wie wir weiß, wie man Geschäftsprozesse optimiert, wie man integrierte Prozesse abwickelt und implementiert, weiß auch, wie das im Internet funktioniert", gibt Ziegler selbstbewusst zu Protokoll. Doch auch den Plaut-Spezialisten ist das Wissen rund um das E-Business keineswegs in den Schoß gefallen. Erst im vergangenen Jahr hatte Plaut-Lenker Lebeiner - bedingt durch eine aufgrund des Börsengangs Ende 1999 prall gefüllte Kriegskasse - angekündigt, über Zukäufe gezielt Know-how in den Bereichen E-Business und Customer-Relationship-Management (CRM) an Bord zu holen. Geschehen sollte dies speziell durch die Übernahme einschlägiger US-Firmen, um dort eine flächendeckendere Präzenz zu erreichen.

Die Münchner gingen auch tatsächlich in den Vereinigten Staaten auf Einkaufstour und erwarben mit der Lara Consulting Group einen Spezialisten in Sachen Design und Management komplexer Websites. Gleichzeitig wurden mit der Sigma Inc., einem Exklusiv-Vertriebspartner der SAP AG im Südosten der USA sowie mit der J.J. Croney & Associates, einen Anbieter von ASP- und E-Business-Lösungen für die Freizeit- und Tourismusbranche, zwei weitere Firmen übernommen. Doch der angekündigte "große Wurf" im US-amerikanischen CRM-Markt misslang. Grund: der auch bei Plaut rapide gefallene Aktienkurs, der einen Merger via Aktientausch unmöglich machte. Anfang Februar wurde deshalb eine angeblich bereits unterschriftsreife Akquisition wieder abgeblasen.

Für das laufende Jahr hat aber Plaut-Chef Lebeiner diesbezügliche Hoffnungen nicht aufgegeben und will eine "vergleichbare Company zu einem für unsere Shareholder vernünftigen Preis" erwerben. Zumal die Ziele für das US-Geschäft hoch gesteckt sind. Derzeit steuern die Aktivitäten in den USA und Kanada rund 28 Prozent zum Gesamtumsatz von Plaut bei. Für 2001 sehen die Planungen für die USA bereits höhere Einnahmen als im Heimatmarkt Deutschland vor.

Immerhin hat die Betonung der E-Business-Kompetenz bereits im vergangenen Jahr erste Spuren in der Umsatzstruktur hinterlassen. Vorläufigen Zahlen zufolge beliefen sich die Einnahmen der Plaut-Gruppe auf 295 (Vorjahr: 229,8) Millionen Euro. Dazu steuerte der Bereich E-Business inklusive Front-Office-Lösungen 15 Prozent bei. Der Rest entfiel auf das Segment Back-Office (63 Prozent), IT-Consulting/Services (20 Prozent) und die Strategie-Beratung (zwei Prozent). Verbessert hat sich auch die Ertragssituation. Beim Gewinn vor Steuern und Zinsen, der sich 1999 mit 11 000 Euro mehr oder weniger auf dem Niveau einer "Schwarzen Null" bewegt hatte, schlagen für das Jahr 2000 rund 15 Millionen Euro zu Buche. Noch keine konkreten Angaben macht Vorstandschef Lebeiner zum Nettoergebnis. Man werde aber einen ordentlichen Gewinn ausweisen, versichert er. Dennoch sei er mit der Ertragsentwicklung keineswegs zufrieden. Dies liege vor allem an den hohen Investitionen, die Plaut einmal mehr für den Aufbau von Ländergesellschaften habe aufbringen müssen. Im zurückliegenden Jahr wurden Niederlassungen in Kanada, Australien, Spanien, Rumänien, der Slowakei und der Ukraine gegründet. Insgesamt ist Plaut nun in 19 Ländern vertreten.

*Beate Kneuse ist freie Journalistin in München

Abb: Plaut-Umsatzstruktur

Noch steuern die Projekte im traditionellen Back-Office den Löwenanteil zum Plaut-Umsatz bei. Quelle: Plaut AG