Zugewinn an Flexibilitaet und Mobilitaet im Warenhaus Continent nutzt Funk-LANs zur Echtzeitverarbeitung von Daten

13.10.1995

Produktivitaetssteigerung ist die vornehmliche Triebfeder fuer den Einsatz neuer Technologien. Fuer drahtlose Uebertragungstechniken sind daher Warenhaeuser ein dankbarer Einsatzort. Disposition und Inventarisierung, aber auch die Warenauszeichnung lassen sich mit Hilfe von Wireless LANs ohne Medienbruch, also ohne den Umweg ueber zunaechst auf Papier geschriebene Abrechnungen, Auftraege, Belege oder aehnliches, erledigen. Thylo Redweik* hat ein solches System in leitender Funktion eingefuehrt und berichtet ueber seine Erfahrungen.

In den USA ist er schon lange Realitaet - der sogenannte "Wireless Store". Waehrend Handelsketten wie Wal*Mart in ueber 2500 Einzelhandelsfilialen oder Woolworth schon vor Jahren in die drahtlose Datenkommunikation in ihren Filialen investiert haben, setzt sich diese Entwicklung nun auch zunehmend in Europa durch: Datenuebertragung per Funk in Echtzeit.

Forderungen an das Funknetzwerk

Ausgangspunkt ist die Zulassung europaweiter Hochgeschwindigkeits- Funknetze, die die Moeglichkeit bieten, mit hoechster Flexibilitaet und Mobilitaet Aufgaben in den Filialen des Handels bei der Erprobung, der Preispruefung am Regal, der Disposition oder der Erfassung von Wareneingaengen zu erfuellen. Diese Logistikfunktionen koennen nun auch realtime zum Marktrechner, auf dem die Applikationssoftware laeuft, umgesetzt werden. Neben tragbaren Handcomputern zur mobilen Datenerfassung lassen sich Point-of- Sales-(POS-)Systeme, Waagen oder auch die Hardware Dritter ueber Funk ansteuern. Eine Anwendungsprogrammierung auf den einzelnen Geraeten ist nicht mehr unbedingt erforderlich, wie das nachstehend vorgestellte Einsatzbeispiel aus den SB-Warenhaeusern der Continent-Filialen zeigt.

Die Continent-SB-Warenhaeuser gehoeren zum Promohypermarkt-Konzern, einer deutschen Tochter der franzoesischen Handelsgruppe Promodes. Seit Beginn der Einfuehrung kabelloser Datenfunktechnik im Mai 1994 sind bis heute mehr als zehn der ueber 40 grossflaechigen Filialen mit Spread-Spectrum-Funktechnologie im Frequenzbereich 2,4 Gigahertz ausgestattet. Die Einfuehrung dieser Technologie wird bis Ende 1996 in allen Filialen abgeschlossen sein.

Nach intensiver Untersuchung der am Markt vorhandenen Systemanbieter erhielt Telxon den Zuschlag zur gesamten Ausruestung und Abwicklung des Projekts. Dabei haben letztlich die vorhandene Kompetenz im Handel, die Erfahrung in diesen Netzwerken in den USA sowie die hohe Flexibilitaet den Ausschlag fuer diese Entscheidung gegeben. Die eingesetzte Funktechnik basiert auf dem Spread- Spectrum-Netzwerk "Dataspan 2000", das ueber ein Gateway- Controller-System direkt mit dem Filialrechner AS/400 verbunden ist. Die Realtime-Informationsuebertragung vom Ort der Datenentstehung (Beispiel: Regalplatz) zum Zentralrechner ersetzt die bisher ueblichen Verfahren der stapelweisen Verarbeitung von Informationen (Batch processing).

Bei diesem Verfahren wurden die Daten auf dem mobilen Terminal erfasst und beispielsweise nach Tagesende dem Filialrechner zur Weiterverarbeitung ueberspielt. Die Hauptnachteile dieses Verfahrens waren die fehlende Informationsaktualitaet fuer Entscheidungsprozesse und die erheblichen personellen Aufwendungen bei Software-Aenderungen auf jedem einzelnen Terminal. Daher wurden folgende Forderungen an das zu implementierende Funknetzwerk definiert:

Das neu zu installierende System sollte ein Hoechstmass an Mobilitaet und Flexibilitaet durch die entfallende Verkabelung bieten und mit Hilfe von Roaming-Funktionen die uneingeschraenkte Bewegungsfreiheit fuer des Bedienungspersonal gewaehrleisten. Die Flexibilitaet des Systems musste zudem die schnelle Umsetzung von funktionalen Erweiterungen wie beispielsweise zusaetzliche Sonderverkaufsflaechen im Freien ermoeglichen. Eine weitere wesentliche Forderung war die Befaehigung zur Echtzeitverarbeitung der Daten, die eine permanente Informationsaktualitaet sowie einen durchgehend aktuellen und transparenten Bestand ueber vorhandene Waren garantiert. Vorhandene Waagen und POS-Systeme mussten in das drahtlose System eingebunden werden. Um administrative Verpflichtungen zu minimieren, sollte das Netzwerk ohne individuelle Zulassung oder Einzelgenehmigung betrieben werden koennen. Letztlich fiel die Wahl aufgrund der Anforderungen an ein drahtloses System auf Dataspan 2000 zum Aufbau einer mobilen Netzwerkarchitektur.

Mitarbeiter lieferten viele Verbesserungsvorschlaege

In einem ersten Pilotprojekt wurde das Telxon-Netz in der Continent-Filiale Bad Kreuznach installiert. Um eine vollstaendige Abdeckung der dortigen grossflaechigen Filiale sicherzustellen, wurden Lager- und Rampenbereiche sowie die gesamte Verkaufsflaeche zunaechst einer Funkausleuchtung unterzogen. Entsprechend der ermittelten Werte wurden an den als optimal erkannten Positionen mehrere Access Points eingerichtet, die den Datenfunk als "Mittler" zwischen dem knappen Dutzend mobiler Handcomputer der Telxon-Baureihe "PTC-960XDS" und dem Filialrechner aufrechterhalten. Die Mitarbeiter der Filiale koennen somit von jeder Stelle aus direkt mit dem Filialrechner kommunizieren. Alle Anwendungen fuer die mobilen Endgeraete laufen auf der AS/400, deren IBM-Netzwerk-Protokollstandard SNA vom Gateway-Controller-System der Dataspan-2000-Installation unterstuetzt wird und die kabellos eingebundenen Endgeraete als Host-Terminal erscheinen laesst. Neben den Datenerfassungsgeraeten kommen auch mobile Thermotransferdrucker zum Einsatz, beispielsweise fuer den Nachdruck beschaedigter Regaletiketten oder die Erstellung von Leit-Etiketten.

Zunaechst kam die Funktechnik im Wareneingang bei der Artikelverprobung und bei der Preispruefung am Regal zum Einsatz. Die Akzeptanz der neuen Technik durch die Mitarbeiter zeigte sich besonders in der grossen Zahl von Ideen und Verbesserungsvorschlaegen, die in den folgenden Installationen umgesetzt wurden. So ist es heute selbstverstaendlich, etwa neue Regaletiketten direkt mit dem mobilen akkubetriebenen Drucker am Regal in der richtigen Groesse herzustellen oder anhand der tatsaechlichen Abverkaufsdaten direkt am Regal online zu disponieren.

Im Vergleich mit den heute noch teilweise ueblichen Batch- Anwendungen bringt die Online-Datenfunktechnik fuer Promohypermarkt erhebliche Vorteile, die besonders in der hohen Flexibilitaet der Anwendungen und im hohen Aktualitaetsgrad der gewonnenen Informationen liegen. So ist es bei Software-Aenderungen nicht mehr erforderlich, jedes einzelne mobile Endgeraet individuell auf den neuesten Stand zu bringen. Eine neue Software wird einmal zentral in der Sulzbacher Firmenzentrale erstellt, getestet und dann per Datenfernuebertragung in alle angeschlossenen Filialen geschickt. Parallel hierzu wird ein entsprechender Bedienerhinweis erstellt, so dass in allen Filialen zur gleichen Zeit der gleiche Stand der Technik verfuegbar ist. Ebenso gibt es mit der Funktechnik keine Kapazitaetsprobleme mehr, da via tragbaren Handcomputer direkt auf den Plattenspeicher der AS/400 zugegriffen wird.

Die positiven Erfahrungen mit der mobilen Netzwerkarchitektur auf der Basis eines Spread-Spectrum-Funksystems waren schon kurz nach Einfuehrung in den ersten Continent-Filialen technisch und wirtschaftlich so ueberzeugend, dass die Entscheidung getroffen wurde, bis Ende 1996 alle Filialen damit auszuruesten. Allein fuer Deutschland bedeutet dies pro Monat im Schnitt die Installation eines Datenfunknetzwerks in mindestens einer weiteren Betriebsstaette. Aufgrund der positiven Erfahrungen in Deutschland hat sich kuerzlich auch die portugiesische Promodes- Tochtergesellschaft fuer die Dataspan-Funktechnologie von Telxon entschieden. Bei weiteren Landesgesellschaften stehen entsprechende Einfuehrungen unmittelbar vor der Entscheidung - beides ein Indiz fuer den gerade in europaeischen Handelsbetrieben steigenden Bedarf an permanent abrufbaren und damit aktuellen Daten und Informationen.

Aber auch im Inland gibt es weitere Einsatzpotentiale im Handel fuer die Datenkommunikation in Funknetzwerken. Um die Wirtschaftlichkeit kuenftig noch zu erhoehen, sollen in den naechsten Monaten weitere Einsatzbereiche fuer die Funktechnik erschlossen werden. Hierzu gehoeren mobile Kundenverprobungsplaetze und Funkkassen fuer Sonderverkaeufe.

Die zeitnahe und mobile Verfuegbarkeit aller unternehmensrelevanten Daten stellt heute gerade im Einzelhandel einen wichtigen Wettbewerbsfaktor dar. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten muss sich diese permanente Informationsaktualitaet kostenguenstig und fehlerfrei erreichen lassen. Dies gilt zum Beispiel fuer logistische Prozesse aller Art, in denen sich die mobile Informationslogistik mit entsprechenden Geraeten und "wireless Networks" immer mehr durchsetzt. Mobilitaet, Flexibilitaet und einfache Installation der Hard- und Software sind daher Kernanforderungen, denen moderne Netzwerke wie Dataspan 2000 gerecht werden muessen.

*Thylo Redweik ist zustaendiger Leiter Informationsmanagement bei Promohypermarkt in Sulzbach/Taunus.