Virtuelle Fotos nicht gefragt

Zing.com schließt seine Website

29.06.2001
MÜNCHEN (CW) - Die digitale Fotografie bescherte dem Internet virtuelle Fotoalben, in denen User gegen Gebühr ihre Urlaubsschnappschüsse eintragen und abrufen können. Doch das Konzept zieht nicht: Zing.com ist das jüngste Opfer einer anhaltenden Pleitewelle in diesem Geschäft.

Das Unternehmen wird aufgrund zu hoher Kosten seine Website (www.zing.com) zum 2. Juli 2001 komplett schließen. In Zukunft will sich die Firma auf den Verkauf von Infrastruktur-Anwendungen konzentrieren. In den kommenden Wochen sollen zehn bis 15 der derzeit 56 Mitarbeiter entlassen werden.

Bilder wurden nicht zu GeldEs ist Zing.com laut CEO Gregory Kelley "nicht gelungen, Bilder zu Geld zu machen". Alloy Ventures und Kleiner Perkins hatten als führende Kapitalgesellschaften dem Unternehmen zu Mitteln in Höhe von 53 Millionen Dollar verholfen. Das reichte jedoch nicht, um die Site kommerziell am Leben zu erhalten. Die Website, auf denen nur 350 000 der insgesamt vier Millionen eingetragenen Mitglieder Fotoalben einrichteten, beanspruchte nach Angaben von Zing.com jedoch "ungefähr 85 bis 90 Prozent der Mittel".

Die schlechten Nachrichten von Zing.com überraschen nicht. Im Februar hatte eine Umfrage der Bostoner Infotrends Research Group ergeben, dass die meisten User mit der neuen Technik lediglich experimentieren. So hatten 15 Prozent der Befragten ihre Fotos durch einen virtuellen Service bearbeiten lassen und 35 Prozent die Alben von Bekannten eingesehen. Die meisten mussten jedoch nichts zahlen, da sie spezielle Angebote nutzen konnten. Der Gewinn pro User der einschlägigen Anbieter blieb entsprechend gering.

Infotrends schraubte daher im Mai eine frühere Prognose zurück und sagte nun statt eines weltweiten Wachstums der digitalen Fotoshops auf ein Volumen von 4,4 Milliarden Dollar bis 2005 nur noch eine Steigerung auf rund zwei Milliarden Dollar voraus. Viele Foto-Websites haben inzwischen ihre Strategie geändert, kooperieren mit größeren Partnern oder wurden aufgekauft wie Ofoto von Eastman Kodak.