Zieht sich die Schlinge um Bill Gates zu? US-Kartellamt und Konkurrenten von Microsoft treten nun in Aktion

18.12.1992

MÜNCHEN (jm) - Anwälte der US-Kartellamtsbehörde Federal Trade Commission (FTC), die gegen die Microsoft Corp. seit Sommer 1990 ermitteln, haben jetzt vorgeschlagen, gegen die Gates-Company eine einstweilige Verfügung zu erwirken.

Die Wirtschaftszeitung "Wall Street Journal" zitiert in einem Artikel ihrer US-Ausgabe vom 11. Dezember 1992 dein amerikanischen Newsletter "FTC: Watch": Danach haben die FTC-Anwälte einen 250 Seiten starken Report an ihre Vorgesetzten übergeben, in dem sie unter anderem die Einlegung dieses Rechtsmittels empfehlen, um gewisse Vertriebs- beziehungsweise Lizenzierungspraktiken des Quasi-Monopolisten bei PC-Betriebssystemen zu unterbinden. Die Kartellamts-Anwälte sollen sich dieser Quelle zufolge der Meinung von Mitwettbewerbern angeschlossen haben, die schon seit längerem behaupten die Microsoft-Vertriebsabteilung unternehme geradezu

"Raubzüge" im DV-Markt.

Microsoft habe, so die Kritiker, etwa mit Großkunden besondere Vereinbarungen getroffen, wonach diese nicht nur das Betriebssystem, sondern auch Microsoft-Applikationen im Bündel zu Sonderkonditionen vertreiben Können. Auch hätten die Marketiers aus Redmond im US-Bundesstaat Oregon versucht, Microsoft-Software zu Dumping-Preisen auf den Markt zu werfen und damit Wettbewerber auszubremsen.

Ergebnis: Rivalen wie Quarterdeck Office Systems würden sich aus dem Wettbewerb für PC-Betriebssysteme zurückziehen. Der Software-Höhenflieger hingegen verbuchte im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres (Ende am 30. September 1992) wiederum eine Gewinnsteigerung um 45 Prozent, was einem Profit von 209 Millionen Dollar entspricht.

Neutrale Experten sollen gegen Microsoft aussagen

Daß diese Anschuldigungen nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, zeigt Blick in die Angebotsliste der meisten PC-Hersteller: Fast immer bieten sie ihre PCs, Laptops und Notebooks nicht nur mit DOS, sondern auch mit Windows an.

Viele Hersteller warten zudem mit Paketangeboten auf die Microsoft-Applikationen einschließen: Discounter Vobis etwa bietet mit Word Excel, Powerpoint, Works, Publisher Money und Office praktisch die komplette Softwarepallete der Gates-Company feil.

Neben diesen FTC-Aktivitäten gibt es offensichtlich auch Bestrebungen von Wettbewerbern, Microsoft in den Schwitzkasten zu nehmen: Zumindest dem Novell-Management wird das Bestreben nachgesagt gegen den Software-Branchenprimus Front zu machen Hierzu bedienen sich die Netzwerker des Beistands der Anwaltsfirma Ablondi & Foster. Die auf Antitrust-Verfahren spezialisierten Justitiare sollen Experten aus der DV-Branche finden, die das wettbewerbswidrige Verhalten von Microsoft bezeugen. Auch Wordperfect rang sich nach Informationen der US-Branchenzeitschrift "Computer Reseller News" nun zu ähnlichen Aktionen wie Novell durch. Die Mormonen scheinen sich ebenfalls massiver juristischer Dienstleistungen versichert zu haben, um im Fall lediglich marginalen judikativen Engagements seitens des FTC selbst als Einzelkläger gegen Microsoft in Aktion treten zu können.

Wie wenig geneigt sich die Branche zeigt, öffentlich Stellung gegen den Softwaregiganten zu beziehen, zeigt die Reaktion von Wordperfect auf Fragen der COMPUTERWOCHE: Die Konzernanwälte in Orem, Utah, kommentierten den Wordperfect-Schachzug schlicht mit dem Satz: "Kein Kommentar."