Zusätzlicher Leistungsnachweis

Zertifikate erhöhen den Marktwert

20.06.2011
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Kursgebühren bis zu 15.000 Euro

Neben den Kursgebühren, die je nach Anbieter, Kurs und Lernmethode bis zu 15.000 Euro betragen können, schlagen die reinen Zertifizierungsgebühren pro Microsoft-Examen mit rund 140 Euro zu Buche, für die Office-Produkte beträgt die Gebühr zwischen 40 und 50 Euro. Allerdings hat jedes produktbezogene Zertifikat nur eine begrenzte Halbwertszeit. Spätestens wenn nach einigen Jahren eine neue Version oder eine komplette Nachfolgesoftware auf den Markt kommt, verliert das alte Papier seine Bedeutung. "Häufig tragen die Arbeitgeber Kurs- und Zertifizierungskosten, und die Mitarbeiter bringen dafür ihre Freizeit ein", so die Beobachtung von Nilgen. Dass IT-Trainings wichtig für den erfolgreichen Abschluss eines Projekts sind, davon sind 80 Prozent der IT-Manager überzeugt, die für eine IDC-Studie befragt wurden.

Doch auch in der beruflichen Bildung, etwa innerhalb einer IT-Ausbildung an Berufsschulen, gewinnen Zertifizierungen an Bedeutung. "Manchmal finanziert der Arbeitgeber die Zertifizierung, manche Schüler zahlen aber auch selbst, weil sie sich damit bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausrechnen", kommentiert der Microsoft-Bildungexperte Nilgen.

"Zertifizierungen sind selbstverständlich geworden", sagt Holger Dyroff, Vice President Business Development Suse Linux Enterprise in Nürnberg. Für Mitarbeiter in Vertrieb und Technik in Partnerunternehmen sind zum Beispiel Zertifizierungen für Novell-Produkte Pflicht. Das Unternehmen bietet drei Niveaus an, die vom Administrator über den Professional bis zum Engineer reichen.

Auch der Netzwerkausstatter Cisco verfügt über ein mehrstufiges Qualifizierungs- und Zertifizierungssystem. Alleine für das "Networking Academy Program", das sich an Berufseinsteiger richtet, sind in Deutschland 33.000 aktiv Lernende registriert. "Allerdings legen nur rund 15 Prozent der Teilnehmer auch die Prüfung ab und erwerben die Zertifizierung", sagt Carsten Johnson, Academy-Manager von Cisco. Das Lernprogramm verknüpft Online-Inhalte, Unterrichtsmaterialien und Arbeiten im Praxislabor. Vermutlich scheuen manche den Weg in ein unabhängiges Testcenter, wo der Test abgelegt werden muss. Die Gebühren von rund 90 Euro pro Prüfung stellen nach Meinung von Johnson nur eine kleine Hürde dar.

Holger Dyroff von Suse Linux erhält viele Anfragen von Universitäten aus dem Mittleren Osten sowie den Schwellenländern, die ihren Studenten ergänzend zum Studium eine Zertifizierung für die Suse-Linux-Technologien anbieten möchten: "In Deutschland ist das Interesse der Universitäten nicht so groß." Hierzulande scheinen die Studenten einen größeren Nachholbedarf in anderen Fertigkeiten zu haben, wie Bitkom-Mann Pfisterer meint: "Zertifikate bleiben nach wie vor wichtig. Aber momentan bilden sich deutlich mehr IT-Fachkräfte im Projekt-Management weiter oder qualifizieren sich. Diese Themen kommen an vielen Hochschulen zu kurz."

Knüppeltour

Foto: Bundesinstitut für Berufsbildung, Astrid Fey

Der Chef sollte ein Vorbild sein. Das würden viele Führungskräfte sofort unterschreiben, aber manchmal kann es anstrengend sein, danach zu handeln. Astrid Fey leitet das IT-Referat des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. "Wir propagieren lebenslanges Lernen und müssen das auch selbst vorleben", ist sie überzeugt. Für die IT-Leiterin war es zum Beispiel selbstverständlich, das Cisco-Zertifikat CCNA (Cisco Certified Network Associate) selbst zu erwerben, schließlich sollen auch die IT-Auszubildenden des Instituts die anstrengenden Prüfungen ablegen: insgesamt zehn Tage Schulung auf Englisch und eine schwierige Prüfung mit verklausulierten Formulierungen. Fey musste sich reinknien, damit hatte sie aber schon Erfahrung: Vor drei Jahren schloss die promovierte Politikwissenschaftlerin ihr nebenberufliches Master-Studium in Informatik an der Fernuniversität Hagen ab. Durch ihr geisteswissenschaftliches Erststudium hat sie gelernt, aus einem Skript das Wichtigste herauszuziehen, ohne es ganz lesen zu müssen. Dennoch bezeichnet sie das nebenberufliche Studium als "Knüppeltour", bei der es nicht ausblieb, dass sie ihre Urlaube mit dem Lösen der Einsendeaufgaben und dem Lernen auf Klausuren verbrachte. Zwei wichtige Vorteile hat ihr das Master-Studium gebracht: zum einen die akademische, theoretisch fundierte Grundlage ihres IT-Wissens, die ihr wichtig war in einer IT-Welt, in der es schon mehr als genug selbst ernannte Experten gibt. Zum anderen das tiefe Verständnis für Mitarbeiter, die sich selbst weiterqualifizieren wollen. Da sie die Höhen und Tiefen einer nebenberuflichen Weiterbildung aus eigener Erfahrung kennt, kann sie nun fortbildungswillige Mitarbeiter viel besser unterstützen.