E-Commerce/Kommentar

Zeitwende

10.05.2002
Frank Niemann Redakteur CW

Mit dem Wertverlust der Internet-Aktien und dem Massensterben vieler Dotcom-Firmen sank auch das Vertrauen in die Marktforschung und Beratungshäuser. Anlass zur Häme hat jedoch kaum jemand, denn jeder - übrigens auch die Presse - war vom Siegeszug des elektronischen Handels überzeugt.

Gehandelt wird auch weiterhin, doch unter anderen Vorzeichen. Statt neue Geschäftsmodelle herzuzaubern, möchte man nun seine Produkte im attraktiven Online-Kanal vermarkten. Neben dem reinen Verkauf geht es Firmen darum, Kunden zu bedienen. "Customer Self Service Portals" sei hier als eines der Schlagworte genannt. Die Idee dahinter ist einfach: Der potenzielle Online-Kunde informiert sich selbst über Erzeugnisse und Dienstleistungen. Mittels Konfiguratoren stellt er sein Produkt nach eigenem Gusto zusammen und erfährt so auch gleich den Preis. So manches Beratungsgespräch wird überflüssig, wenn sich der Klient der Online-Suchmaschine bedient.

Mit diesem Vorgehen schlagen die Unternehmen zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen senken sie ihre Kosten, zum anderen erfahren sie dank Web-Analyse mehr von ihren Kunden, ihre Vorlieben, Bedürfnisse oder auch schlicht, wo sie der Schuh drückt. Dabei ist es unerheblich, ob der Site-Betreiber seine Produkte auch direkt über das Web feilbietet oder den Online-Auftritt als Anlaufstelle für Offline-Käufer betreibt.

Der New Economy gelang es zwar nicht, die Grundlagen der Wirtschaft umzukehren, doch hat sie Anstöße für neue Konzepte zur Kommunikation mit der Kundschaft via Web geliefert. Unternehmen aller Branchen greifen Erfahrungen und Ideen der Internet-Firmen auf - das Feld haben die Startups bestellt, die Ernte darf die Old Economy einfahren. In heutigen E-Commerce-Projekten spielt nicht mehr der Webshop die Hauptrolle. Er wurde zu einem Baustein im Web-Portal des Unternehmens.