Zeitung: Infosys plant Übernahme von Capgemini

02.07.2007
Medienberichte über eine Fusion zwischen Infosys und Capgemini sorgen für Aufruhr im IT-Servicemarkt.

Der indische IT-Dienstleister Infosys Technologies hat indischen Zeitungsberichten zufolge vor, seinen französischen Konkurrenten Capgemini zu übernehmen. Eine offizielle Bestätigung liegt jedoch bislang von keiner Seite vor.

Käme ein solcher Deal zustande, hätte er weit reichende Auswirkungen auf den weltweiten IT-Servicemarkt. Infosys setzte im vergangenen Geschäftsjahr 3,1 Milliarden Dollar um, die Marktkapitalisierung liegt bei 29 Milliarden Dollar. Capgemini nahm 2006 rund 7,7 Milliarden Euro ein und wird derzeit mit 7,8 Milliarden Euro bewertet. Durch eine Fusion der beiden entstünde der neuntgrößte IT-Dienstleister der Welt mit knapp 140.000 Mitarbeitern.

Analysten reagierten überrascht bis schockiert auf die Meldung. Schließlich hat Capgemini gerade erst eine erfolgreiche Restrukturierung hinter sich gebracht und mit der Übernahme von Kanbay International die Weichen für umfangreiche Offshore-Ressourcen gestellt. Infosys hat wie die anderen großten indischen Anbieter in den vergangenen Jahren ein enormes Wachstum hingelegt und glänzt mit einer Profitmarge von 28 Prozent. Capgemini kommt gerade einmal auf 5,8 Prozent. Aus rein finanzieller Sicht hätte eine Übernahme daher wenig Sinn. Außerdem hat Infosys kaum Erfahrung mit Fusionen außerhalb Indiens. Dann gleich einen so großen Anbieter wie Capgemini zu übernehmen, gilt als äußerst riskant.

Das größte Hindernis für eine erfolgreiche Integration sehen Analysten jedoch in den extrem unterschiedlichen Unternehmenskulturen. Was das bedeutet, müsste Capgemini aus eigener Erfahrung bestens wissen: Der IT-Dienstleister hatte lange Zeit unter den Folgen der Übernahme von Ernst & Young Consulting vor sechs Jahren gelitten. Nicht zu unterschätzen sind auch die in Frankreich traditionell sehr starken Gewerkschaften: Bei ihnen dürfte der Deal – und die damit verbundenen Entlassungen - auf erbitterten Widerstand stoßen.

Aber es gibt auch positive Kommentare: "Es wäre phantastisch – nicht nur für die Kunden der beiden Anbieter, sondern auch für den IT-Dienstleistungsmarkt generell", schwärmte etwa Phil Morris, CEO der US-amerikanischen Outsourcing-Beratungsfirma Morgan Chambers. "Wir warten schon seit Jahren darauf, dass einer der indischen Player einen solchen Vorstoß wagt." Allerdings räumte er auch ein, dass eine Akquisition dieser Größenordnung ein internes Chaos auslösen und die Leistungsfähigkeit der beiden Anbieter beeinträchtigen könne.

Wie auch immer – der Aktienmarkt honorierte die Meldung: Das Capgemini-Papier legte in nur zwei Tagen um mehr als sechs Prozent zu. Dabei dürfte aber auch die Berichte über Accentures Rekordzahlen im dritten Quartal Ende letzter Woche eine Rolle gespielt haben. (sp)