Stress

Zeit-Management: Lernen Sie Nein sagen

14.05.2008
Von 
Michael Schweizer ist freier Autor in München.

Fast jedes Zeit-Management-Buch enthält ein Kapitel über das Neinsagen. Dem Leser wird gesagt, wie er, nicht nur im Beruf, "Zeitdiebe" und "Zeitfressser" ausfindig machen und sich vom Hals schaffen kann. Damit ist jedoch das strukturelle Problem jedes Zeit-Managements angesprochen: Wer eine Arbeit loswerden will, wird in der Regel auf den Widerstand eines Kollegen, Vorgesetzten oder Geschäftspartners treffen, der seine Zeit ebenfalls gut einteilen möchte und deshalb keine Zusatzbelastung wünscht. Zeit sparen lässt sich nur mit anderen oder auch gegen sie. Dazu braucht es Mut und Verhandlungsgeschick.

Im Netz der Abhängigkeiten

Für DKV-Geschäftsführer Trautmann bedeutet Neinsagen, das "zurückzugeben", was ihm zur Entscheidung vorgelegt wird, obwohl es noch gar nicht entscheidungsfähig ist: "Versuchen andere, operative Fragen an mich zu delegieren, obwohl sie eigentlich selbst damit zurechtkommen müssen? Wollen sie mir ein Äffchen auf die Schulter setzen? Nach oben delegiert man nicht." Trautmann verlangt von seinen DKV-Managern, dass sie bis zu einer gewissen operativen Ebene ohne ihn auskommen. Erzwingen kann er das nicht: "Je weiter man nach oben kommt, desto fremdgesteuerter ist man. Als Sachbearbeiter konnte ich meine Arbeit zu 99 Prozent selbst einteilen. Als Geschäftsführer hänge ich viel mehr von der Arbeit anderer ab."

Eine Sachbearbeiterin, die ihre Aufgaben in der Tat ungestörter erfüllen kann als ein guter Manager, ist Elke Hagg. Für das Münchner Softwareunternehmen Comet, das sich auf technische Dokumentation und entsprechende Schulungen spezialisiert hat, arbeitet sie bei einem internationalen Technikhersteller. Dort verwaltet und korrigiert sie Installationsanleitungen und verschickt sie per Mail an Techniker im Außendienst. Unterbrechungen durch lästige Anrufe sind selten. "Zeitdruck entsteht manchmal, wenn Ingenieure zu viel von heute auf morgen wollen. Grundsätzlich sagen wir schon Nein, wenn das nicht geht."

Das Unternehmen Comet ist schon oft für seine Familienfreundlichkeit ausgezeichnet worden. Von ihr profitiert Hagg durch eine 15-Stunden-Woche, die genau zu den Betreuungszeiten ihrer beiden Kinder in Schule und Kindergarten passt. Teil dieses Lebenszeit-Managements ist vielleicht ein Karriereverzicht: "Mein Betriebswirtschaftsstudium brauche ich für diesen Job nicht." Elke Hagg wirkt zufrieden.