Jubiläum für den Musikplayer

Zehn Jahre iPod - Eine neue Welt der Musik

24.10.2011
Von 
Peter Müller ist der Ansicht, dass ein Apple täglich den Arzt erspart. Sei es iMac, Macbook, iPhone oder iPad, was anderes kommt nicht auf den Tisch oder in die Tasche. Seit 1998 beobachtet er die Szene rund um den Hersteller von hochwertigen IT-Produkten in Cupertino genau. Weil er schon so lange dabei ist, kennt er die Apple-Geschichte genau genug, um auch die Gegenwart des Mac-Herstellers kritisch und fair einordnen zu können. Ausgeschlafene Zeitgenossen kennen und schätzen seine Beiträge im Macwelt-Morgenmagazin, die die Leser werktags pünktlich um acht Uhr morgens in den nächsten Tag mit Apfel und ohne Doktor begleiten. Privat schlägt sein Herz für die Familie, den FC Bayern, sechs Saiten, Blues-Skalen und Triolen im Shuffle-Rhythmus.
Der iPod wird zehn Jahre alt - und scheint seine besten Zeiten hinter sich zu haben. Doch war das schneeweiße Gerät vor zehn Jahren nur der Anfang einer tiefgreifenden Umwälzung, die uns noch lange beschäftigen wird.

"Apple wird am 23. Oktober ein digitales Gerät vorstellen, das kein Mac ist," erklärte Apple vor gut zehn Jahren in seiner Einladung an die Presse. Die nicht kleine Fraktion, die darauf hoffte, Apple würde den Personal Digital Assistent (PDA) Newton in einer modernen und diesmal erfolgreichen Fassung wiederauferstehen lassen, sah sich von dem zigarettenschachtelgroßen, schneeweißen Musikplayer, dessen Name sich einem nicht sofort erschloss, enttäuscht. Dabei war die Begründung für die Entscheidung "iPod statt Newton" von Apple-CEO Steve Jobs klug und berührte die Lebenswelten der nach Cupertino geladenen Pressevertreter. Denn die Mode der PDAs, die seinerzeit das Unternehmen Palm zu einem Star der Industrie gemacht hatte, war bereits wieder am Abflauen. In Meetings fanden sich wieder vermehrt Notizblöcke und Kugelschreiber auf den Konferenztischen, nachdem es immer mehr PDA-Nutzer von den digitalen Umsetzungen ihrer Eingaben auf Palm und Co gegruselt hatte. Musik ging aber immer und das nicht mehr nur auf der Stereoanlage im Wohnzimmer, sondern auch auf dem Rechner im Büro und anderswo.

Es war die Zeit von Napster, die Musik gerade zu zur inflationären Ware machte. Waren Tauschbörsen nun legal, illegal oder die Antwort auf diese Frage völlig egal? Musik war so beliebig verfügbar geworden, dass man für eine Stunde Streifzug durch digitale Downloadwelten eine ganze Woche gebraucht hätte, um die auf die Festplatte gebannten Dateien auch nur einmal anzuhören. Und bestand nicht andererseits der Wusch, die mühsam über Jahre und Jahrzehnte erworbene CD-Sammlung auf seinem Rechner zu lagern und überall hin mit zu nehmen, jetzt, da Speicher gemäß des Moore’schen Gesetzes so günstig geworden war, dass sogar der iMac mit 20-GB-Festplatte kam?

Entwicklung mit Weitblick

Den mobilen digitalen Musikplayer hatten vor Apple schon andere erfunden, Apple verfolgte um die Jahrtausendwende die Vision eines digitalen Lebens, in dem der Mac im Zentrum stand, als Speicherort und Verwaltungsmaschine für digitale Inhalte aller Art. Relativ spät - erst zu Beginn des Jahres 2001 - hatte Apple damit begonnen, seine Rechner mit CD- und DVD-Brennern auszustatten. Apple wäre aber nicht Apple, wenn es sich nicht durch die Software von der Konkurrenz abgehoben hätte. Daten-CDs brennen: Einfach im Finder! DVDs erstellen: Da gibt es eine simple Software namens iDVD! Die Fotosammlung kommt in iPhoto und die Musik in iTunes. Apple hatte die Jukebox-Software erst kurz zuvor übernommen, als sie noch Soundjam hieß und offenbar erst kurz vor der Keynote im Janaur 2001 sich für den Namen entscheiden. Denn einmal war Jobs der Projektname "iMusic" herausgerutscht…

Dass iTunes aber weit mehr sein wird als eine Datenbank für selbst gerippte CDs (Rip. Mix. Burn.) offenbarte Apple im Oktober 2001 mit dem iPod. Denn die Software war die Lösung für das Problem, wie man 5 GB an Musik oder eben die in der Werbung betonten 1000 Songs auf einem mobilen Gerät mit einem winzigen Bildschirm und ohne Tastatur verwalten könne. Nämlich hierarchisch, nach Kategorien wie Genre, Album, Interpret und Titel zu ordnen. Dann brauchte es nichts weiter als ein Scrollrad und vier Tasten für den Musikgenuss, wenn man im Hintergrund auf seinem Mac eine mächtige Zentrale hatte, die für Nachschub sorgen konnte. Das Problem der Geschwindigkeit bei der Datenübertragung hatte Apple schon zuvor mit der schnellen Schnittstelle Firewire gelöst, die in Zusammenarbeit mit Sony entstand. Während es ein quälend langsamer Prozess gewesen wäre, 5 GB per USB 1.0 zu transferieren, waren die 5GB auf den iPod in passabler Zeit überspielt. Zumal der iTunes den iPod inkrementell aktualisierte und so nicht jedes Mal komplette 5 GB über die Leitung schaufelte.