Expertenrat konstatiert ein Manko beim Business-Performance-Management

Zehn Bausteine für den CRM-Erfolg

07.11.2003
MÜNCHEN (qua) - Auch in den kommenden Jahren werden die Anwenderunternehmen in Customer-Relationship-Management (CRM) investieren. Nachholbedarf besteht vor allem bei der integrierten Effizienzmessung. Was zum erfolgreichen CRM sonst noch nötig ist, beschreibt ein Gutachten, das führende CRM-Experten aus Deutschland erstellt haben.

"CRM optimiert und integriert alle Abläufe im Unternehmen in Richtung Kunde mit dem Ziel, eine Balance zwischen Kunden- und Kostenorientierung zu erreichen". Auf diese Definition einigte sich ein von der Zeitschrift "Acquisa" einberufener vierköpfiger Expertenrat. Er setzt sich zusammen aus Manfred Krafft, dem Inhaber des Otto-Beisheim-Stiftungslehrstuhls für Marketing an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz, den als CRM-Koryphäen bekannten Unternehmensberatern Wolfgang Martin und Wolfgang Schwetz sowie dem Leiter des Studienschwerpunkts Marketing und Vertrieb an der Fachhochschule Landshut, Peter Winkelmann. Wie schon 2002 (siehe www.computerwoche.de/go/80110008 ) haben die CRM-Experten auch im Vorfeld der diesjährigen "CRM Expo" eine Marktstudie initiiert, ein Gutachten zur Lage des CRM-Markts erstellt und Handlungsempfehlungen an die Anwenderunternehmen daraus abgeleitet.

Grundlage der Bestandsaufnahme waren die Einschätzungen von 19 CRM-Softwareanbietern sowie 13 Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen. Sie wurden nach dem State of the Art und nach dem Trend für die kommenden zwei Jahre befragt. Der Studie zufolge schenken die Anwenderunternehmen der Integration ihrer Kundendaten und dem Multikanal-Management mittlerweile die gebührende Beachtung. Im engeren Fokus der Anwender befindet sich auch die Aufgabe, eine "CRM-Kultur" im Unternehmen zu etablieren. Dass CRM eine Geschäftsstrategie sein muss, dringt ebenfalls immer stärker in das Bewusstsein der Manager. Ferner streben viele eine integrierte Aktionssteuerung ("Closed Loop") an. Defizite verzeichnet die Anbieterbefragung derzeit in puncto Problemkunden-Abbau und Business-Performance-Management (BMP); offenbar können oder wollen heute nur wenige Unternehmen ermitteln, inwieweit sie von den mit CRM-Hilfe verbesserten Kundenbindungs- und -werbungsmaßnahmen profitieren.

Der CRM-Expertenrat begnügte sich aber nicht damit, den Ist-Zustand festzustellen. Vielmehr einigte er sich auf zehn "Erfolgsbausteine", auf denen eine zielgerichteten CRM-Strategie basieren sollte:

1. CRM muss als ganzheitlicher Ansatz zur Unternehmensführung alle Bereiche durchdringen, die direkt vom Kunden leben. "Einem Schiff ohne Ziel nützt auch kein größeres und schöneres Segel", so der Landshuter Fachhochschul-Professor Winkelmann. Es dürfe also nicht nur darum gehen, eine neue Software einzuführen. Zu kurz gesprungen sei auch die bloße Vertriebsautomatisierung (Computer-aided Selling = CAS). Die Handlungsempfehlung der Experten lautet: Ein Unternehmen sollte grundsätzlich erst dann ein CRM-Projekt in Angriff nehmen, wenn auf der Topmanagement-Ebene ein "Pate" gefunden ist, der für ressortübergreifende Fragen zuständig zeichnet. Voraussetzung für das Gelingen ist aber das Vorhandensein einer Gesamtstrategie, die durch das Vorhaben entweder bestätigt oder aber revidiert wird.

2. Es muss eine "Win-Win-Situation" zwischen dem Anbieter und dem Abnehmer entstehen. "Beim Kundenbeziehungs-Management kommt der Kunde zu kurz," so der CRM-Experte Martin. Maßnahmen, mit denen Kunden gewonnen und gebunden werden sollen, führten nur dann zum Erfolg, wenn der Kunde selbst auch etwas davon habe. Das sei allerdings mehr eine Frage der Kreativität und der Kommunikation als eine der IT- auch wenn technische Spielereien wie die aus Web-Shops bekannten virtuellen Kundenidentitäten ("Avatare") ein mögliches Mittel zum Zweck darstellten.

3. Zudem bedürfen die Unternehmen einer CRM-getriebenen Kultur und Mitarbeiterführung. "Die Mitarbeiter entscheiden letztlich über den Erfolg einer CRMEinführung", konstatiert Winkelmann. Die Motivation der Belegschaft hänge jedoch von einer "CRM-geprägten Führungskultur" ab. CRM sollte intern als Kunden-, nicht als IT-Thema kommuniziert werden, so der Tipp des Expertenrats an die Adresse der Unternehmensführungen. Deshalb sei es sinnvoll, die Koordination der Projekte den Betroffenen, also beispielsweise dem Vertriebsleiter und seinem Team, zu übertragen.

4. Auch im Sinne des Kundennutzens ist die Integration aller Kundenkontakt- und Verkaufskanäle sinnvoll. Wie Martin ausführt, sollten sich in diesem Zusammenhang die traditionellen Call-Center-Agenten - beispielsweise durch Coaching von Seiten ehemaliger Vertriebsmitarbeiter - zu "Beziehungs-Managern" weiterentwickeln. Auf der IT-Seite lasse sich die Einbindung der Kunden am besten mit Hilfe von Portallösungen herstellen.

5. "Das Geheimnis der Kundenbindung liegt im Prozess, nicht im sporadischen Füllen von Briefkästen." So führt Winkelmann einen weiteren Baustein für den Erfolg des Kundenbeziehungs-Managements ein: "Nur wer seine Prozesse systematisch durchdenkt und gestaltet, schafft Transparenz im Vertrieb, dosiert die Kundenbindung nach Priorität und bekommt seine Kosten in den Griff." Nach Einschätzung des Expertenrats bietet die Einführung eines CRM-Systems die Chance, alle kundenbezogenen Prozesse in zweierlei Hinsicht zu überdenken: in Bezug auf eine bessere Kundenorientierung und eine gesteigerte Effizienz. Deshalb müssten alle betriebsinternen Abläufe auf den Prüfstand gestellt werden. Softwaregestützte Workflow-Systeme böten eine Möglichkeit, Prozesse abteilungsübergreifend zu definieren.

6. Als "Pflichtprogramm" bezeichnen die CRM-Gurus die Integration der reinen Kundendaten. Dass es ohne diese Vorarbeit keine CRM-"Kür" geben kann, beherzigt derzeit schon die Mehrzahl der Unternehmen, wie die Marktstudie nahe legt. Laut Martin gibt es in technischer Hinsicht zwei Möglichkeiten, zu integrierten Kundendaten zu kommen: entweder durch eine einzige, redundanzfrei geführte Datenbank oder durch eine Integrationsplattform, die heterogen gehaltene Kundendaten miteinander verknüpft. Im Hinblick auf den ganzheitlichen Ansatz sei in jedem Fall zu klären, wem die Daten eigentlich gehören und wer folglich dafür Verantwortung trage.

7. Mit der technischen Integration muss die betriebswirtschaftliche einhergehen. Dass CRM als strategische Grundausrichtung eher selten etabliert ist, lasse sich häufig auf eine "Implementierungslücke" zurückführen, erläutert der in Koblenz lehrende Professor Krafft. Die Lücke sei gekennzeichnet durch strukturelle Defizite in der Aufbau- und Ablauforganisation sowie in der Abstimmung von bereichsübergreifenden Abläufen und externen Beziehungen. Als Gegengift empfiehlt Krafft, allen Mitarbeitern klar zu machen, dass das Wohlergehen des Unternehmens und letztlich der eigene Arbeitsplatz von der Befriedigung der Kundenbedürfnisse abhänge. "Nur wenn es gelingt, alle wesentlichen betrieblichen Bereiche von der Vorteilhaftigkeit einer kundenzentrierten Strategie zu überzeugen, können Investitionen in Hard- und Software sowie die unternehmensweite Reorganisation von Erfolg gekrönt sein", resümiert Krafft.

8. Einen weiteren wichtigen CRM-Baustein sehen die Experten im Kunden-Controlling, genauer gesagt: in der ertragsorientierten Steuerung von Kundenbeziehungen über Lebenszyklen. Der Binsenweisheit, dass das Halten eines alten Kunden wesentlich weniger Aufwand erfordert als das Gewinnen eines neuen, stellt Krafft gegenüber, dass viele Stammkunden kaum zum Unternehmenserfolg beitrügen. Deshalb müssten die Unternehmen ständig neu prüfen, ob die Akquise des jeweiligen Kunden, die Intensivierung des Kontakts oder das geplante Ende der Beziehung vorteilhaft seien oder nicht. "Nur sehr wenige Unternehmen sind in der Lage, potenzielle beziehungsweise Stammkunden hinsichtlich der zu erwartenden Kosten und Erlöse zu bewerten", berichtet Krafft aus seiner wissenschaftlichen Erfahrung. Seine Kollegen aus dem Expertenrat mahnen allerdings, das Kunden-Controlling dürfe keineswegs weitere Datenfriedhöfe oder Erbsenzähler-Funktionen schaffen.

9. Eine integrierte Steuerung der Marketing-Aktionen, gehört zu den CRM-Bausteinen, deren Bedeutung die Anwender bereits erkannt haben. Viele nutzen oder planen bereits Systeme, die konkrete Absatzergebnisse automatisch in die Prognosen einfließen lassen. Als Hindernis für solche Feedback-Schleifen erweise sich allenfalls der Vorbehalt jedes Vertriebsmitarbeiters dagegen, sein Wissen über Kunden, Wettbewerber und Marktzusammenhänge offen zu legen, so Krafft.

10. Zu kurz kommt in vielen Unternehmen noch die integrierte Effizienzmessung. Business-Performance-Management ist für Martin die konsequente Weiterentwicklung der in den 80er Jahren beliebten "entscheidungsunterstützenden Systeme". Der Ansatz biete den Unternehmen unter anderem eine Methode, ihre Geschäftsstrategie mit den Ergebnissen zu verknüpfen und Daten in praxisorientierte Informationen zu verwandeln. Dadurch werde der CRM-Erfolg messbar, ergänzt der Expertenrat. Deshalb sollten die Unternehmen prüfen, ob sie ihre dahin gehenden Initiativen nicht stärker priorisieren könnten.

Das Gutachten wird am 13. November auf der "CRM-Expo" offziell vorgestellt. Danach ist die komplette Version gegen eine Schutzgebühr von 99 Euro (gedruckt) beziehungsweise 59 Euro (digital) über den Max Schimmel Verlag in Würzburg erhältlich.

Abb: Die kritischen Faktoren des Customer-Relationship-Management

Eine erfolgreiche CRM-Einführung muss die oben dargestellten zehn Elemente umfassen, so das Gutachten des "CRM"-Experten. Quelle: CRM-Expertenrat