Wissenschaftler diskutieren soziale Aspekte neuer Technologien:

Zahl der Dauerarbeitslosen steigt noch

16.12.1983

BERLIN (VWD) - Kaum Hoffnung auf neue Arbeitsplätze im Zuge der Einführung neuer Technologien konnten Internationale Experten auf einer Fahtagung in Berlin machen.

Auf der Konferenz "Sozialer Wandel durch Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien" im Berliner ICC meinte Marie Drouin, Direktorin des renommierten kanadischen Hudson-Instituts in Ottawa, daß sich die hohe Rate von Dauerarbeitslosen durch verstärkte Rationalisierung noch erhöhe. Derzeit gehören 23 Prozent der insgesamt 20 Millionen Erwerbslosen in den OECD-Mitgliedstaaten zu dieser Gruppe.

Ein noch düstereres Bild zeichnete Jean Simon, Präsident einer internationalen Vereinigung von Computerwissenschaftlern (IAPR) mit Sitz in Paris. Er bezweifelte, daß es bald noch genug Kapital gebe, um die steigenden Kosten für die Errichtung eines Arbeitsplatzes zu bezahlen. Wenn immer mehr Roboter menschliche Arbeitskraft verdrängten, müßten möglicherweise Einkommen, Wohlstand und Konsumgüterverteilung von der Produktivität abgekoppelt werden. Das ginge allerdings nur mit "drastischen Wandel" von

Konventionen und Beurteilungen. "Wir sollten unser Urteil ändern über Leute, die nicht arbeiten wollen", empfahl Simon.

Als positives Gegenbeispiel führte Frau Drouin die USA und Kanada an, wo in den vergangenen zehn Jahren 14 Millionen neue Arbeitsplätze, insbesondere im Dienstleistungsbereich, geschaffen worden seien. Als Grund nannte sie unter anderem die größere Risikofreudigkeit in Nordamerika. Vor allem junge Menschen hätten sich selbständig gemacht. Daß in Europa in gleichem Umfang von den Banken Risikokapital bereitgestellt werde, bezweifelte sie, denn "wer lange Haare hat, bekommt hier keinen Kredit".