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Update und Analyse

Yahoo! und Microsoft greifen mit Such-Deal Google an

30.07.2009
Allein haben Microsoft und Yahoo! es nicht geschafft - nun versuchen sie zu zweit, im Milliarden-Markt Internet-Suche dem bislang überlegenen Primus Google auf den Leib zu rücken.
Carol Bartz freut sich über mehr Cash, Steve Ballmer über mehr Reichweite.
Carol Bartz freut sich über mehr Cash, Steve Ballmer über mehr Reichweite.
Foto: Yahoo!/Microsoft

Am Mittwoch kündigten die beiden IT-Konzerne eine enge Kooperation für mindestens zehn Jahre an. Mit dem Geschäft entstehe eine "starke Nummer zwei", trompetete Microsoft-Chef Steve Ballmer selbstbewusst. "Es ist eine Win-Win-Situation." Die Abmachung läute eine "neue Ära" ein, assistierte die resolute Yahoo!-Chefin Carol Bartz.

Die lange erwartete Abmachung beinhaltet im wesentlich zwei Elemente: Yahoo! stellt seine eigene Suchmaschine ein und lässt Anfragen auf seinen populären Portalen sowie auf Partnerseiten von Microsoft bearbeiten. Neben der Kundschaft verschafft sich der Windows-Hersteller, der mit seinen Online-Diensten nach wie vor im Minus ist, außerdem Zugriff auf die Technik von Yahoo! - ein weiteres Plus im Wettrüsten in Sachen Suchtechnik.

Das lässt sich Yahoo! jedoch teuer bezahlen: Von den gemeinsamen Werbeeinnahmen bleiben in den ersten fünf der insgesamt zehn Jahre laufenden Partnerschaft satte 88 Prozent bei dem Internetkonzern. Der hofft, damit den operativen Gewinn um jährlich 500 Millionen Dollar aufzubessern und außerdem weitere 200 Millionen Dollar an Kosten einzusparen- Suchmaschinen sind ein teures Geschäft.

Nach mehreren teils spektakulären Fehlschlägen wird Microsoft zu einem ernsten Google-Herausforderer. Der Konzern aus Redmond steigert den Marktanteil seiner überarbeiteten und von Experten hochgelobten Suchmaschine Bing erheblich - im heimischen US-Markt von acht auf knapp 30 Prozent, weltweit immerhin von drei auf zwölf Prozent. Die Anteile mit Werbung und Überzeugungsarbeit zu erobern, wäre kaum möglich gewesen.

Experten halten diesen Schritt für sinnvoll: "Die Fixkosten für Suchmaschinen sind hoch, vor allem für Forschung und Entwicklung", sagt Professor Dirk Lewandowski von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg. Der Preis pro Suchanfrage sinkt also. Zugleich wird Bing für die Werbeindustrie attraktiver: Je größer die Reichweite, desto mehr geben die Werbetreibenden pro Klick aus.

Wie es geht, reibt Google den Konkurrenten Quartal für Quartal mit seinen Zahlen unter die Nase: Der Konzern aus Mountain View, dessen Einkünfte zu 97 Prozent aus der Suchmaschinen-Werbung stammen, konnte auch in der Krise Umsatz und Gewinn steigern - zuletzt betrug der Erlös 5,5 Milliarden Dollar, der Überschuss satte 1,5 Milliarden Dollar. Allerdings beantwortet Google weltweit 68 Prozent aller Anfragen. Microsoft hat also einen weiten Weg vor sich. Steve Ballmer erwartet zunächst sogar mehrere hundert Millionen Dollar Extrakosten.

Für Yahoo! bringt die Kooperation vor allem Cash. Microsoft zahlt Monat für Monat, gleichzeitig fallen mit einem Schlag die immensen Ausgaben für die eigene Suchmaschine weg. "Es ist eine großartige Gelegenheit, unsere Investitionen auf andere Bereiche zu konzentrieren, die für unsere Zukunft wichtig sind", erklärte Yahoo!-Chefin Carol Bartz. Denn auch im Portalgeschäft lauert große Konkurrenz - etwa das rasant wachsende Online-Netzwerk Facebook.

Das erklärt vielleicht auch die skeptische Reaktion der Anleger: Während die Microsoft-Aktie an der New Yorker Börse am Mittwoch zunächst leicht zulegte, sackte das Yahoo!-Papier um zehn Prozent ab.

Allerdings haben die Unternehmen noch nicht alle Hindernisse aus dem Weg geräumt. Die amerikanischen Wettbewerbshüter werden sich den Deal genauer ansehen. Prophylaktisch kündigten die beiden Partner an, bei Produkten und Geschäftszweigen außerhalb der Suche intensiv zu konkurrieren - etwa bei E-Mail-Diensten und Bannerwerbung. Zudem ist der Verhandlungsmarathon, der nach Microsofts Übernahmeangebot vor anderthalb Jahren begann, noch nicht vorbei: Die Unternehmen müssen ihre Geschäfte bündeln, IT-Systeme vereinheitlichen, Abteilungen zusammenlegen.

Ein Verlierer steht allerdings schon fest: der Verbraucher. Denn Internetnutzer, die sich nicht allein auf Google verlassen wollen, haben eine ernstzunehmende Alternative weniger bei der Online-Suche. "Yahoo! hat in Tests gut abgeschnitten, die Ergebnisse können sich sehen lassen", sagt Suchmaschinen-Experte Lewandowski. Auch wenn Microsoft mit Bing "ein gutes Produkt" habe - die Vielfalt leidet. (dpa/tc)