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.xxx - das war wohl nix

11.05.2006
Die ICANN hat gestern mit 9 gegen 5 Stimmen entschieden, die Top-Level-Domain ".xxx" für Erwachsenenunterhaltung nicht einzuführen.

Der Vorstand der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers stellte einerseits in Frage, dass die Porno-Industrie den angedachten Adressbereich überhaupt unterstütze, und sorgte sich andererseits, .xxx könne gegen die guten Sitten verstoßen.

Dem Entscheid ging eine hitzige Debatte voraus, in der sich unter anderem christliche Fundamentalisten, Kinderschützer, Fürsprecher des Rechts auf frei Meinungsäußerung (verbrieft im "First Amendment", dem ersten Zusatz zur US-Verfassung) und andere Gruppen dazu zu Wort gemeldet hatten, ob ein Adressbereich .xxx die Bedenken gegenüber der Internet-Pornographie - mit der die Branche jährlich geschätzte fünf Milliarden Dollar umsetzt - adressieren könne.

Gleichzeitig wurde einmal mehr die Rolle der US-Regierung bei der Kontrolle des Internet in Frage gestellt. Die ICANN, eine private und nicht gewinnorientierte Stiftung mit Sitz im kalifornischen Marina del Rey, ist legitimiert durch ein Memorandum of Understanding mit dem US-amerikanischen Handelsministerium (Department of Commerce).

Dieses hatte sich im vergangenen Herbst bei der ICANN zu Wort gemeldet und von E-Mails und Briefen berichtet, die es von besorgten Sittenwächtern gegen die .xxx-TLD erhalten habe. Daraufhin hatte die ICANN die Entscheidung über die Porno-Domain mehrfach vertagt. Sehr zum Unwillen anderer Länder, unter anderem auch der Europäischen Union, die dies als Beweis für einen zu starken Einfluss der Vereinigten Staaten auf das Internet werten. Die Bush-Regierung, konservativen Gruppen verpflichtet, politisiere Entscheidungen, die normalerweise nach technischen Gesichtspunkten gefällt würden.

Daran wird sicher auch die jetzt gefällte Entscheidung nichts ändern. "Dot-xxx ist nicht die beste Idee der Welt", erklärte etwa Jonathan Zittrain, Professor für Internet Governance an der Oxford University. "Aber ein Festhalten daran wäre für die ICANN-Beteiligten weltweit ein Signal gewesen, dass sie nicht nur der verlängerte Arm der US-Regierung ist."

Vorgeschlagen hatte .xxx die Registrierungsfirma ICM Registry. Sie wollte mit dem Adressbereich offiziell den Schutz von Jugendlichen vor Online-Pornographie durch Filter und andere technische Maßnahmen erleichtern. Auf der anderen Seite hat sie natürlich auch handfeste wirtschaftliche Interessen - 60 Dollar sollte eine .xxx-Adresse pro Jahr kosten. (tc)