Xtra-Umfrage der X/Open offenbart DV-Trends der 90er Jahre Anwender setzen auf offene Systeme und Client-Server-DV

10.12.1993

MUENCHEN/ROM (ls) - Die X/Open hat die Ergebnisse ihrer dritten jaehrlichen "Xtra"-Befragung unter leitenden DV-Verantwortlichen vorgestellt. Sie bestaetigen einen verstaerkten Trend zu offenen Systemen und Client-Server-Architekturen.

Weltweit 764 DV-Anwender, davon 36 Prozent aus Europa und 35 Prozent aus Nordamerika, haben den umfangreichen Fragebogen, den die X/Open in Zusammenarbeit mit Dataquest konzipiert und ausgewertet hat, beantwortet. Die Kernfragen drehen sich dabei um das aktuelle und fuer das Jahr 1996 voraussehbare Investitionsverhalten.

Bei der Frage nach den fuenf wichtigsten Technologien, in die Anwender 1993 und 1996 investieren wuerden, fuehrt mit Abstand die Nennung von Client-Server-Applikationen (siehe untenstehende Tabelle). Vier von fuenf europaeischen Anwendern nannten sie fuer 1993. Durch eine hohe Bewertung fallen derzeit auch Messaging- Systeme auf. Auf den naechsten Plaetzen folgen File-Transfer, CASE- Tools, Sicherheit und Management-Tools fuer integrierte Netzwerke.

Bis 1996 verschieben sich allerdings die Gewichtungen. Dann wollen zwar immer noch die meisten Befragten in Client-Server-Anwendungen investieren, aber der Vorsprung wird nicht mehr so ausgepraegt sein. Statt dessen schieben sich mit Multimedia und objektorientierten Entwicklungswerkzeugen neue Softwarebereiche in die Liste der Investi- tionsprioritaeten.

Bei den Datenbanken steht das Ende der hierarchischen Systeme bevor; nur noch zehn statt bisher 37 Prozent der DV- Verantwortlichen wollen sie 1996 anwenden. Ausserdem zeichnet sich der Uebergang zu einer neuen Generation ab. Die relationalen SQL- Systeme verlieren ihre derzeit ueberragende Marktposition. Gewinner sind objektorientierte Datenbanken.

Die Objektorientierung ist einer der staerksten Trends

In nur drei Jahren soll sich ihre Verbreitung verzehnfachen. Werden sie zur Zeit nur von 5,2 Prozent der Anwender genutzt, haben deren 52 Prozent ihre Implementierung bis 1996 geplant.

In Sachen Objektorientierung sind weiterhin Microsofts OLE- Technik, vor allem aber DOE von HP und Sun, Taligent und der Corba-Standard der Object Management Group im Kommen. Die grafischen Benutzeroberflaechen verlieren ihre Bedeutung fuer die Investitionsplanung. Lediglich Motif verzeichnet hier stabile Zahlen mit 50,7 Prozent der Nennungen, das sind sogar 0,4 Prozentpunkte mehr als fuer das zur Zeit noch weit fuehrende Windows.

In der Transaktionsverarbeitung verliert CICS die derzeit ueberragende Stellung. Tuxedo schliesst auf und kommt weltweit bis auf fuenf Prozentpunkte an CICS heran. In Europa wird Tuxedo den Markt anfuehren.

Fuer Netzwerke und verteilte Loesungen ist ein erlahmendes Interesse an PC-LANs absehbar. Besonders Novell Netware verliert an Bedeutung, aber auch der alte Unix-Standard TCP/IP. Rasant vollzieht sich andererseits der Aufstieg von OSI und OSF DCE zu marktentscheidenden Groessen. Im Falle von OSI werden vor allem die Nichtverfuegbarkeit von Produkten und die Kosten kritisiert.

Fuer die meisten DV-Verantwortlichen ist ein Ende der Budgetschrumpfungen in Sicht. Nur noch rund 16 Prozent der Anwender sehen sich zum Sparen gezwungen, und rund ein Drittel muss mit stagnierenden Mitteln zurechtkommen. Die anderen, gut die Haelfte der DV-Verantwortlichen, glauben, in naechster Zukunft bessere Etats zur Verfuegung zu haben.

Wie die Anwender ihre Etats verwenden wollen, ist aufschlussreich.

Signifikant ist die starke Reduzierung der Investitionen fuer Mainframes, waehrend auf der anderen Seite insbesondere die Ausgaben fuer Workstations und Server enorm zunehmen werden. Parallel steigen die Investitionen in Netzwerke schnell an. Auf der Softwareseite sind vor allem die von zwei Dritteln der Anwender geplanten Ausgabensteigerungen bei System-Management- Software, Datenbanken und Tools auffallend.

Aeltere proprietaere Betriebssysteme werden in den Jahren 1993 bis 1996 bei den Xtra-Befragten rapide an Bedeutung verlieren (siehe Grafik). Insbesondere das Apple-OS, MVS/VM und VMS duerften in drei Jahren in drastisch weniger Installationen vorkommen. Selbst Unix verliert an Bedeutung, waehrend Windows NT in den Plaenen der Anwender fuer die naechsten Jahre eine hervorragende Rolle spielt. Weltweit zeichnet sich ebenso wie fuer Europa ein Kopf-an-Kopf- Rennen zwischen Unix und NT ab.

Die erklaerte Absicht, NT zu installieren, widerspricht Absichten und Ansichten bezueglich offener Systeme. Investierten die Befragten in diesem Jahr 35 Prozent ihrer Budgets in offene Systeme und 65 Prozent in proprietaere, so soll der Anteil der Investitionen in offene Systeme bis 1996 auf 42 Prozent steigen. Bei der Definition von offenen Systemen nannten sie Herstellerunabhaengigkeit an erster Stelle vor Portabilitaet, Interoperabilitaet sowie veroeffentlichten Standards und Schnittstellen.

Als groesste Vorteile offener Systeme bezeichneten die Anwender Interoperabilitaet, Investitions- schutz und - ganz anders als noch vor wenigen Jahren - die Verfuegbarkeit von Applikationen. Als Hindernisse fuer die Verbreitung nannten die Befragten an erster Stelle den Dschungel der unterschiedlichen Derivate, die Kosten und die Schwierigkeiten der Migration sowie die Schwaechen bestehender Standards.