Mega-Deal im Drucker-Business

Xerox will angeblich HP übernehmen

06.11.2019
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mehr als 27 Milliarden Dollar will Xerox in die Hand nehmen, um HP zu übernehmen, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf Insider. Damit würde das kleinere Unternehmen einen deutlich größeren Fisch schlucken.

Die Xerox Holdings Corp. überlegt offenbar, HP Inc. zu übernehmen. Das berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf interne Unternehmensquellen. Der Kaufpreis soll angeblich deutlich über dem aktuellen Marktwert HPs von rund 27 Milliarden Dollar liegen. Gerüchten zufolge habe sich Xerox die Unterstützung einer großen Bank sichern können, um die Akquisition zu stemmen. Der Deal soll demzufolge in bar und in Aktien abgewickelt werden. Weder Xerox noch HP wollten bis dato Stellung zu den Spekulationen beziehen.

Xerox überlegt den Kauf von HP.
Xerox überlegt den Kauf von HP.
Foto: Jonathan Weiss - shutterstock.com

Sollten sich die Übernahmegerüchte bewahrheiten, würde Xerox, das derzeit auf eine Marktkapitalisierung von etwa acht Milliarden Dollar kommt, als kleineres Unternehmen einen deutlich größeren Konkurrenten schlucken. Allerdings steht derzeit noch nicht fest, ob es tatsächlich zu einem offiziellen Angebot kommt und wie die HP-Offiziellen darauf reagieren.

Beide Unternehmen haben derzeit mit Problemen zu kämpfen. Das in Norwalk, Connecticut, ansässige Xerox baut Drucker und Kopierer für den Business-Einsatz. Der Großteil des Jahresumsatzes von etwa zehn Milliarden Dollar kommt aus Miet-, Service- und Wartungseinnahmen. Pläne der Xerox-Führung, die Firma für über sechs Milliarden Dollar an den japanischen Konkurrenten Fujifilm Holding zu verkaufen, wurden im Frühjahr 2018 von den Großaktionären Carl Icahn und Darwin Deason torpediert. Sie verhinderten den Deal und setzten kurzerhand den Vorstandsvorsitzenden Jeff Jacobson ab.

Der neue CEO John Visentin verordnete Xerox einen Sparkurs und brachte den Printer-Pionier wieder auf Kurs. Im Zuge guter Quartalszahlen verbesserte sich im Laufe dieses Jahres der Aktienkurs um über 80 Prozent. Visentin gelang es zudem, den Streit mit Fujifilm wegen der geplatzten Übernahme beizulegen. Die Japaner hatten ursprünglich auf Schadensersatz in Höhe von einer Milliarde Dollar geklagt. Darauf will Fujifilm nun verzichten. Gleichzeitig verkauft Xerox seinen Anteil am gemeinsamen Joint Venture Fuji Xerox für 2,3 Milliarden Dollar an die Japaner. Geld, das in die Akquisition von HP fließen könnte.

HP baut wieder einmal um

Auch bei HP geht es derzeit turbulent zu. Der PC- und Druckerhersteller, der im vergangenen Geschäftsjahr 2018 einen Umsatz von etwa 58 Milliarden Dollar erzielte, muss sparen und will in den kommenden Jahren zwischen 7000 und 9000 Mitarbeiter loswerden. Das hatte der Konzern Anfang Oktober im Rahmen eines Restrukturierungsprogramms angekündigt. Die Stellenstreichungen will das Management über die kommenden drei Jahre verteilen und mittels Frühverrentungen und Entlassungen durchsetzen. Damit könnte die etwa 55.000 Köpfe zählende Belegschaft um rund 16 Prozent schrumpfen.

Der neue HP-Chef Enrique Lores sieht enorme Chancen, Shareholder Value zu schaffen - ob er damit den Verkauf des Unternehmens meint?
Der neue HP-Chef Enrique Lores sieht enorme Chancen, Shareholder Value zu schaffen - ob er damit den Verkauf des Unternehmens meint?
Foto: HP Inc.

Enrique Lores, der Ende Oktober den scheidenden Dion Weisler als President und CEO von HP Inc. ablöste, machte keinen Hehl daraus, wo seine Prioritäten liegen. "Wir sehen erhebliche Chancen, um Shareholder Value zu schaffen", sagte der Manager und sprach von mutigen und entschlossenen Maßnahmen, um das nächste Firmenkapitel aufzuschlagen. Lores kündigte an, Führungsstrukturen sowie die Arbeitsweisen des IT-Pioniers massiv verändern zu wollen. "Wir werden ein noch kundenorientierteres und digitales Unternehmen werden, das mit Innovation führt und zielgerichtet handelt."

HP machen vielschichtige Probleme in seinen Kernmärkten zu schaffen. Trotz einer kurzfristigen Erholung im PC-Geschäft im Zuge des Support-Endes von Windows 7 im kommenden Januar, gehen Analysten nicht davon aus, dass sich die PC-Verkäufe langfristig und stabil erholen. Im Gesamtjahr 2018 setzte HP global etwa 56,3 Millionen PCs ab. Das bedeutete gegenüber dem Vorjahr zwar ein leichtes Plus von 2,1 Prozent. Dennoch verlor der Konzern die Führung im weltweiten PC-Geschäft an Lenovo.

Druckermarkt weiter rückläufig

Auch der weltweite Druckermarkt bleibt rückläufig. IDC zufolge verkauften die Hersteller im zweiten Quartal 2019 mit 22,2 Millionen Geräten 5,6 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. HP schnitt dabei mit einem Minus von 3,3 Prozent auf knapp 9,5 Millionen verkaufte Drucker noch vergleichsweise gut ab. Die anderen Top-five-Anbieter im Markt Canon, Epson, Brother und Kyocera beklagten noch größere Rückgänge.

Dabei dürfte der rückläufige Gerätemarkt noch das kleinere Übel sein. Probleme bereitet den Herstellern vor allem das zunehmend schwierigere Geschäft mit Verbrauchsmaterialien, das in der Vergangenheit mit hohen Margen extrem lukrativ lief. Seit einigen Jahren drängen mehr und mehr Drittanbieter auf den Markt, die günstige Toner und Tinten anbieten.

Das schwierige Marktumfeld spiegelt sich in den Geschäftszahlen wider. Im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2019, das mit dem Juli endete, verbuchte HP Inc. einen im Vergleich zum Vorjahresquartal stagnierenden Umsatz von 14,6 Milliarden Dollar. Das Ergebnis von knapp 1,2 Milliarden Dollar (Vorjahr 880 Millionen Dollar) rettete ein Steuervorteil. Der Gewinn vor Steuern brach von einer Milliarde Dollar im dritten Fiskalquartal 2018 auf aktuell 248 Millionen Dollar ein. Schon im August sagte der scheidende CEO Weisler, er sei zuversichtlich, dass der Konzern die richtigen Maßnahmen ergreife, um HP richtig für die Zukunft zu positionieren.

Ob Weisler damit schon auf einen möglichen Verkauf des Unternehmens abzielte, bleibt Spekulation. Im Oktober kursierten jedenfalls kurzzeitig auch Gerüchte, HP könnte Xerox übernehmen.