Mit Ethernet und Serie 8000 in Richtung "Office of the Future":

Xerox auf dem Weg zum papierlosen Büro

20.11.1981

DÜSSELDORF/LONDON (CW) - Das Büro der Zukunft, für Kommunikationsexperten ein bereits abgewetzter Begriff, erhält bei Rank Xerox inzwischen realistische Züge. Mit dem integrierten Netzsystem Xerox 8000, das auf dem Datennetz "Ethernet" basiert, ist dem Unternehmen gelungen, eine Verbindung zwischen Bürogeräten, wie etwa Mikrocomputer oder Kopierer, mit Textverarbeitungsanlagen und elektronischen Druck- und Archivierungssystemen herzustellen.

Ethernet als eine mehr oder weniger komplizierte Kabelkonstruktion zu bezeichnen, wäre sicherlich zu einfach. Das Kommunikationsmedium ist ein Koaxialkabel mit einer Übertragungsrate von 1,2 Millionen Zeichen pro Sekunde, an dem bis zu 1024 Anschlußpunkte über eine Strecke von 2,5 Kilometer verwirklicht werden können. Mit dieser Konzeption ist Xerox zufolge der innerbetrieblichen Informationsverarbeitung künftig kaum eine Grenze gesetzt.

Ethernet ist als busorientiertes Kommunikationssystem zum Transport von digitalisierten Datenpaketen zwischen lokal verteilten, intelligenten Datenstationen konzipiert. Das verwirklichte Verfahren (Ether) gilt als passives Nachrichtenmedium ohne zentrale Kontrollrechner. Jede angeschlossene Station und jeder Benutzer habe die gleiche Chance und Möglichkeit des Zugriffs auf den Bus. Die Zugriffskoordination auf Ethernet zu den Nachrichtenpaketen sei auf gleichrangige Sende- und Empfangsstationen (Transceiver) mit einer kontrollierten Eigenständigkeit verteilt. Ein Transceiver - installiert zwischen Koaxialkabel als Transportmedium und der intelligenten Datenstation - überprüft vor dem Sendebeginn den Übertragungsweg auf eine bereits existierende Übertragung. Dieses Zugriffsverfahren wird bei Xerox CSMA/CD (Carrier Sence Multiple Access/Collision Detection) genannt.

Dienst vom "Server"

Die Schaltung und Steuerung der Pakete zu den Bestimmungsorten werde durch ein Paketerkennungsverfahren in den Transceivern gewährleistet, wobei ein Paket von einer, mehreren oder allen angeschlossenen Stationen empfangen werden könne. Diese Eigenschaft wird Xerox zufolge dadurch erreicht, daß zu einem Zeitpunkt jeweils ein Paket mit höchster Geschwindigkeit transportiert wird.

Die erste Arbeitsstation der Xerox 8000-Serie ist das kürzlich vorgestellte Xerox 860-Informationsverarbeitungssystem, in dem die Verarbeitung von Text, allgemeinen Geschäftsvorgängen und Daten kombiniert wird. Dieses System soll zusammen mit Ethernet benutzt werden. Die von Xerox in Ethernet integrierten Geräte werden als "Server" bezeichnet, da sie dem Benutzer an einem Arbeitsplatz innerhalb des Systems bestimmte Dienste leisten. Xerox 8000-Server werden von einem Prozessor gesteuert, der so ausgerichtet werden kann, daß er verschiedene Funktionen des Bürosystems (Drucken, Ablage und Kommunikation) mit Hilfe der entsprechenden Software und durch Hinzufügen von Peripheriegeräten koordiniert.

Der Datei-Server - zum Beispiel - ist mit verschiedenen großen Magnetplatteneinheiten für die Ablage im Büro ausgestattet. Genauso wie ein Büro- oder Organisationsleiter heute einen oder ein halbes Dutzend Ablageschränke bestelle, könne die Plattengröße ausgewählt werden. Die größte Einheit verfüge über eine Speicherkapazität von rund 10 000 Seiten, mehr als in einen Ablageschrank mit vier Schubladen hineingehe. Einer der Datei-Server biete dem Anwender am Arbeitsplatz den gleichen Zugang zu einem elektronischen Dateischrank sowie zu einer manuellen Ablage. Man könne einen Dateikatalog auf dem Bildschirm aufrufen, eine neue Datei eröffnen, ihr einen Namen geben und Informationen hinzufügen oder löschen.

Die wichtigste Neuerung bei der Xerox-Serie 8000 ist die elektronische Handhabung der Informationsverarbeitung - Sammlung, Transfer, Verarbeitung und Druck - kontrolliert vom Benutzer, jedoch ohne die meisten bisherigen, herkömmlichen manuellen Tätigkeiten im Büro. Nichts muß ausgedruckt werden, bevor es nicht in dieser Form auch gewünscht wird. Eine Hausmitteilung kann geschrieben, verteilt und abgelegt werden, ohne jemals auf Papier zu erscheinen. Berichte können erstellt, abgelegt, wieder aufgefunden und überarbeitet werden - aber sie werden nur auf Anforderung des Empfängers ausgedruckt.

Die Erstellung eines Berichtes, der von verschiedenen Personen an weit auseinanderliegenden Orten genehmigt werden muß - ist ein typischer Ablauf in einer modernen großer Organisation. Heutzutage geht das so:

Der Autor erstellt zuerst einen groben Entwurf mit der Schreibmaschine, mit dem Diktiergerät oder auch vielleicht handschriftlich. Das Ergebnis geht dann an eine Schreibkraft oder ein Textverarbeitungs-Sekretariat. Der Entwurf wird sauber geschrieben, die erste einer langen Reihe von Änderungen erfolgt. Dann wird dieser Entwurf kopiert und vom Standort des Autors verteilt; entweder persönlich oder mit interner Post. Für den Versand an andere Standorte werden die externe Post oder Faksimile benutzt. Jeder Empfänger einer Kopie des ersten Entwurfs fügt nun Kommentare oder Änderungen hinzu, und der gesamte Vorgang beginnt von neuem - Kopien für die Ablage, für den Versand und so weiter.

Wie oft die Kopie ausgetauscht und wie viele Entwürfe neu geschrieben werden müssen, hängt von der Art des Berichts ab. Aber jeder, der diesen Vorgang kennt, kennt auch die Probleme und Verzögerungen, die daraus entstehen. Endlich sammeln sich dann alle Änderungen an einer Stelle, der Autor macht einige Überarbeitungen und ein letzter Entwurf wird vorgelegt. Dann muß er an der Zentralstelle vervielfältigt und durch die Post verteilt werden.

Dasselbe Projekt wird künftig mit dem Xerox 8000-Netzwerksystem folgendermaßen ablaufen:

Der Autor des Dokuments benutzt einen Arbeitsplatz mit Tastatur anstelle einer Schreibmaschine. Wenn Hilfe erforderlich ist, können die Teilnehmer über ein Dateisystem zwischen ihren Stationen Material hin- und herschicken. Jeder kann die Kopie der Arbeit des anderen auf dem Bildschirm sehen und problemlos Wörter, Abschnitte oder Seiten umstellen. Wenn die Bedienungskraft ein Referenzdokument sehen möchte, kann dies ebenfalls sofort aus dem elektronischen Dateisystem aufgerufen werden.

Ist ein Entwurf fertig, kann er sofort auf den Bildschirm einer anderen Arbeitsstation befördert werden. Der Empfänger überträgt alle Kommentare genausoschnell. Hat der Autor die Antworten aller Beteiligten erhalten, ist der endgültige Entwurf fertig.

Zusammenfassung der technischen Informationen über Ethernet

- Konstante Datenübertragungsrate: 10Mio. Bits/Sek.

- Maximale Entfernung Station zu Station: 2,5 km

- Maximale Anzahl der Stationen: 1024

- Medium: geschütztes Koaxial Kabel, Typ RG 8 U (Beldon 8214)

- Topologie: passiver Bus, keine zentrale Steuerung

- Maximale Länge eines Kabelsegmentes: 500 m

- Maximale Anzahl Empfänger /Sender pro Segment: 100

- Maximale Kabellänge Koaxial Kabel zur Station: 50 m

- Ethernet-Paket-Länge:

68 - 1522 Bytes

- Gehäusegröße des Empfängers/Senders: 10 cm x 8 cm x 8 cm

- Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit Verstärker: maximal 1000 m

-Maximale Kabellänge zwischen zwei Empfänger/Sender: 1500m

- Darstellung des Netzes: mehr dimensional