Xen 3 wird zur VMware-Alternative

20.01.2006
Von 
Andrej Radonic ist Experte für Virtualisierung, Cloud-Technologien und Open Source Anwendungen. Der Fachbuchautor ist Vorstand der interSales AG und entwickelt für mittelständische Unternehmen anspruchsvolle E-Commerce Lösungen.
Die freie Software unterstützt die Virtualisierungsfunktionen der neuen Prozessorgeneration und kann damit beliebige Gastsysteme ausführen.

Angesichts der allgemein geringen Server-Auslastung liegt der Gedanke nahe, mehrere Systeme parallel auf einer Hardware zu betreiben. Ein einfaches, häufig praktiziertes Beispiel ist das Aufteilen von Mail-, Web- und Datenbank-Servern auf einzelne virtuelle Maschinen.

Für eine derartige Server-Konsolidierung sind Performance sowie ein hoher Isolationsgrad der einzelnen virtuellen Maschinen von entscheidender Bedeutung. Denn Hardware- und Administrationskosten können durch die Server-Virtualisierung nur dann reell und effektiv gesenkt werden, wenn möglichst viele Gast-Betriebssysteme ohne Geschwindigkeitsverlust pro Hardwareeinheit laufen können, wenn die Stabilität der Gäste auch dann gewährleistet ist, falls eine der virtuellen Maschinen ausfällt oder instabil wird, und wenn die verarbeiteten Daten effektiv voneinander abgeschottet werden können - im Arbeits- und Festspeicher wie auch im Netzwerk.

Xen ist ein "Virtual Machine Monitor", der eine Abstraktionsschicht zwischen Gast, Betriebssystem und der Hardware einzieht.
Xen ist ein "Virtual Machine Monitor", der eine Abstraktionsschicht zwischen Gast, Betriebssystem und der Hardware einzieht.

Xen sieht sich aufgrund seiner effektiven Systemarchitektur als Vorreiter in Sachen Performance. Studien bescheinigen ihm mit zwei bis fünf Prozent eine sehr geringe Verlustrate gegenüber dem "blanken Eisen". Software auf Basis von Emula- tionstechnik (beispielsweise "VMware GSX", "MS Virtual Server") muss hier Overhead-bedingte Einbußen von 20 bis 25 Prozent hinnehmen. Andere Systeme wie "Denali" bringen es zwar auf eine ähnliche Geschwindigkeit, setzen aber die Anpassung sämtlicher Appli- kationen voraus und errichten damit für einen breiten Einsatz eine kaum unüberwindbare Hürde.

Das erst kürzlich veröffentlichte Xen 3 verkörpert das letzte Ziel aller Virtualisierungsansätze: die vollständige Virtualisierung, die direkt im Prozessor stattfindet und somit Anpassungen im Kernel des Betriebssystems überflüssig macht. Dies ist nur möglich im Zusammenspiel mit den Virtualisierungstechniken der Prozessorfamilien von Intel (Virtualization Technology VT beziehungweise "Vanderpool") und AMD (Pacifica).

Damit ist Xen 3 in der Lage, unmodifizierte Gastsysteme, darunter auch Microsoft Windows, als Gast auszuführen. Derzeit sind die Chips aber noch nicht in Stückzahlen verfügbar, so dass man auf erste eigene Tests noch ein wenig wird warten müssen.