Neuer Portability Guide im kommenden Jahr

X/Open will User, Produkte und Normnen unter einen Hut bringen

29.11.1991

RESTON/VIRNGINIA (qua)- Wie die bereits angekündigte Restrukturierung der X/Open Co. konkret aussehen könnte, erläuterte Chief Technical Officer Mike Lambert anläßlich der Xtra-Konferenz in Reston, Virginia.

Die "Spezifizierungsorganisation" wolle künftig zwischen den drei Polen Produkte, Standards und Anwenderforderungen vermitteln.

Wie Lambert ausführte, hatte die von X/Open wahrgenommene Aufgabe bislang darin bestanden, eine Beziehung zwischen den formalen Standards und den implementierten Produkten herzustellen.

Greifbares Ergebnis dieser Bemühungen sind die X/Open-Spezifizierungen, die in den Portability Guides (XPG) festgeschrieben wurden.

Seit geraumer Zeit sucht X/Open nun nach mehr Anwendernähe. Die Rede ist sowohl davon, die Anforderungen der Benutzer stärker zu berücksichtigen, als auch, die Anwender finanziell und personell in die Pflicht zu nehmen (vgl. Interview mit X/Open-Chef Geoff Morris in der CW Nr. 41 vom 11. Oktober 1991, ab Seite 11). Nachdem kürzlich eine Reihe von Anbietern ihre finanzielle Unterstützung zurückgezogen hatten (siehe CW Nr. 47 vom 22. November 1991, Seite 4), behaupten böse Zungen, daß X/Open jetzt auf das Geld der Anwender angewiesen sei.

Wie ernst es den nach wie vor ausschließlich aus den Reihen der Hersteller stammenden X/Open-"Shareholders" mit ihrem Streben nach Anwenderorientierung ist, wird sich daran ablesen lassen, ob und inwieweit die in den Xtra-Workshops erarbeiteten User-Anforderungen ihren Niederschlag in Produkten finden. Die Anwender ihrerseits können bislang nur eine generelle Bereitschaft zum Engagement signalisieren. "Wir sind noch nicht sicher, welche Art von Unterstützung überhaupt von uns gefordert wird", erläuterte Don Augustine, Director- Plannig and Technology beim Flugzeughersteller McDonnell Douglas, stellvertretend für andere Teilnehmer.

Was die Open-Systems-Interessenten von den - großen Anwenderunternehmen erwarten, ließ Lambert am Rande der Konferenz durchblicken: Sie sollen mit Investitionsboykott drohen, bis ihre Forderungen nach offenen Systemen erfüllt würden. "Wir brauchen sogenannte User-Champions - Un. ternehmen, die klar machen, daß sie offene Systeme kaufen werden oder gar nicht" so der Technik-Manager, "und paradoxerweise werden sie dann nicht lange warten müssen, bis sie diese offenen Systeme tatsächlich kaufen können."

Lambert ließ keinen Zweifel daran, daß X/Open einer Standardisierung existierender Produkte nach wie vor ablehnend gegenüberstehe, da sich auf diese Weise keine Konkurrenz entfalten könne. Der X/Open-Manager: "Was wir nicht wollen, ist, Innovationen abzublocken; nur durch Konkurrenz können wir einen Fortschritt erzielen".

Um den jüngsten Forschritten auf dem Gebiet der Technik und den aktuellesten Regierungs- spezifikationen Rechnung zu tragen, wir X/Open im kommenden Jahr eine neue XPG-Ausgabe veröffentlichen. Details wollte der oberste X/Open-Techniker allerdings noch nicht preisgeben. Nach Ansicht von Branchenbeobachtern wird der XPG4 aber die Arbeitsergebnisse der Object Management Group" zum "Object Request Broker" berücksichtigen.