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Überall Piraten

X-Men-Raubkopie lässt Unterhaltungsbranche verzweifeln

08.04.2009
Von pte pte
Jeder Blockbuster, der vor der Kinopremiere im Internet auftaucht, facht die Diskussionen um Internet-Piraterie wieder an. Das Problem gleicht inzwischen einem Flächenbrand.

Das Auftauchen illegaler Kopien des noch unveröffentlichten Blockbusters "X-Men Origins: Wolverine" hat die Unterhaltungsindustrie neuerlich in die Verzweiflung versetzt. So zeichneten US-Bundesgesetzgeber und Branchenvertreter am Montag bei einer Kongressversammlung ein besonders düsteres Bild darüber, welchen Schaden die internationale Internetpiraterie hinterlassen kann. Auch der Ausblick auf die künftige Bekämpfung der illegalen Verbreitung von Musik, Filmen und anderen geschützten Inhalten fiel wenig optimistisch aus. Wie die "New York Times" berichtet, sprechen Anwälte und Unternehmensvertreter von einer sich verschlechternden Situation und rund 20 Milliarden Dollar jährlichem Verlust weltweit.

Vor allem in den Ländern China, Russland, Indien und überraschenderweise auch in Kanada ortet die Industrie die größten und stärksten Piraterienetzwerke. Die US-Politiker wollen nun an Gesetzen arbeiten, die dem Piraterieproblem im Ausland mehr Relevanz einräumen. Nationen, denen es nicht gelinge, den Diebstahl von US-Content einzudämmen, hätten nach wie vor vollen Zugang zum amerikanischen Markt, wenn es um ihre eigenen Waren gehe. "Das wird in Zukunft zunehmend strittig werden", meint etwa Brad J. Sherman, demokratischer Abgeordneter aus Kalifornien.

Auch hierzulande sprechen die Rechteinhaber von einer Verschärfung des Piraterieproblems. "Eine nahezu flächendeckende Verbreitung von Breitbandanschlüssen in den deutschsprachigen Ländern, fallende Servermieten, sinkende Preise für externe Festplatten und zunehmend leistungsfähige Rechner schaffen auch vereinfachte Voraussetzungen für Online-Piraterie", bestätigt Matthias Leonardy, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), gegenüber pressetext. Mehr als 90 Prozent aller Urheberrechtsverletzungen fänden im Internet statt oder starteten dort. "Diese Tendenz wird sich - nicht zuletzt infolge der Wirtschaftskrise - weiter fortsetzen, wenn nicht mit geeigneten Mitteln gegengesteuert wird", so Leonardy weiter. Zwar begegne die Wirtschaft dieser Entwicklung mit hoher Dynamik und zunehmend komplexen Strategien. "Allerdings können die Kreativ-Wirtschaften das Problem nicht allein bewältigen. Die Verantwortlichkeit für effektive Lösungen liegt ebenso beim Staat."

Laut Schätzungen von Universal-Music-Chef Zach Horowitz wird nur jede dritte CD und jeder zwanzigste Download auf der Welt legal erstanden. In der Kritik steht dabei ganz besonders die chinesische Suchmaschine Baidu, die Links zu Webseiten mit illegalem Content bereitstellt. Mit welchen Maßnahmen entsprechend gegen das Piraterieproblem beispielsweise in China sowie in Kanada, von wo aus große Mengen an Raubkopien in die USA gebracht werden, vorgegangen werden kann, darüber herrscht bei den Branchenvertretern weitgehend Ratlosigkeit.

Steven Soderbergh, der als Vizepräsident der Directors Guild of America an der Versammlung teilnahm, verwies zumindest auf das französische Modell, das kurz vor der Umsetzung steht. Demnach wird Internetpiraten nach drei Verstößen der Zugang zum Netz gesperrt. Soderbergh zeigte sich gleichzeitig jedoch unsicher darüber, wie eine solche Maßnahme entsprechend ausführbar sein könnte. "So ein Gesetz in den USA durchzusetzen, könnte sehr schwierig werden", meint der Filmregisseur. (pte)