Mit CCITT-Empfehlung können Anwender sich auf spezielle Probleme ihrer Anwendung konzentrieren:

X.25 kann Kosten eines Netzwerkes verringern

21.08.1981

1976 verabschiedete das Comitteé Consultative International Téléphonique et Télégraphique (CCITT) die Empfehlung X.25. Obwohl diese Empfehlung in vieler Hinsicht sehr detailliert ist, meint Harald Wosnitza *, Autor des folgenden Beitrags, jedoch, enthalte sie auch unklare oder nur vage festgelegte Abschnitte. Wosnitza setzt sich mit dem Problem auseinander und erläutert einige grundsätzliche Funktionen. Trotz der Mängel stelle X.25 eine Grundlage zur Verbindung von Computern verschiedener Hersteller dar - vorausgesetzt, diese bieten eine X.25-Schnittstelle an.

Vor ungefähr zehn Jahren kündigte das U.S. Verteidigungs-Ministerium über seine Advanced Research Projects Agency an, Pläne für ein Computer-Kommunikations-Netzwerk zu realisieren. Dieses experimentelle Netzwerk wurde unter dem Namen Arpanet weltweit bekannt. Arpanet sollte die Grundlage schaffen für Kommunikationsverbindungen zwischen Computern; aber es schuf darüber hinaus eine Fülle von empirischem Wissen über die Eigenschaften von Paketvermittlungsnetzen und bewies deren Nützlichkeit.

Die Paketvermittlung ist eine Übermittlungsmethode, die nach dem "Store and Forward"-Prinzip arbeitet. Bei diesem Verfahren wird eine über mehrere Zwischenstationen hinweg zu übertragende Nachricht in jeder Zwischenstation empfangen, gespeichert und dann an die nachfolgende Station weitergereicht. Zusätzlich werden die zu übermittelnden Nachrichten in Segmente fester Länge, sogenannte Pakete unterteilt.

Diese Aufteilung des Datenstromes erleichtert das Zwischenpuffern an den Netzknoten entlang eines Weges von der Datenquelle zur Datensenke. Ein hoher Datendurchsatz kann mit diesem Verfahren erreicht werden weil eine Zwischenstation ein empfangenes Paket zur nächsten weiterreichen kann, ohne auf das Eintreffen aller zur Nachricht gehörenden Pakete warten zu müssen. Dadurch kann im Vergleich zur nicht paketvermittelten "Store and Forward"-Übertragung eine beträchtliche Verringerung der Übertragungszeit erreicht werden.

Ständige Überarbeitung

Die 1976 vom CCITT (Comitteé Consultative International Téléphonique et Télégraphique) verabschiedete Empfehlung X.25 ist natürlich inzwischen Quasi-Standard geworden, sowohl für den Betrieb von, als auch für den Anschluß an öffentliche Paketvermittlungsnetze. Obwohl X.25 in vieler Hinsicht sehr detailliert ist, enthält es jedoch unklare oder nur vage festgelegte Abschnitte, die in der Vergangenheit in den Paketvermittlungsnetzen verschieden ausgelegt und realisiert wurden. Diese Abschnitte und andere neue Aspekte von X.25 befinden sich in ständiger Überarbeitung.

Die existierende X.25-Empfehlung definiert eine Standard-Schnittstelle zwischen einer Datenendeinrichtung (DEE) und einer Datenübertragungseinrichtung (DÜE), die im Paketmodus mit einem öffentlichen Datennetz arbeitet. Diese Schnittstelle gestattet es den Benutzern der DEE, Verbindungen herzustellen, über die Daten ausgetauscht werden können.

Eine DEE ist normalerweise beim Benutzer installiert und kann ein Mainframe-Rechner, ein Minicomputer oder im einfachsten Fall nur ein Terminal sein. Die DÜE ist das verbindende Element, das heißt derjenige Netzwerkknoten, der für den Verbindungsaufbau zur gewünschten Ziel-DEE und für die Übermittlung der Datenpakete zu ihr verantwortlich ist.

Das Paket ist die Datenmengeneinheit, die von der einen DEE zur anderen durch die DÜE übermittelt wird. Die Empfehlung des CCITT legt die Paketgröße auf 128 Bytes, die zusätzlich mit einem Kopf versehen sind, fest.

Ein Schlüsselbegriff zum Verständnis der paketvermittelten Netzwerke ist der der Verbindung von Datenquelle zu Datensenke, die virtuelle Verbindung. Eine virtuelle Verbindung ist eine logische Verbindung, die für eine gewisse Zeit zwischen zweien in den DEE vorhandenen Prozessen existiert. X.25 legt zwei Typen von virtuellen Verbindungen fest: virtuelle Wählverbindung und virtuelle Standverbindung.

Eine virtuelle Wählverbindung wird während einer besonderen Verbindungsaufbauprozedur hergestellt und in einer Verbindungsabbauprozedur wieder aufgehoben, die beide in X.25 definiert sind. Eine virtuelle Standverbindung wird durch eine Vereinbarung mit dem Träger des öffentlichen Paketvermittlungsnetzes etabliert und bedarf keiner Verbindungsauf- und -abbauprozeduren.

Eine virtuelle Verbindung ist eine Vollduplex-Verbindung zwischen zwei DEE und in gewissem Sinne ein Analogon zu einer privaten Punkt-zu-Punkt-Standleitung. Der gesamte Datenverkehr über eine virtuelle Verbindung findet in Form von Paketen statt. Die netzseitigen Betriebsmittel, die zur Übertragung notwendig sind, werden nur dann der virtuellen Verbindung zugewiesen, wenn wirklich Pakete übermittelt werden sollen.

Das X.25-Protokoll legt also fest, wie zwei Benutzerprozesse über ein öffentliches Paketvermittlungsnetz miteinander verbunden werden. Dazu definiert X.25 eine Schnittstelle zwischen der DEE, die einen der Benutzerprozesse ausführt, und der DÜE, die denjenigen Knoten des Netzes darstellt, der für die Herstellung der Verbindung zum entfernten Benutzerprozeß verantwortlich ist. Die virtuelle Verbindung umfaßt somit zwei DEE-DÜE-Paare.

Eine wichtige Eigenschaft der X.25-Schnittstelle ist, daß sie die gleichzeitige Existenz mehrerer virtueller Verbindungen erlaubt. Eingesetzt wird das sogenannte asynchrone time division multiplex (ATDM)-Verfahren zur verzahnten Übertragung der Pakete. ATDM, auch statistisches Multiplex genannt, unterscheidet sich von anderen Multiplex-Verfahren insofern, als daß nicht ein fest zugeordnetes Zeitintervall jeder virtuellen Verbindung zugeteilt wird, sondern es dynamisch einer aktiven virtuellen Verbindung zuweist.

Das X.25-Protokoll besteht aus drei hierarchischen Schichten. Schicht eins definiert die elektrische und physikalische Schnittstelle und wird durch die CCITT-Empfehlung X.21 festgelegt.

Die zweite Schicht von X.25 steuert die Leitungs-Verbindung zwischen einer DEE und DÜE und legt die Prozeduren zum Auf- und Abbau der Verbindung zur Datenübermittlung, zur Fehlererkennung und Verbindungswiederherstellung fest, die DEE und DÜE in die Lage versetzen, Daten auszutauschen. Die in der Schicht zwei festgelegte Steuerung ist eine Untermenge der von der International Standards Organisation (ISO) festgelegten High-Level Data Link Control (HDLC).

Diese Untermenge wird Link Access Procedure (LAP) genannt. LAP beschreibt zwei verschiedene Vollduplex-Verbindungen im sogenannten asynchronous response mode (ARM). Die Schicht zwei wurde dann durch CCITT durch LAP-B ersetzt, die den balanced mode von HDLC vorschreibt. ARM beschreibt hauptsächlich Verbindungen zwischen einem Terminal-/Übertragungscontroller und den einzelnen Terminals, wogegen der balanced mode die Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen zwei Controllern beschreibt.

Obwohl HDLC als bitorientiertes Protokoll entwickelt wurde, haben einige der Träger von Paketvermittlungsnetzen (zum Beispiel Datex-P Telenet, Transpac, Datapac) zeichenorientierte Versionen von HDLC realisiert, die die Steuerzeichen des BSC (Binary Synchronous Communication) von IBM verwenden. Die meisten X.25-Schnittstellen benutzen BSC zur Zeit und diese Schnittstelle wird wohl noch eine ganze Zeit angeboten werden. Die Verbindung zwischen DEE und DÜE kann im allgemeinen als private Leitung betrachtet werden. Die Übertragungsgeschwindigkeit kann im allgemeinen von 2,4 bis 48 KBit pro Sekunde gewählt werden.

Die dritte hierarchische Schicht von X.25 befaßt sich mit der logischen Verbindung zwischen DEE über das Paketvermittlungsnetz. Die Schicht drei legt Prozeduren oberhalb der Leitungsschicht fest, die virtuelle Verbindungen auf- und abbauen, Daten transferieren und die den Datenfluß steuern.

Die Prozedur zum Aufbau der virtuellen Verbindung beginnt damit, daß die DEE des Benutzers ein CALL REQUEST-Paket zur DÜE des Netzes sendet. Innerhalb dieses Paketes wird die gewünschte entfernte Partner-DEE angegeben. Die lokale DÜE wertet den CALL REQUEST aus und übermittelt ihn durch das Netz zur DÜE der gerufenen DEE. Die Methode zur Bestimmung des Weges, den ein solches Paket dabei über das Netz nimmt, ist nicht durch X.25 festgelegt. Die entfernte DÜE generiert daraus ein INCOMING CALL-Paket und gibt es an die DEE weiter. Diese akzeptiert den Wunsch zum Aufbau der virtuellen Verbindung und gibt ein CALL ACCEPTED-Paket zurück, oder sie verweigert den Verbindungsaufbau und gibt ein CALL CLEARING-Paket zurück.

Nachdem der Verbindungsaufbau der rufenden DEE gemeldet wurde, tritt die virtuelle Verbindung in den Zustand der Datenübertragungsbereitschaft. In diesem Zustand können Datenpakete gesendet und empfangen werden. Wenn alle Daten übertragen und quittiert worden sind, beginnt die ehemals rufende DEE den Verbindungsabbau. Nachdem die Ziel-DEE eine Bestätigung dazu gegeben hat, wird die virtuelle Verbindung wieder aufgelöst.

Nutzen für die Anwender

Trotz seiner kleinen Mängel bietet X.25 eine Grundlage zur Verbindung von Computern verschiedener Hersteller, vorausgesetzt natürlich, diese bieten eine X.25-Schnittstelle an. X.25 kann die Kosten, den Entwicklungszeitraum und den Unterhaltungsaufwand eines zweckorientierten Kommunikationsnetzwerkes verringern.

Mit X.25 können die Funktionen der Kommunikation von denen der Anwendung getrennt werden. Die Benutzer können sich so auf die Probleme ihrer speziellen Anwendung konzentrieren und ausreichende Rechnerkapazität dort im Netzwerk ansiedeln, wo sie am effizientesten genutzt werden kann.

Sobald die Benutzer in der Lage sind, sich mehr ihrer Anwendung zu widmen, werden die Protokolle der höheren Schichten stärker ausgeformt werden, um die Erfordernisse besonderer Benutzergruppen zu erfüllen. Diese könnten beispielsweise sein: Auftragseingabedienste zwischen Herstellern und Zwischenhändlern, Eingabe- und Abfragedienste für die verschiedenen Dienstleistungsbereiche von Versicherungen und Anwendungen, die der elektronischen Post nahekommen. Die Paketvermittlung wird diese Anwendungen schneller und weniger fehleranfällig machen als die gegenwärtige Realisierung, wo Formulare ausgefüllt, verschickt, am Zielort auf computerlesbares Medium erfaßt und dann verarbeitet werden. Das öffentliche Paketvermittlungsnetz macht dies möglich, und "Normen" wie X.25 machen das Netzwerk allen zugänglich.

Der Netzzugang über die Ländergrenzen hinweg stellt kein technisches Problem dar. Durch das sogenannte "Gateway"-Verfahren können verschiedene Netzwerke transparent für den Benutzer miteinander verbunden werden. Die CCITT-X.25-Empfehlung regelt diesen Übergang zwischen Netzen.

* Harald Wosnitza ist Systemingenieur bei der Data General GmbH, Eschborn.