Thin-Client-Pionier auf PC-Pfaden?

Wyse Technology startet Preisoffensive

09.11.2001
MÜNCHEN (kf) - Um Firmen für das Thin-Client-Konzept zu gewinnen, will Wyse Technology den Preis für seine Terminals deutlich senken. Zugleich schielt der Hersteller auch mit Softwarelösungen auf den Desktop-Bereich.

"Wir wollen über den Preis einen deutlichen Unterschied zum PC schaffen", kommentiert Stephen Yeo, Marketing-Direktor der Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika (Emea) von Wyse Technology, die aktuelle Preisoffensive des Herstellers. Zwar hätten Thin Clients bei den Kosten für die gesamte Betriebsdauer schon immer besser abgeschnitten als PCs. In Anbetracht der gesamtwirtschaftlichen Schieflage und zu Zeiten schrumpfender IT-Budgets sollen die abgespeckten Geräte ihre PC-Verwandtschaft nun jedoch auch mit dem Anschaffungspreis in den Schatten stellen.

Die Dünnen werden billigerUm die Hemmschwelle für den Einstieg in die Thin-Client-Welt zu senken, hat Wyse den Preis für sein Lowend-Modell, das ICA-Terminal "Winterm 1200LE", von etwa 580 auf knapp 463 Euro inklusive Mehrwertsteuer reduziert. Ein weiterer Preisvorteil ergibt sich laut Yeo aus dem Bundling von neuen Wyse-Systemen - wie den beiden Thin-Clients "Winterm 3235LE" und "Winterm 8235LE" - mit der Management-Software-Suite des Herstellers, die aus dem "Remote Administrator" sowie der Workgroup-Edition von "Rapport" besteht. Letztere hatte sich Wyse im vergangenen Jahr mit der Übernahme des auf Netzwerk-Management-Software und Embedded-Applikationen spezialisierten US-Unternehmens Netier ins Haus geholt.

Die beiden Neuen im Wyse-Portfolio sind sich in ihrer Grundausstattung ähnlich: Sie verfügen jeweils über vier USB-Schnittstellen, einen 100-Megahertz-Frontside-Bus sowie einen Smartmedia-Flash-Socket. Beide sind mit eingebauter Real-Time-Clock sowie integriertem "Internet Explorer" ausgestattet.

Das Winterm 3235LE, das eine Auflösung von 1280 mal 1024 Pixel bei 85 Hertz und 16-Bit-Farbtiefe unterstützt, soll sich für Anwender im LAN eignen, die in erster Linie auf Standardanwendungen wie E-Mail, Office-Anwendungen und Internet-Browser sowie andere Netzressourcen wie Drucker zugreifen wollen. Das 3235LE kostet knapp 644 Euro.

Das Winterm 8235LE soll aufgrund seines großzügigen Speichers Zugriff auf lokale Windows-Applikationen bieten. Da sich 32-Bit-Anwendungen in das Terminal-Memory integrieren lassen, stehen Applikationen, die nicht Server-gestützt realisiert werden können oder sollen, direkt im Thin Client zur Verfügung. Das modulare Custom-Application-Terminal basiert auf Windows NT 4.0 Embedded und kostet mit 64 MB Flash/64 MB RAM rund 886 Euro, während das Modell mit 96 MB Flash/96 MB RAM mit knapp 1072 Euro zu Buche schlägt.

Laut Yeo sorgt das steigende Sicherheitsbewusstsein - kombiniert mit dem globalen Wirtschaftsabschwung - für eine weitere Belebung des Thin-Client-Markts. So habe sein Unternehmen im Geschäftsjahr 2001 entgegen dem allgemeinen Abwärtstrend 200 Millionen Dollar Umsatz erzielt. Zusätzlichen Aufwind für die unkomplizierten Sparrechner verspricht sich der Wyse-Marketier von der Freigabe von Windows XP für Desktops - in der Hoffnung, dass Unternehmen angesichts der dann anstehenden Upgrade-Prozeduren im PC-Umfeld erst recht mit einer pflegeleichteren Alternative liebäugeln.

Allein auf rosige Zeiten für das Thin-Client-Hardwaregeschäft scheint sich Wyse allerdings nicht zu verlassen. Wie Ende 2000 angekündigt, will sich das Unternehmen über das reine Terminalgeschäft hinaus als Anbieter von Thin-Device-Management-Lösungen etablieren. Insbesondere die Management-Software "Rapport" soll den über den Verkauf von Software erzielten Anteil am Gesamtumsatz deutlich steigern.

Langfristig soll sich Rapport jedoch auf das Handling nicht nur von Thin-Clients, sondern auch anderer "Thin-Devices" wie Handys, PDAs oder Settop-Boxen verstehen. Rein technisch ist die Software laut Wyse bereits dazu in der Lage, auch vernetzte PCs zu verwalten. Eine Abkehr vom Thin Computing zugunsten des Softwarestandbeins also?

"Das klügste Konzept ist immer noch, jedes Produkt auf seinen eignen Füßen stehen zu lassen", erklärt Yeo. Natürlich wolle man nicht speziell den PC-Anbietern das Handling ihrer Systeme erleichtern. Das Softwaregeschäft zeichne sich aber nun einmal durch höhere Margen aus. Das Management sicherer Desktops sei das Ziel - entsprechend werde sich das Produkt Rapport innerhalb der nächsten zwei Jahre öffnen.