Wüstenrot spart Lizenzkosten ein

31.01.2005
Von Raimar Zeck
Um ihren Bestand an Softwarelizenzen an den tatsächlichen Bedarf der rund 16 000 Mitarbeiter anzupassen, hat die Wüstenrot und Württembergische AG eine Lösung für das Lizenz-Management eingeführt.

Softwarelizenz-Management: mangelhaft. Das ist die Diagnose, die einer KPMG-Studie zufolge auf rund 90 Prozent der deutschen Unternehmen zutrifft. Haben Anwender zu wenig Lizenzen gekauft, ist das juristisch riskant, liegen zu viele Softwarepakete ungenutzt in den Regalen, wird Geld verschwendet. Ein effizientes Lizenz-Management soll deshalb dafür sorgen, dass die Anzahl der Softwarelizenzen im Unternehmen jederzeit mit der tatsächlichen Nutzung übereinstimmt. Abgesehen von der nötigen Rechtssicherheit können Anwenderfirmen auf diesem Weg an der Software sparen- laut KPMG im Durchschnitt 15 Prozent.

Schwierige Ausgangslage nach Fusion

Die Wüstenrot & Württembergische AG (W&W) gehörte zu den vielen Unternehmen, die hier Handlungsbedarf hatte. Der Finanzdienstleister zählt rund sechs Millionen-Kunden und brachte es 2003 auf eine Konzernbilanzsumme von 54,5 Milliarden Euro. Bei Arbeitsplatzrechnern für rund 16 000 Mitarbeiter ist es eine Herausforderung, den Überblick über erworbene Lizenzen und installierte Software zu behalten. Die Zusammenlegung der IT-Abteilungen im Zuge der Fusion der Württembergischen Versicherung und der Wüstenrot Bausparkasse im Jahre 1999, aus der die W&W hervorging, erschwerte die Aufgabe weiter.

Welche Software Mitarbeiter auf ihren Rechnern tatsächlich nutzen, blieb bei der W&W - wie in vielen anderen Unternehmen auch - im Dunkeln. "Um uns nicht der rechtlichen Gefahr einer Unterlizenzierung auszusetzen, erwarben wir in der Vergangenheit bei jeder Installationsanfrage neue Lizenzen, ohne den wirklichen Bedarf überprüfen zu können - ein unhaltbarer Zustand", beschreibt Klaus-Rüdiger Willer, Geschäftsführer der W&W IT-Tochter W&W Informatik GmbH, die Situation.

Im Rahmen eines Programms zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung im IT-Betrieb, bei dem die Unternehmensberatung Accenture federführend war, bestätigten interne IT-Experten gemeinsam mit den Beratern unter anderem ein großes Einsparpotenzial im Bereich Lizenz-Management. In der Folge unterstützte Accenture die W&W Informatik GmbH auch bei der Implementierung einer entsprechenden Lösung, um Sparmöglichkeiten zu nutzen.

Die W&W Informatik GmbH musste zuerst Klarheit über die Anzahl der im gesamten Konzern erworbenen Lizenzen und Installationen schaffen. Die Inventarisierung der Softwarelizenzen bereitete dabei wenig Schwierigkeiten, da die nötigen Informationen aus den Verträgen und Bestellungen hervorgingen. Komplexer gestaltete sich jedoch die Aufgabe, die tatsächliche Nutzung zu ermitteln.

Accenture verfasste deshalb in Zusammenarbeit mit der W&W Informatik GmbH einen Anforderungskatalog für ein Werkzeug, das alle betreuten Arbeitsplatzrechner nach installierter Software und deren Nutzung scannen sowie die Lizenzen effizient verwalten sollte. "Wichtig war uns, mit einem intelligenten Scanverfahren das Datenvolumen und damit die durch die vielen Außendienststellen entstehenden Datenübertragungskosten auf ein Minimum zu reduzieren und gleichzeitig valide Ergebnisse zu erhalten", erklärt Axel Funke, Leiter des Rechenzentrums.

Offline-fähige Scan-Komponente

Da die rund 6000 Außendienstmitarbeiter der W&W zum Teil nur via ISDN mit der Zentrale verbunden sind, sollte das Werkzeug auch über eine offline-fähige Scan-Komponente verfügen. Eine ständige Verbindung zum Server hätte zu hohe Kosten verursacht. Nach der Evaluierung zahlreicher Lizenz-Management-Werkzeuge entschied sich die W&W für "SAM-System" von PC-Ware. "Die Lösung erfüllte die von uns gestellten Anforderungen - überzeugende Scan-Ergebnisse und niedrige Datentransfervolumen - am besten", begründet Andreas Hausser, Einkaufsleiter der W&W Informatik, die Produktauswahl.

Das Projektteam installierte die Scan-Komponente auf allen Arbeitsplatzrechnern und ermittelt seitdem die dort vorhandenen Programme sowie deren Nutzung. Anhand der gefundenen Dateien und Uninstall-Informationen erkennt die Lösung alle Programme nach einer definierten Logik. Die so eindeutig identifizierte Software wird zusammen mit den dazugehörigen Nutzungsdaten in eine Datenbank übermittelt und dort mit dem erworbenen Lizenzinventar verknüpft. Aus diesen Informationen wird automatisch ein Lizenzkonformitätsreport generiert, der die Anzahl der Installationen, die tatsächliche Nutzung und die erworbenen Lizenzen je Produkt gegenüberstellt. Als wesentlichen Erfolgsfaktor für die schnelle und reibungslose Einführung dieser Lösung sieht W&W-Informatik-Geschäftsführer Willer die enge Zusammenarbeit zwischen Einkauf, Technik und Betriebsrat.

Beim Lizenz-Manager laufen alle Fäden zusammen

Neben der technischen Infrastruktur implementierte die W&W Informatik auch eine neue Funktion im Einkauf: den Lizenz-Manager. Dessen Kernaufgabe ist es, für Lizenzkonformität zu sorgen und dabei die Kosten zu senken. Der Lizenzkonformitätsreport, der Unter- oder Überlizenzierung erkennen lässt, liefert dabei die Informationen, die den Lizenz-Manager handlungsfähig machen. "Nur durch diesen Bericht ist es möglich, ein Gleichgewicht von Installationen, Nutzung und erworbenen Lizenzen herzustellen und zu sichern", unterstreicht Einkaufschef Hausser.

Überlizenzierungen baut die W&W Informatik durch Deinstallation und Verkauf der Softwarelizenzen ab. Den rechtlich kritischen Fall der Unterlizenzierung beseitigt sie mit Nachkäufen. Bei jeder Installationsanfrage prüft der Lizenz-Manager jetzt, ob noch freie Lizenzen verfügbar sind oder ob Lizenzen auf anderen Arbeitsplatzrechnern ungenutzt ihr digitales Dasein fristen und nach deren Deinstallation an anderer Stelle einsetzbar sind. Damit spart die W&W Informatik laufend Lizenz- und Wartungskosten und erhält Rechtssicherheit. Auf dem wachsenden Markt für gebrauchte Softwarelizenzen entstehen durch den Verkauf ungenutzter Software zusätzliche Erlöse für das Unternehmen.

Als nützlicher Nebeneffekt ergibt sich durch das aktive Lizenz-Management eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber den Softwareherstellern. Da nun die exakte Nutzung bestimmbar ist, steht nutzungsbezogenen Lizenzmodellen nichts mehr im Wege. Auch für Wartungsverträge lässt sich so eine günstigere Berechnungsgrundlage erreichen, die der Finanzdienstleister in entsprechenden Nachverhandlungen geltend machen kann.

Die stetige Überprüfung des technischen Softwareinventars und die regelmäßige Aktualisierung des kaufmännischen Lizenzinventars sind notwendige Voraussetzung, um auch langfristig zu sparen. "Durch das nun eingeführte Lizenz-Management wurden dank stärkerer Verhandlungsposition und erfolgreichem Softwareverkauf die Projektkosten bereits im ersten Jahr wieder hereingeholt. Wir erwarten auch in Zukunft signifikante Einsparungen aus diesen Maßnahmen", bilanziert Hausser. (rg)