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WSJ: SEC verklagt fünf ehemalige Lucent-Manager

17.05.2004

Die US-Börsenaufsicht SEC will offenbar im Fall Lucent ein Exempel statuieren. Wie das "Wall Street Journal" (WSJ) berichtet, plant die Behörde, zusätzlich zu einer Geldstrafe von 25 Millionen Dollar gegen den TK-Ausrüster eine Zivilklage wegen Falschbuchung von einer Milliarde Dollar Umsatz zu erheben. Außerdem sollen mindestens fünf ehemalige Führungskräfte von Lucent wegen ihrer angeblichen Rolle bei den Bilanzunregelmäßigkeiten gerichtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Dazu zählen nach Angaben der Zeitung auch Nina Aversano, die frühere Leiterin der Vertriebsmannschaft Nordamerika, sowie William Plunkett, ehemaliger Senior Vice President Sales. Ihnen werde vorgeworfen, sie hätten den Umsatz mit "aggressiven" Verkaufspraktiken in die Höhe zu treiben versucht. Mit dem Platzen der Hightech-Blase war die Lucents Abwärtsentwicklung trotzdem nicht mehr aufhalten: Erst nach harter

Restrukturierung kehrte das Unternehmen im Ende September 2003 abgelaufenen vierten Geschäftsquartal 2002/03 wieder in die Gewinnzone zurück. Zuletzt hatte Lucent im März 2000 schwarze Zahlen vorgelegt.

Die SEC hatte die Ermittlungen gegen Lucent bereits Ende 2000 aufgenommen, nachdem der AT&T-Ableger die Aufsichtsbehörde über Umsatzfalschbuchungen in Höhe von 679 Millionen Dollar informiert und seine Quartalsberichte entsprechend revidiert hatte. Die SEC ermittelte anschließend sogar rückwirkend bis Mitte der 90er Jahre, unter anderem um herauszufinden, ob aktuelle Verwaltungsratsmitglieder (darunter der frühe Schatzamtsminister Paul O'Neill) von früheren Bilanzfälschungen gewusst haben könnten. Laut WSJ kamen im Zuge der Untersuchungen weitere Unregelmäßigkeiten ans Tageslicht, so dass sich die Höhe der Falschbuchung inzwischen auf eine Milliarde Dollar summiert.

Lucent selbst hat bislang allerdings noch keine Details dazu genannt. Vielmehr teilte der TK-Ausrüster Mitte März 2004 mit, er werde 25 Millionen Dollar Bußgeld an die US-Börsenaufsicht zahlen, müsse aber wie in der bereits vor einem Jahr getroffenen Übereinkunft auch weiterhin keine Bilanzen revidieren. Wie das Unternehmen aus Murray Hill, New Jersey, damals mitteilte, wurde die Geldstrafe wegen mangelnder Zusammenarbeit mit der Behörde verhängt (Computerwoche.de berichtete). Dieser Aspekt schließt offenbar auch die Bereitschaft von Lucent ein, Gerichtskosten und Geldstrafen für Mitarbeiter zu übernehmen - eine Praxis, gegen die die SEC nun schärfer vorgehen will.

Außerdem ahndete die Behörde ein Statement des Lucent-Anwalts Paul Saunders in einem Bericht des "Fortune Magazine" vom Juni vergangenen Jahres. Dort bezeichnete Saunders den 125 Millionen Dollar schweren Deal zwischen Lucent und Winstar Communications als Kommunikationsproblem, nicht jedoch als Bilanzbetrug. Der von der SEC monierte Fehler sei nicht absichtlich begangen worden. Später musste Lucent jedoch in einer öffentliche Gegendarstellung einräumen, dass diese Aussagen unangemessen und falsch waren. Die Transaktion habe zur Fälschung von Dokumenten infolge von Bilanzierungsfehlern geführt, beide Tatbestände seien grundlegend falsch und könnten nicht gerechtfertig werden. (mb)