Chancen durch das Social Web

Wozu Fein eine Social-Media-Strategie braucht

06.08.2015
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Mittlerweile erkennen auch konservative Unternehmen, dass das Social Web Chancen bietet. So auch die C. & E. Fein GmbH in Bargau: Mit seiner Social-Media-Strategie möchte der Mittelständler etwas für die Kundenbindung tun und nebenbei den technischen Support entlasten.

Social Media als Marketing-Werkzeug - wer denkt da nicht erst einmal an Facebook- und Youtube-Kampagnen mit den Stars der Unterhaltungsindustrie? Oder an ein modernes Vehikel für die immer selben, alten Werbebotschaften? Der Elektrowerkzeug-Hersteller Fein hingegen nutzt die Social-Media-Kanäle vorwiegend, um mit den Endkunden zu kommunizieren. Zu denen nämlich hat das Traditionsunternehmen wegen seines indirekten Vertriebsmodells wenig Kontakt: Die Fein-Werkzeuge werden ausschließlich über den Fachhandel an den Profi gebracht.

Wir haben die C. & E. Fein GmbH in Bargau besucht und herausgefunden: Es geht um Kundenbindung und einen besseren technischen Support.
Wir haben die C. & E. Fein GmbH in Bargau besucht und herausgefunden: Es geht um Kundenbindung und einen besseren technischen Support.
Foto: Fein

Das Marketing unter der Leitung von Nadine Lillich beschloss vor etwa drei Jahren, lokale Social-Media-Plattformen aufzubauen, über die sich Kunden direkt an den Anbieter wenden können. Für den Fall, dass sie einmal Probleme haben oder Feedback zum Einsatz der oft erklärungsbedürftigen Fein-Werkzeuge geben wollen. Der Unterhaltungsaspekt trat dabei erst einmal in den Hintergrund - getreu dem Motto: "Seid nützlich!"

Mit Sven Golob wurde 2012 ein Social-Media-Experte an Bord geholt, der sich mit den technischen Aspekten des Thema auseinandersetzte. Ziemlich schnell wurde klar, dass die steigende Anzahl von Kanälen und Nutzern nicht mehr mit der Hand am Arm zu managen war. Derzeit betreibt Fein mehr als 30 Social-Media-Kanäle in 13 Ländern mit mehr als einer Viertelmillion Transaktionen pro Woche.

Fein(e) Werkzeuge: Das Unternehmen in Daten und Fakten

Foto: Fein
  • Wilhelm Emil Fein gründete 1867 das Unternehmen, das heute C. & E. Fein GmbH heißt.

  • Mit der elektrischen Handbohrmaschine wurde bei Fein im Jahr 1895 das erste Elektrowerkzeug erfunden.

  • Nach eigenen Angaben verfügt das Unternehmen über mehr als 800 aktive Schutzrechte.

  • Das schwäbische Traditionsunternehmen bezeichnet sich selbst als "Elektrowerkzeugmanufaktur".

  • Stolz ist es auf seine "extrem zuverlässigen" Werkzeuge, die von Industrie und Handwerk, aber auch von ambitionierten Heimwerkern genutzt werden.

  • Hauptsächlich im Inland produziert das Unternehmen "Anwendungslösungen" für die Marktsegmente Metall, Ausbau und Automobil.

  • Fein ist jedoch in 20 Ländern mit Niederlassungen präsent, darunter USA und China.

  • Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 900 Mitarbeiter, davon 530 in Deutschland.

Die richtige Flughöhe

Bei der Auswahl des Tools kam Golob der Zufall zu Hilfe. Er hatte bereits die einschlägigen Social-Marketing-Werkzeuge unter die Lupe genommen - und festgestellt, dass die designierten Nutzer damit möglicherweise überfordert wären. Denn neben den Social-Media-Aktivitäten erledigen sie durchweg noch andere Aufgaben. "Ich kann nicht darauf setzen, dass jemand davon befreit wird, um sich in ein Tool einzuarbeiten", sagt der Social-Media-Experte.

In die Entscheidungsphase hinein platzte ein Vertriebsmitarbeiter des dänischen Anbieters Falcon Social. Der warb nicht nur mit dem Funktionsumfang der "Falcon"-Suite, die Werkzeuge für das Kunden-Engagement, das soziale Marketing und das Reporting anbietet. Vielmehr machte er Golob mit dem Versprechen "intuitiver Bedienbarkeit" den Mund wässrig.

Sven Golob, Social-Media-Experte: "Um die Stimmungslage der Community tatsächlich mitzubekommen, hilft letztlich nur Zuhören."
Sven Golob, Social-Media-Experte: "Um die Stimmungslage der Community tatsächlich mitzubekommen, hilft letztlich nur Zuhören."

Offenbar hielt das Tool im einmonatigen Praxistest, was der Verkaufsprofi in der Kaltakquise versprochen hatte. "Da stimmt einfach die Flughöhe", so Golob zur Bedienerfreundlichkeit und Überschaubarkeit der Tools.

Dem Social-Media-Experten bei Fein gefällt auch die schnelle Reaktion des Anbieters auf Anfragen von Kundenseite. Das gebe ihm das Gefühl, direkten Einfluss auf die Weiterentwicklung nehmen zu können. Trotz der schnell getakteten Umsetzungsphasen habe er aber nie den Eindruck einer "Permanent Beta".

Anwenderkompetenz gepaart mit Humor

Wie ein Blick auf den deutschen Facebook-Auftritt bestätigt, steht immer noch die "Nützlichkeit" im Vordergrund des Social-Media-Engagements. Aber inzwischen kommt auch die Unterhaltung nicht mehr zu kurz. Wie Golob erläutert, geht es darum, Anwenderkompetenz rüberzubringen - jedoch mit dem nötigen Humor.

Um die Fragen der Endkunden zu beantworten, ist schon solides Fachwissen nötig. Deshalb vertraut Fein die Inhalte auch lieber den eigenen Mitarbeitern an als einer Agentur. Die mag sich mit der Web-Technik auskennen, doch sie verfügt nicht über so viel Werkzeug-Know-how wie das Produkt-Marketing-Team, das die meisten "Sozialarbeiter" stellt.

Mit den Falcon-Werkzeugen verschaffen sich Golob und sein Team einen Überblick über alle Social-Kanäle - hinsichtlich externer Posts und eigener Beiträge. Das "Unified Dashboard" der Lösung hilft bei Planung und Publishing der Inhalte, die Fein seinen Endkunden vermitteln will. Ein feingranulares Berechtigungssystem stellt sicher, dass nur autorisierte Mitarbeiter Inhalte veröffentlichen und verändern können.

Das Monitoring der sozialen Kanäle lässt sich mit den Tools ebenfalls vereinfachen. Allerdings traut Golob nicht allen Funktionen über den Weg. Auf eine automatische Sentiment-Analyse, wie das Falcon-Toolset sie ebenfalls biete, wolle er sich beispielsweise nicht verlassen. Die sei zu ungenau. "Hier hilft letztlich nur Zuhören", bekennt der Social-Media-Experte. So verbringe er vier Fünftel seiner Arbeitszeit damit, die Kanäle zu beobachten.

Zudem kümmert sich Golob um die meisten Anfragen, die am Wochenende oder abends hereinkommen. Mit den gefürchteten Shitstorms hat Fein noch keine Erfahrung machen müssen. "Handwerker sind sehr genau, aber nicht unbedingt auf Konflikte aus", erläutert Golob.