Amazon, Coinbase, Facebook

Worst Places to Work

21.12.2022
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Für ein großes und weltweit anerkanntes Unternehmen zu arbeiten, ist für viele ein Traum. Aber die Realität sieht manchmal ganz anders aus. Gerade IT-Player gehören zu den Unternehmen mit der höchsten Mitarbeiterfluktuation.
Das Bild trügt etwas: Neben Stress und harter langer Arbeit veranlassen auch bessere Jobangebote Mitarbeiter zum Wechsel - oder Entlassungen.
Das Bild trügt etwas: Neben Stress und harter langer Arbeit veranlassen auch bessere Jobangebote Mitarbeiter zum Wechsel - oder Entlassungen.
Foto: Stock-Asso - shutterstock.com

Um herauszufinden, welche Marken und Unternehmen mit Personalfluktuation zu kämpfen haben - und wo die Mitarbeiter nicht gehen wollen, hat Resume.io LinkedIn-Daten über die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von Mitarbeitern bei den bekanntesten Unternehmen analysiert.

Hightech meets Sweat Shop

Ein Resultat der Untersuchung: Neun der zehn bekanntesten Unternehmen mit der kürzesten Mitarbeiterzugehörigkeit sind im Internet- und Softwaresektor angesiedelt. Dabei spielt es offenbar keine große Rolle, ob es sich um so bekannte und begehrte Arbeitgeber wie Google-Mutter Alphabet und Meta (Facebook) oder um verrufene chinesische Sweat Shops wie Alibaba, Bytedance oder Zein handelt - bei einer mittleren Beschäftigungsdauer von unter zwei Jahren scheinen sich Mitarbeiter in allen Fällen buchstäblich die Klinke in die Hand geben.

Am schlechtesten unter den bekannten Brands und Unternehmen schneidet die Kryptobörse Coinbase mit gerade einmal 0,8 Jahren mittlerer Betriebszugehörigkeit ab, wobei der Grund neben des vergleichsweise niedrigen Alters der Company auch die Unzufriedenheit der Belegschaft - etwa mit der Work-Life-Balance - sein dürfte, wie aus diversen Bewertungen bei Glassdoor hervorgeht.

Aber auch Unternehmen wie Atlassian (4,7 von 5 möglichen Punkte bei Glassdoor), Reddit mit rund 95 Prozent Mitarbeiterzufriedenheit oder Zoom, in 2020 von Comparably zur Company mit den glücklichsten Mitarbeitern gekürt, fällt es offenbar schwer, ihre Beschäftigten länger als eineinhalb Jahre zu halten. Natürlich sind viele dieser Unternehmen zu jung, um ihre durchschnittliche Betriebszugehörigkeit durch langjährige Mitarbeiter in die Höhe treiben zu lassen. Ein weiterer Grund ist laut Resume.io jedoch, dass sie viele Softwareentwickler beschäftigen, die nun die Nachfrage im Markt geschickt ausnutzen, um ihr Gehalt zu verbessern und die Karriereleiter hochzusteigen.

Investitionen in Mitarbeiter wirken

Interessant ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, was andere Unternehmen, beziehungsweise Branchen ausmacht, die eine hohe mittlere Betriebszugehörigkeit vorweisen können. So sind elf der 20 Unternehmen mit dem höchsten mittleren Dienstalter ihrer Beschäftigten Fluglinien, was laut Resume.io mit an den hohen Investitionen der Airlines für Sicherheitskontrollen und Schulungen für Piloten und Flugbegleiter liegen könnte. Gleichzeitig stellten großzügige Zuschüsse für Zwischenlandungen und Flugvergünstigungen ein wirksames Bindungsinstrument dar.

Mehr oder weniger überraschend befinden sich unter den Top-20 mit AT&T, Verizon und Ericsson auch drei alteingesessene Unternehmen aus dem TK-Sektor. Und allen zwanzig Unternehmen ist gemein, dass sie schon vergleichsweise lange im Geschäft sind. So wurde die Großbank HSBC, deren Mitarbeiter im Schnitt 10,2 Jahre im Unternehmen beschäftigt sind, 1850 gegründet, das zweitplatzierte Unternehmen, Neutrogena, lieferte bereits in den 1930er-Jahren Spezialkosmetika für Hollywood.

Zu träge für den Jobwechsel?

Aber auch innerhalb einer bestimmten Branche gibt es laut Resume.io Unterschiede. Neben den oben erwähnten Chancen auf dem Arbeitsmarkt spielte also auch die Motivation des Arbeitgebers, seine Belegschaft (bei Laune) zu halten, eine Rolle. Die stärkste Kraft bei der Mitarbeiterbindung ist jedoch die Trägheit der Mitarbeiter, zu wechseln - so zumindest das Ergebnis einer Studie von Harvard Business Review.

Oder anders ausgedrückt: Die meisten Mitarbeiter bleiben nicht, weil sie glücklich sind, sondern weil sie nicht unglücklich genug - oder hungrig genug - sind, um zu gehen. Im IT-Bereich scheint sich dieser Effekt - gemeinsam mit dem Alter der Company - besonders bei den großen Firmen wie Ericsson, IBM, HP, Cisco oder SAP auszuwirken. Wie die Beispiele Microsoft (4,2 Jahre) und Apple (3,0 Jahre) zeigen, gibt es aber auch hier Ausreißer. Eine ähnliche, allerdings abgeschwächte Entwicklung gibt es auch im Internet- und Softwarebereich (in der interaktiven Grafik auswählen).