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Worldcom-Chef Sidgmore kriecht zu Kreuze

03.07.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der neue Worldcom-Chef John Sidgmore hat sich gestern auf einer Pressekonferenz beim National Press Club in Washington offiziell für den vor einer Woche aufgedeckten Bilanzskandal seines Unternehmens entschuldigt. "Obwohl die aufgedeckten Taten unter einer früheren Unternehmensleitung geschahen, möchte ich mich im Namen von allen bei Worldcom entschuldigen", erklärte Sidgmore. "Dies waren sehr, sehr schwierige Zeiten für uns. Die Ergüsse von Empörung und Ärger waren verständlich." Weiter versprach der CEO (Chief Executive Officer), Worldcom werde nun alle ihm bekannten Details zur der Angelegenheit sofort offenlegen.

Relativ ausführlich ging Sidgmore außerdem auf die Rolle des mittlerweile geschassten Finanzchefs Scott Sullivan ein, der die Bilanzmanipulationen mehr oder weniger im Alleingang eingefädelt hatte. Worldcom habe dem "extrem talentierten" CFO (Chief Financial Officer) wohl nach und nach ein wenig zu viel Entscheidungsgewalt zugestanden: "Mit der Zeit haben der Verwaltungsrat und Bernie [Ebbers, Sidgmores umstrittener CEO-Vorgänger, Anm. d. Red.] sich sehr daran gewöhnt, dass er so viel Macht hatte." Welche Rolle die Wirtschaftsprüfer von Arthur Andersen und Ebbers selbst in der Angelegenheit einnahmen, blieb weiterhin unklar. "Beider schwören rauf und runter, dass sie davon nichts wussten", so Sidgmore. "Wir machen uns intern ein wenig Sorgen, dass sie nicht informiert waren."

Zuvor hatte sich Sidgmore mit SEC-Chef Harvey Pitt zu einem "produktiven Gespräch" getroffen und diesem ebenfalls volle Kooperation bei den Ermittlungen versprochen. Weitere Sitzungen gab es mit dem FCC-Chairman (Federal Communications Commission) Michael Powell - Sidgmore wollte allerdings nichts dazu sagen, ob FBI oder Justizministerium sein Unternehmen zur Vorlage interner Unterlagen verpflichtet haben - und der Nasdaq, mit deren Listing Qualifications Panel Worldcom über das für kommenden Freitag angekündigte Delisting verhandeln möchte.

Weiterer juristischer Unbill droht Worldcom derweil von Seiten des Staates New York. Dessen Rechnungshofspräsident Carl McCall plant eine Aktionärsklage gegen das Unternehmen, nachdem der staatliche Pensionsfonds mit Worldcom-Aktien 300 Millionen Dollar verlor. (tc)